Entscheidungsstichwort (Thema)
(Kassenärztliche Vereinigung. Regelleistungsvolumen. Honorarverteilungsmaßstab. Einschränkung der Honorierung bei Ärzten mit anteiligem Versorgungsauftrag. Verstoß gegen höherrangiges Recht)
Orientierungssatz
Eine Regelung im Rahmen des Honorarverteilungsmaßstabes einer Kassenärztlichen Vereinigung zum Regelleistungsvolumen verstößt gegen höherrangiges Recht, wenn sie die Honorierung der mit anteiligem Versorgungsauftrag zugelassenen Ärzte im Vergleich zu Ärzten mit vollem Versorgungsauftrag einschränkt.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts K... vom 29. August 2017, die Bescheide vom 28. Juni 2013 betreffend die Ärztinnen und Ärzte Privatdozent Dr. G..., Prof. Dr. H..., Privatdozent Dr. Ka..., Dr. O..., Prof. Dr. R... und Dr. Ma... in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2014 und die Bescheide vom 14. Januar 2014 und 5. September 2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2017 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet die Klägerin hinsichtlich des Honorars für das Quartal III/2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu bescheiden.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 243.307,40 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Honoraranspruchs der Klägerin für das Quartal III/2013.
Die Klägerin betreibt als gemeinnütziges Unternehmen ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit vier Standorten (Ambulanzzentrum K..., Ambulanzzentrum L..., Ambulanzzentrum M... und Ambulanzzentrum F...), das zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Sie beschäftigt - soweit hier entscheidungserheblich - Fachärzte für Transfusionsmedizin und für Pathologie mit anteiligen Vertragsarztsitzen.
Der bis zum Quartal III/2013 geltende Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten verteilte die Vergütung der Vertragsärzte auf der Grundlage von Regelleistungsvolumina (RLV) und qualifikationsgebundener Zusatzvolumina (QZV). Hierzu bezog sich Teil B Ziffer 1.1 (1) Satz 1 HVM auf den als Anlage 1 dem HVM beigefügten Beschluss des Bewertungsausschusses (BewA) vom 26. März 2010. Teil B Ziffer 1.1 (2) enthielt für die Quartale II und III/2013 folgende Honorarverteilungsregelung:
Abweichend von (1) wird Ärzten mit anteiligen Arztstellen ein Gesamtvolumen (Regelleistungsvolumen, QZV und Praxisbesonderheiten) maximal bis zum anteiligen Durchschnitt der Arztgruppe zugewiesen.
Teil C 1. (1) bestimmte, dass für Arztgruppen, für die kein RLV oder keine zeitbezogene Kapazitätsgrenze vorgesehen ist, die sachlich/rechnerisch anerkannte Leistungsmenge zu den Preisen der regionalen Euro-Gebührenordnung vergütet wird, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist. Gleiches gilt für Leistungen aus Vorwegabzügen nach Teil A Ziffer 3 (2) und 3 (3) des HVM. Teil C Ziffer 1 (2) regelte die Vergütung innerhalb der RLV und QZV. Mit Beschluss vom 22. März 2013 (in Kraft bis 30. September 2013) wurden in Teil C 1 die Abs. 3 bis 6 eingefügt:
(3) Abweichend von (1) und (2) unterliegen Ärzte und Psychotherapeuten mit einer anteiligen Arztstelle aus Gründen der Verhinderung der übermäßigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit einer arztgruppenspezifischen Vergütungsobergrenze. Die Vergütungsobergrenze bemisst sich nach dem entsprechenden anteiligen arztstellengewichteten durchschnittlichen Umsatz seiner Arztgruppe im Vorjahresquartal. Diese Regelung bezieht sich für
- Ärzte, die der RLV-Systematik (Regelleistungsvolumina, QZV und Praxisbesonderheiten) unterliegen, auf ihre Honorare innerhalb der RLV-Systematik
- Ärzte, deren Leistungen zeitbezogenen Kapazitätsgrenzen unterliegen, auf ihre Honorare innerhalb der Kapazitätsgrenzen
- für die übrigen Ärzte auf ihre Honorare innerhalb der MGV.
Honoraranteile außerhalb der MGV sowie Kostenerstattungen nach Kapitel 40 EBM bleiben unberücksichtigt.
(4) Vergütungsanteile oberhalb der Vergütungsobergrenze werden abgestaffelt vergütet. Der Abstaffelungsfaktor beträgt 0,1. Der von der KVSH einbehaltene Honoraranteil ((Vergütung - Vergütungsobergrenze) x 0,9) wird den Honorarausgleichsfonds zugeführt.
(5) Von den Regelungen in (3) und (4) können Ärzte ausgenommen werden, die einen vorherigen Arztsitz anteilig übernommen haben.
(6) Ein Ausgleich zwischen den Ärzten in einer Berufsausübungsgemeinschaft kann nur in besonderen Fällen auf Antrag vorgenommen werden. Dies gilt auch für Ärzte in Medizinischen Versorgungszentren.
Die Klägerin beschäftigte am Standort K... im Quartal III/2013 unter anderem die Fachärzte für Transfusionsmedizin Privatdozent Dr. G... (0,25) und Prof. Dr. H... (0,25) sowie die Fachärzte für Pathologie Privatdozent Dr. Ka... (0,25), Dr. O... (0,25), Dr. Ma... (0,5) und Prof. Dr. R... (0,25) mit anteiligen Vertragsarztsitzen. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Bescheid vom 28. Juni 2013 Vergütungsobergrenzen für Privatdozent Dr. G... und Prof. Dr. H... in Höhe von jeweils 25....