Entscheidungsstichwort (Thema)
Aktivlegitimation für einen Leistungsanspruch aus einem Versicherungsvertrag der privaten Pflegeversicherung
Orientierungssatz
1. Leistungsansprüche aus einem Versicherungsvertrag der privaten Pflegeversicherung stehen allein dem Versicherungsnehmer aus eigenem Recht zu. Aus dieser Aktivlegitimation folgt dessen prozessuales Recht, den Anspruch seines pflegebedürftigen Kindes im eigenen Namen geltend zu machen.
2. Im Bereich der Ernährung gehören Hilfen beim Zusammenstellen, Berechnen, Zubereiten, Abwiegen und Portionieren der Nahrung nicht zur Grundpflege, vielmehr nur die Hilfe bei der Nahrungsaufnahme selbst sowie die letzte Vorbereitungsmaßnahme hierzu.
3. Anleitungen, Überwachungen und Erledigungskontrollen sind pflegeversicherungsrechtlich nur relevant, wenn sie die Pflegeperson in zeitlicher und örtlicher Hinsicht in gleicher Weise binden wie bei unmittelbarer körperlicher Hilfe und deshalb dazu führen, dass die Pflegeperson durch die Hilfe an der Erledigung anderer Dinge gehindert ist, vgl. BSG, Urteil vom 26. November 1998 - B 3 P 13/97 R.
Normenkette
VVG § 193 Abs. 1, § 192 Abs. 6, § 84 Abs. 1; SGB XI § 14 Abs. 1, 4, § 15 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 19. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung für die 2007 geborene Tochter L des Klägers, die an einem Diabetes mellitus Typ I leidet.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Versicherungsnehmer privat pflegeversichert. Sein Versicherungsschutz in der Pflegepflichtversicherung umfasst Leistungen für die häusliche und stationäre Pflege der Tochter L (Tarif PVN).
Am 26. Mai 2009 beantragte der Kläger für L die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung. Dazu machte er detaillierte Angaben zu dem aus seiner Sicht bestehenden Pflegebedarf. Die Beklagte ließ die M Gesellschaft für medizinische Gutachten zur Pflegebedürftigkeit der Tochter Stellung nehmen. Der Arzt für Radiologie B kam in seinem Gutachten vom 17. Juli 2009 nach einem Hausbesuch zu einem Grundpflegemehraufwand gegenüber gleichaltrigen gesunden Kindern von 25 Minuten (Körperpflege: Windelwechsel 20 Minuten, Mobilität - An- und Auskleiden, Kleidungswechsel nach Einnässen - 5 Minuten). Den hauswirtschaftlichen Mehraufwand veranschlagte der Gutachter auf 45 Minuten; der von ihm beschriebene Pflegebedarf (Mehraufwand) betrug somit insgesamt 70 Minuten.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte die Gewährung von Leistungen aus der Pflegeversicherung mit Schreiben vom 4. August 2009 ab. Mit anwaltlichem Schreiben vom 21. August 2009 rügte der Kläger, dass seine Ausführungen zur Begründung des Leistungsantrags weitgehend unberücksichtigt geblieben seien. Mit weiterem Schreiben vom 8. Dezember 2008 machte der Kläger noch einmal im Einzelnen folgenden aus seiner Sicht bestehenden Pflegemehraufwand geltend:
- Reinigung der Hände vor jedem Blutzuckermessen 18 x 5 = 90 Minuten - Baden (Abstöpseln von Katheter und Pumpe) 20 Minuten - Zahnpflege 30 Minuten - Windelwechseln 50 Minuten - mundgerechte Zubereitung der Nahrung 120 Minuten - An- und Auskleiden &61550; tagsüber bei Windelwechsel 4 x 5 = 20 Minuten, &61550; nachts wegen Einnässens 25 Minuten &61550; nachts wegen "Verkleckerns" von Apfelsaft 30 Minuten &61550; tagsüber und nachts zusätzliches Umziehen wegen starken Schwitzens 4 x 10 = 40 Minuten &61550; tagsüber 10x An- und Ausziehen zwecks Überprüfung von Lage und Funktion des Pumpenkatheters, insbesondere vor / nach Spielen und Tollen
Hierzu ließ die Beklagte M erneut gutachtlich Stellung nehmen. Der Arzt Dr. Ba beschrieb in seinem Gutachten vom 16. Februar 2010 - wiederum nach Durchführung eines Hausbesuchs - neben altersgemäßem Pflegebedarf einen Pflegemehraufwand von insgesamt 65 Minuten (Grundpflege 20 Minuten [Zahnpflege 4 Minuten, Darm- und Blasenentleerung 10 Minuten, mundgerechte Zubereitung der Nahrung 4 Minuten, Aufnahme der Nahrung 2 Minuten]; Hauswirtschaft 45 Minuten). Mit Schreiben vom 25. Februar 2010 teilte die Beklagte daraufhin mit, dass es wegen fehlender Änderung der Pflegestufe bei der Leistungsversagung bleiben müsse.
Der Kläger hat am 9. August 2010 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass die Beklagte von einem zu geringen Pflegebedarf ausgegangen sei. Die Voraussetzungen der Pflegestufe I seien erfüllt.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für seine 2007 geborene Tochter L B Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I ab dem 26. Mai 2009 zu gewähren.
Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der eingeholten Gutachten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat einen Befund- und Behandlungsbericht des U S -H vom 24. November 2010 eingeholt.
Im Termin zur mündlichen Verhandlun...