Entscheidungsstichwort (Thema)

gesetzliche Unfallversicherung. Rechtmäßigkeit. Beitragsveranlagung. Unternehmen zur gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung. Gefahrtarif 1998. Berechnung. Gefahrklasse

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Einordnung der Unternehmen der gewerblichen Arbeitnehmerüberlassung im Gefahrtarif 1998 der Verwaltungsberufsgenossenschaft in nur zwei Gefahrtarifstellen war rechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Bildung der Gefahrklassen in diesem Gefahrtarif erfolgte rechtmäßig (Anschluss an LSG Chemnitz vom 7.3.2001 - L 2 U 151/99 = HVBG-Info 2001, 3059).

2. Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, nach der die Beiträge eines einer Gefahrtarifstelle zugeordneten Gewerbezweiges mit den Aufwendungen der Berufsgenossenschaft in gerade diesem Gewerbezweig deckungsgleich sein müssen.

3. Die Umlegung der so genannten DDR-Altlasten auf die einzelnen Mitgliedsunternehmen einer Berufsgenossenschaft über den Beitragsfuß war/ist rechtens.

4. Vereinbart eine Berufsgenossenschaft im Vergleichswege mit den einer Gefahrtarifstelle zugeordneten Unternehmen für mehrere Jahre generelle Beitragsnachlässe, so können einer anderen Gefahrtarifstelle zugeordnete Unternehmen hieraus keine Ansprüche auf Beitragsminderung herleiten.

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 03.07.2007; Aktenzeichen 1 BvR 1696/03)

BVerfG (Beschluss vom 25.05.2007; Aktenzeichen 1 BvR 1696/03)

BSG (Urteil vom 24.06.2003; Aktenzeichen B 2 U 21/02 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 1. März 2001 wird zurückgewiesen.

Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Klägerin an die Beklagte zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung streitig. Hierbei geht es um die Rechtmäßigkeit der Veranlagung der Klägerin nach dem Gefahrtarif 1998 (GFT 98) für die Zeit von 1998 bis 2000.

Die Klägerin betreibt seit Ende 1993 gewerbsmäßig Arbeitnehmerüberlassung. Vor allem werden Arbeitnehmer überwiegend im gewerblichen Bereich eingesetzt, nämlich Schlosser, Schweißer, Tischler, Maler, gewerbliche Helfer und Elektriker.

Mit bindend gewordenem Bescheid vom 6. Januar 1994 stellte die Beklagte die Mitgliedschaft der Klägerin bei ihr mit Wirkung vom 6. Dezember 1993 fest (so genannter Mitgliedschein).

Bis 1983 erhob die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung auf Grund eines so genannten Tätigkeitstarifs. Die Mitgliedsunternehmen wurden jeweils veranlagt nach den Tätigkeiten ihrer Mitarbeiter und den diesen im Einzelnen zugeordneten Gefahrklassen. Ab 1. Januar 1984 löste die Beklagte den Tätigkeitstarif ab durch einen Gewerbezweigtarif. Seitdem werden die Mitgliedsunternehmen jeweils nach ihrer Unternehmensart veranlagt. Der Beitragsberechnung dient der GFT. Er enthält alle Unternehmensarten, für die die Beklagte sachlich zuständig ist, ferner sind in ihm die geltenden Gefahrklassen aufgeführt. Diese werden nicht für die einzelnen Unternehmen, sondern für Gefahrengemeinschaften (Gefahrtarifstellen) festgestellt. In diesen werden Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art oder gleicher oder ähnlicher Gefährdungsrisiken zusammengefasst. Die Gefahrklassen werden ermittelt, indem die gezahlten Leistungen für die Unfälle einer Unternehmensart den Entgelten gegenübergestellt werden. Der GFT 98 berücksichtigt alle gezahlten Leistungen sämtlicher Versicherungsfälle sowie die beitragspflichtigen Arbeitsentgelte der Pflichtversicherten im Beobachtungszeitraum 1994 bis 1996. Der von den Mitgliedsunternehmen zu entrichtende Beitrag errechnet sich nach folgender Formel: Gesamtentgelt mal Gefahrklasse mal Beitragsfuß geteilt durch 1.000. Dabei wird die Gefahrklasse ermittelt, indem die Entschädigungsleistungen geteilt werden durch die Lohnsummen und dieses Ergebnis mit 1.000 multipliziert wird. Der Beitragsfuß wird als Umrechnungsfaktor benötigt, um den Haushaltsbedarf (Umlagesoll) der Beklagten auf alle Unternehmen und freiwillig versicherten Unternehmer entsprechend den nachgewiesenen Entgelten bzw. Versicherungssummen sowie ihrer Gefahrklassen zu verteilen. Er ist für alle Unternehmen gleich und wird jährlich nach Ablauf des Geschäftsjahres ermittelt. Er ergibt sich durch eine Multiplikation des Umlagesolls mit 1.000 geteilt durch das Gesamtentgelt mal Gefahrklasse aller Unternehmen der Beklagten.

Nach dem GFT 98 werden die Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung zwei Gefahrtarifstellen zugeordnet. In die Tarifstelle 48 sind diejenigen Beschäftigten einzuordnen, die "ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen der Verleiher und Entleiher eingesetzt sind und ausschließlich kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten verrichten". Der Gefahrtarifstelle 49 werden die Beschäftigten zugeordnet, die "nicht die in der Gefahrtarifstelle 48 genannten Voraussetzungen erfüllen". Die Gefahrklasse der Tarifstelle 48 beträgt 0,57, diejenige der Tarifstelle 49 10,66. Der GFT 98 beginnt mit einer Gefahrkl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge