Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Mitgliedschaft des Antragstellers in einem Sozialverband. vermögenswertes Recht. Ablehnung von Rechtsschutz durch den Sozialverband wegen Beitragsrückständen. Leistungsversagung keine zwingende Folge der Satzung. Verpflichtung des Antragstellers eine Änderung der ablehnenden Entscheidung zu versuchen

 

Orientierungssatz

1. Der mit der Mitgliedschaft in einem zur Prozessvertretung im sozialgerichtlichen Verfahren befugten Sozialverband verbundene Anspruch auf Rechtsschutz in sozialgerichtlichen Angelegenheiten stellt ein vermögenswertes Recht iS von § 115 Abs 3 S 1 ZPO dar. Dies gilt im Regelfall nicht, wenn der Sozialverband die Gewährung von Rechtsschutz konkret abgelehnt hat (vgl BSG vom 7.1.2016 - B 13 R 260/13 B = JurBüro 2016, 317).

2. Vor Inanspruchnahme der Allgemeinheit muss der Antragsteller jedoch versuchen, eine Änderung der ablehnenden Entscheidung auf Versagung des Rechtsschutzes durch den Sozialverband zu erreichen, soweit dies möglich und zumutbar ist (vgl LSG Halle vom 31.5.2016 - L 1 R 369/13).

3. Hat der Sozialverband Rechtsschutz im Hinblick auf aufgelaufene Beitragsrückstände abgelehnt, wobei die Leistungsversagung in der Satzung des Verbands nicht als zwingende Folge von Beitragsrückständen formuliert ist, muss der Antragssteller vor Beantragung von Prozesskostenhilfe versuchen, die Gewährung von Rechtsschutz durch den Sozialverband trotz dieser Rückstände zu erreichen.

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die mit Beschluss des Sozialgerichts Schleswig vom 24. August 2017 erfolgte Ablehnung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … wird hinsichtlich des Antragstellers zu 2. als unzulässig verworfen und im Hinblick auf die übrigen Antragsteller als unbegründet zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller wenden sich gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe (PKH) für einen erstinstanzlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Die … geborene Antragstellerin zu 1. ist die Mutter der Antragsteller zu 2. bis 6.. Der Antragsteller zu 2. ist nach Angaben der Antragstellerin zu 1. am 28. Februar 2017 aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen. Bis Ende April 2017 haben die Antragsteller von dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezogen. Ihr Fortzahlungsantrag wurde zunächst nicht beschieden, weil bei dem Antragsgegner Zweifel entstanden waren, ob die Antragstellerin zu 1. mit einem neuen Lebensgefährten zusammenleben würde, dessen Einkommen und Vermögen auf den Bedarf nach dem SGB II anzurechnen sein könnte.

Am 24.08.2017 haben die Antragsteller bei dem Sozialgericht Schleswig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Gewährung vorläufiger Leistungen ab September 2017 gestellt (Az. S 25 AS 136/17 ER). Gleichzeitig haben sie für das Verfahren PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt … beantragt. Zu dem PKH-Antrag haben sie darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin zu 1. Mitglied im Sozialverband Deutschland (SoVD) sei. Sie könne allerdings nicht den satzungsmäßigen Eigenanteil leisten. Im Übrigen bestünden aktuelle Beitragsrückstände, aufgrund derer gegenwärtig keine Vertretungen durch den SoVD erbracht werden könnten. Hierzu haben die Antragsteller zwei Schreiben des SoVD vom 24.08.2017 zur Akte gereicht, in denen es zum einen heißt, die Summe der offenen Beiträge für die Familienmitgliedschaft der Antragstellerin zu 1. im SoVD belaufe sich für die Zeit von Dezember 2016 bis August 2017 auf insgesamt 90,00 EUR. Zum anderen wird ausgeführt, dass der SoVD aufgrund der rückständigen Beiträge in Höhe von 90,00 EUR derzeit keine Leistungen erbringen könne (Bl. 14 und 15 der Gerichtsakte S 25 AS 136/17 ER).

Mit Beschluss vom 24.08.2017 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung abgelehnt, dass ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht sei. Gleichzeitig hat das Sozialgericht die für das Verfahren beantragte PKH unter Beiordnung von Rechtsanwalt … versagt und diese Entscheidung damit begründet, dass dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung von Anfang an hinreichende Erfolgsaussichten gefehlt hätten (§§ 73a Sozialgerichtsgesetz [SGG], 114ff. Zivilprozessordnung [ZPO]. Im Rubrum des Beschlusses ist der Antragsteller zu 2. nicht mit aufgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des Beschlusses vom 24.08.2017 Bezug genommen.

Der Senat hat den Beschluss des Sozialgerichts vom 24.08.2017 in Bezug auf den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 21.09. 2017 (L 3 AS 149/17 B ER) im Beschwerdeverfahren geändert und den Antragsgegner zur vorläufigen Erbringung von Leistungen nach dem SGB II vom 01.09. bis 31.12.2017 verpflichtet; auf den Beschluss vom 21.09.2017 wird insoweit wegen der Einzelheiten ver...

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