Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Auferlegung von Verschuldenskosten wegen missbräuchlicher Rechtsverfolgung
Orientierungssatz
1. Der allgemeine Arbeitsmarkt ist einem Versicherten aufgrund qualitativer Leistungseinschränkungen nur dann verschlossen, wenn eine ungewöhnliche Summierung qualitativer Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungseinschränkung vorliegt und sich keine konkrete Verweisungstätigkeit benennen lässt.
2. Einem Kläger können gemäß § 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG Verschuldenskosten auferlegt werden, wenn er den Rechtsstreit fortgeführt hat, obwohl ihm die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 26. Februar 2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 EUR auferlegt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Der 1969 geborene Kläger beantragte am 23. Januar 2014 bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zuvor hatte er vom 19. November bis 17. Dezember 2013 eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation im Reha-Zentrum H... im Bereich der Orthopädie durchlaufen. Im Abschlussbericht wurde ein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sechs Stunden und mehr für mittelschwere Tätigkeiten im Gehen, Stehen, Sitzen beschrieben. Tätigkeiten mit dauerhaften oder überwiegenden Überkopfarbeiten sollten vermieden werden.
Die Beklagte lehnte daraufhin den Rentenantrag mit Bescheid vom 4. Februar 2014 ab. Hiergegen legte der Kläger am 13. Februar 2014 Widerspruch ein. Er sei nach wie vor arbeitsunfähig und die Rehabilitation nicht erfolgreich verlaufen. Eine Verbesserung des Gesundheitszustandes habe sich bisher nicht eingestellt.
Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch die Chirurgin Dr. B..., die den Kläger am 1. Juli 2014 untersucht hat. Die Sachverständige benannte als Diagnosen: Minderbelastbarkeit beider Schultergelenke bei Verschleiß im Schultereckgelenk und verschleißbedingter Rissbildung der Sehnen der Muskelmanschette mit Einschränkungen bei der Anhebung über die Horizontale, Kraftminderung sowie chronische Schmerzen; erhebliches Übergewicht (Adipositas Grad II); langjähriger medikamentös behandelter Bluthochdruck. Die Sachverständige beschrieb ein Leistungsvermögen für leichte Arbeiten, überwiegend im Gehen, überwiegend im Stehen, überwiegend im Sitzen für sechs Stunden und mehr, in Tages-, Früh- und Spätschicht, ohne Nachtschichten, ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg und ohne Überkopfarbeiten oder Arbeiten in Armvorhalte.
Die Beklagte wies sodann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. Juli 2014 zurück. Auch unter Berücksichtigung des im Widerspruchsverfahren eingeholten sozialmedizinischem Gutachten bestehe ein Leistungsvermögen für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, so dass keine Erwerbsminderung vorliege.
Hiergegen hat der Kläger am 21. Juli 2014 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben und sein Anliegen weiterverfolgt.
Das Sozialgericht hat Befundunterlagen der behandelnden Ärzte eingeholt sowie den Orthopäden Dr. L... zum medizinischen Sachverständigen ernannt. Dieser hat den Kläger am 25. November 2015 untersucht und unter dem 11. Januar 2016 ein schriftliches Sachverständigengutachten erstellt und in der mündlichen Verhandlung erläutert.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 4. Februar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Februar 2014 eine Rente wegen Erwerbsminderung auf Dauer in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf ihre Bescheide und das Sachverständigengutachten von Dr. L... bezogen.
Mit Urteil vom 26. Februar 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt:
“Die als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Die Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung sind in § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) geregelt. Nach § 43 Abs. 1 und 2 SGB VI bestehen sowohl versicherungsrechtliche als auch medizinische Voraussetzungen. Versicherte ...