Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit eines Ablehnungsgesuchs wegen Besorgnis der Befangenheit. Ablehnung der Verlegung des Verhandlungstermins

 

Orientierungssatz

Ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit eines Richters ist unzulässig, wenn es allein dem Ziel dient, einen gerichtlichen Verhandlungstermin zu verhindern. Dies ist der Fall, wenn der Prozessbevollmächtigte und das SG bereits längere Zeit über die Frage einer Terminsverlegung korrespondiert hatten, ohne dass dies den klägerseitig erhofften Erfolg hatte, und der Ablehnungsantrag dem SG vom Prozessbevollmächtigten erst wenige Minuten vor Beginn des Verhandlungstermins per Fax zugeleitet wurde.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 12.03.2002; Aktenzeichen B 11 AL 5/02 S)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in der Hauptsache über Entscheidungen der  Beklagten im Zusammenhang mit dem Eintritt einer dreiwöchigen Sperrzeit.

Am 5. August 1999 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Itzehoe (SG) gegen  die hierzu ergangenen Bescheide vom 31. August 1998 und 22. Dezember 1998  in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Juli 1999 Klage erhoben.  Mit Verfügung vom 8. Juni 2001 beraumte der Richter am Sozialgericht W.  (RiSG W.) als Vorsitzender der zuständigen Kammer des SGs Termin zur  mündlichen Verhandlung auf den 3. Juli 2001, 9.30 Uhr, an. Nachdem ihnen  die Ladung am 12. Juni 2001 zugestellt worden war, baten die  Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 15. Juni 2001-  eingegangen bei Gericht am 18. Juni 2001 - wegen Terminsverhinderung des  allein sachbearbeitenden Rechtsanwalts T. um Verlegung des  Verhandlungstermins. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Rechtsanwalt T.  am selben Tage um 10.00 Uhr einen bereits seit längerem anberaumten  Haupttermin nebst voraussichtlicher Beweisaufnahme vor dem Landgericht  Hamburg wahrzunehmen habe. Hierauf teilte RiSG W. mit Schreiben vom 18.  Juni 2001 mit, dass besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder  rechtlicher Art vorliegend nicht ersichtlich seien, weshalb gebeten werde,  einen Praxiskollegen zum Termin zu schicken. Die Prozessbevollmächtigten  der Klägerin antworteten mit Schreiben vom 22. Juni 2001, dass eine  Terminswahrnehmung durch einen Kollegen der Kanzlei im Vertretungswege  nicht möglich sei. Ein Kollege befinde sich in der Zeit in seinem  Jahresurlaub, ein weiterer habe an dem fraglichen Tag eigene  Gerichtstermine wahrzunehmen. Es werde angeregt, die Sache am 3. Juli 2001  auf 14.00 Uhr umzuterminieren; zu diesem Zeitpunkt sei eine  Terminswahrnehmung durch den Sachbearbeiter möglich. RiSG W. antwortete mit  Schreiben vom 26. Juni 2001, dass eine Verlegung auf einen späteren Termin  nicht möglich sei. Im Hinblick auf das Alter des Rechtsstreits halte er die  bei einer Absetzung des Termins zwangsläufig eintretende mehrmonatige  Verzögerung auch für nicht vertretbar. Er müsse die Prozessbevollmächtigten  der Klägerin daher bitten, die Terminswahrnehmung anderweitig zu regeln.  Mit Schriftsatz vom 28. Juni 2001 - am selben Tag per Fax übersandt -  teilten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass aus den Gründen  des Schreibens vom 22. Juni 2001 eine Sicherstellung der anderweitigen  Vertretung der Klägerin im Termin am 3. Juli 2001, 9.30 Uhr, nicht möglich  sei. Es werde deshalb angesichts des Anspruchs der Klägerin auf ein faires  Verfahren und ihres verfassungsrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör  beantragt, diesen Termin abzuberaumen. RiSG W. verfügte auf diesen Eingang  "z.T." (zum Termin). Nach Angaben der Prozessbevollmächtigten der Klägerin  wurde seitens des SG fernmündlich mitgeteilt, dass eine Terminsverlegung  nicht erfolge.

Mit einem per Fax am 3. Juli 2001, 9.11 Uhr abgesandten Schreiben der  Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde RiSG W. bei Wiederholung des  bisherigen Vorbringens und Hinweis auf die nicht erfolgte  Terminsabberaumung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

In der Niederschrift der an diesem Tag um 9.30 Uhr eröffneten Sitzung des  SGs, an der außer RiSG W. der ehrenamtliche Richter J. und die  ehrenamtliche Richterin L. teilnahmen, heißt es:

"Dem Vorsitzenden wird ein Fax des Kläger-Prozessbevollmächtigten  ausgehändigt. Der Vorsitzende verliest das Fax der  Kläger-Prozessbevollmächtigten. Nach Beratung erklärte der Vorsitzende:  "Die Kammer ist der einhelligen Auffassung, dass damit rechtsmissbräuchlich  eine Terminsverlegung erzwungen werden soll und ist daher nicht bereit,  dieses Vorbringen zu berücksichtigen.

Mit Urteil vom selben Tage hat das SG die Klage abgewiesen. Wie sich aus  der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 11. Juli 2001 zugestellten  schriftlichen Ausfertigung ergibt, hat das SG die Berufung nicht  zugelassen.

Das den RiSG W. betreffende Ablehnungsgesuch ist mit einer dienstlichen  Äußerung des abgelehnten Richters am 13. Juli 2001 dem  Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) vorgelegt worden (Az. L  3 SF 25/01 SAB).

Mit einem am 13. Juli 2001 bei dem SG eingegangene...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge