Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. psychiatrische Institutsambulanz (PIA). Ermächtigung eines Krankenhausträgers zum Betrieb einer PIA. Ausweisung einer Außenstelle im Krankenhausplan am Standort der noch zu errichtenden PIA. keine Voraussetzung für die Erteilung der Ermächtigung

 

Orientierungssatz

Eine Versagung der von einem Krankenhausträger begehrten Ermächtigung zum Betrieb einer psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) lässt sich nicht darauf stützen, dass der Krankenhausplan des Landes an dem Standort der noch zu errichtenden PIA keine Außenstelle für eines der vom Träger betriebenen Krankenhäuser ausweist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 29.06.2022; Aktenzeichen B 6 KA 13/21 R)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 4. März 2020 und der Beschluss des Beklagten vom 28. Februar 2019 aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Ermächtigung für eine Psychiatrische Institutsambulanz in R. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.

Der Beklagte trägt die Kosten des Vor-, Klage- und Berufungsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert des Klage- und Berufungsverfahrens wird auf jeweils 60.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten die Ermächtigung zum Betrieb einer psychiatrischen Institutsambulanz (PIA).

Im Krankenhausplan des Landes Schleswig-Holstein sind seit 2017 für die klagende Krankenhausgesellschaft als deren Trägerin folgende Klinikstandorte aufgenommen: Die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des A. mit 151 vollstationären Betten (psychiatrisches Fachgebiet), die Psychiatrische Tagesklinik E. mit 19 tagesklinischen Behandlungsplätzen, die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des A1.mit 71 vollstationären Betten sowie die Psychiatrische Tagesklinik Lübeck mit 18 tagesklinischen Behandlungsplätzen. Die Kliniken in A. L. und E. betreiben außerdem jeweils eine PIA, deren Ermächtigung an den ersten beiden Standorten die Diagnosebereiche Psychosen, schwere Verläufe bei Suchterkrankungen, psychisch Kranke mit schweren Nachfolgeerkrankungen, psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung auch von Kindern und Jugendlichen sowie die Behandlung schwerer Verhaltens- und Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen beinhaltet. Am Standort in E. bezieht sich die Ermächtigung zum Betrieb der PIA auf die psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung von Erwachsenen mit Erkrankungen des gesamten Diagnosespektrums psychischer Erkrankungen.

Am 2. Januar 2018 beantragte die Klägerin „auf Basis des“ § 118 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) die Ermächtigung zum Betrieb einer weiteren PIA in R. Den Antrag lehnte der Zulassungsausschuss für Ärzte in S. jedoch ab; für die Erteilung einer Ermächtigung mangele es an der erforderlichen Aufnahme einer Außenstelle der Klägerin an dem für die PIA begehrten Standort im Krankenhausplan (Beschluss vom 5. September 2018; ausgefertigt am 27. November 2018).

Zur Begründung ihres am 13. Dezember 2018 eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin aus, die Regelung § 118 Abs. 4 SGB V enthalte eine spezielle Ermächtigungsnorm. Danach sei eine räumliche oder organisatorische Anbindung am Standort der zu errichtenden PIA an ein im Krankenhausplan aufgenommenes Krankenhaus nicht (mehr) erforderlich. Unabhängig davon liege hier die erforderliche räumliche und organisatorische Anbindung aber auch vor, weil die noch anzumietenden Räumlichkeiten der PIA lediglich 20 km von der Tagesklinik in L. entfernt seien. Die beantragte Ermächtigung sei zudem notwendig, weil ein entsprechender Versorgungsbedarf bestehe. Im Kreis H. sei bezogen auf die Einwohnerzahl (ca. 196.100 Einwohner) sowohl in der vollstationären (12 Betten) als auch in der teilstationären (70 Betten) psychiatrischen Versorgung von einer Unterversorgung auszugehen. Außerdem könnten nach einem Krankenhausaufenthalt derzeit keine ambulante Anschlussversorgung oder die Versorgung von Patienten in vollstationären Pflegeeinrichtungen sichergestellt werden, weil im Umkreis von 20 km um R. herum nur eine Arztpraxis mit der Fachrichtung Psychiatrie und Neurologie niedergelassen sei.

Der Beklagte wies den Widerspruch zurück. Die von der Klägerin begehrte Ermächtigung könne nur erteilt werden, wenn - was hier nicht der Fall sei - an dem Standort der PIA eine Außenstelle des Krankenhauses in den Krankenhausplan aufgenommen sei. Das ergebe sich aus der Regelung in § 108 SGB V sowie dem Sinn und Zweck der Krankenhausplanung, weil nur so eine qualitativ hochwertige und wirtschaftliche stationäre Versorgung zu gewährleisten sei. Außerdem könne bei einer Entfernung von 20 Kilometern zwischen dem Standort der PIA in R. und dem (nächstgelegenen) Klinikum der Klägerin in L. nicht mehr von einer räumlichen und ...

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