Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung. Veranlagung zum Gefahrtarif. Gewerbezweigprinzip. Zeitarbeitsunternehmen. Arbeitnehmerüberlassung
Leitsatz (redaktionell)
Zeitarbeitsunternehmen können wegen ihrer gemeinsamen gewerbetypischen Unfallgefahr in einer Gefahrtarifstelle zusammengefasst werden. Zertifizierte Zeitarbeitsunternehmen und solche, die ein Qualitätsmanagement aufweisen, müssen nicht gesonderten Gefahrtarifstellen zugewiesen werden.
§ 157 Abs. SGB VII ist nicht verfassungswidrig, insbesondere nicht zu unbestimmt
Normenkette
SGB VII §§ 157, 159-160, 136 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der von der Klägerin an die Beklagte zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung streitig. Hierbei geht es um die Rechtmäßigkeit der Veranlagung der Klägerin nach dem Gefahrtarif 1998 (GFT 98) für die Zeit von 1998 bis 2000.
Die Klägerin betreibt als Zeitarbeitsunternehmen gewerbsmäßig Arbeitnehmerüberlassung. Nach ihren Angaben verleiht sie über 50 % Arbeitnehmer an Unternehmen der Bereiche Feinmechanik und Elektrotechnik, die insbesondere im Schiffbau tätig sind.
Mit einem bindend gewordenen Bescheid vom 5. April 1993 stellte die Beklagte die Mitgliedschaft der Klägerin bei ihr mit Wirkung vom 1. April 1993 fest (so genannter Mitgliedsschein). Bis 1983 hatte die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung auf Grund eines so genannten Tätigkeitstarifes erhoben. Die Mitgliedsunternehmen wurden jeweils veranlagt nach den Tätigkeiten ihrer Mitarbeiter und den diesen im Einzelnen zugeordneten Gefahrklassen. Ab 1. Januar 1984 löste die Beklagte den Tätigkeitstarif ab durch einen Gewerbezweigtarif. Seitdem wurden - zumindest bis zum Ablauf des Jahres 2000 - Mitgliedsunternehmen jeweils nach ihrer Unternehmensart veranlagt. Der Beitragsberechnung dient der GFT. Er enthält alle Unternehmensarten, für die die Beklagte sachlich zuständig ist, ferner sind in ihm die geltenden Gefahrklassen aufgeführt. Diese werden nicht für die einzelnen Unternehmen, sondern für Gefahrengemeinschaften (Gefahrtarifstellen) festgestellt. In diesen werden Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art oder gleicher oder ähnlicher Gefährdungsrisiken zusammengefasst. Die Gefahrklassen werden ermittelt, in dem die gezahlten Leistungen für die Unfälle einer Unternehmensart den Entgelten gegenübergestellt werden. Der GFT 98 berücksichtigt alle gezahlten Leistungen sämtlicher Versicherungsfälle sowie die beitragspflichtigen Arbeitsentgelte der Pflichtversicherten im Beobachtungszeitraum 1994 bis 1996. Der von den Mitgliedsunternehmen zu entrichtende Beitrag errechnet sich nach folgender Formel: Gesamtentgelt x Gefahrklasse x Beitragsfuß : 1.000. Dabei wird die Gefahrklasse ermittelt, indem die Entschädigungsleistungen geteilt werden durch die Lohnsummen und dieses Ergebnis mit 1.000 multipliziert wird. Der Beitragsfuß wird als Umrechnungsfaktor benötigt, um den Haushaltsbedarf (Umlagesoll) der Beklagten auf alle Unternehmen und freiwillig versicherten Unternehmer entsprechend den nachgewiesenen Entgelten bzw. Versicherungssummen sowie ihrer Gefahrklassen zu verteilen. Er ist für alle Unternehmen gleich und wird jährlich nach Ablauf des Geschäftsjahres ermittelt. Er ergibt sich durch eine Multiplikation des Umlagesolls mit 1.000 geteilt durch das Gesamtentgelt mal Gefahrklasse aller Unternehmen der Beklagten. In dem GFT 98 werden die Unternehmen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung zwei Gefahrtarifstellen zugeordnet. In die Tarifstelle 48 sind diejenigen Beschäftigten einzuordnen, die "ausschließlich in kaufmännischen und verwaltenden Unternehmensteilen der Verleiher und Entleiher eingesetzt sind und ausschließlich kaufmännische und verwaltende Tätigkeiten verrichten" . Der Gefahrtarifstelle 49 werden die Beschäftigten zugeordnet, die "nicht die in der Gefahrtarifstelle 48 genannten Voraussetzungen erfüllen" . Die Gefahrklasse der Tarifstelle 48 beträgt 0,57, diejenige der Tarifstelle 49 10,66.
Mit Bescheid vom 8. September 1998 veranlagte die Beklagte die Klägerin nach dem GFT 98. Der entsprechende an die Klägerin gerichtete Beitragsbescheid für 1998 datiert vom 27. April 1999. Mit ihm werden Beiträge (ohne Anteil am gemeinsamen Ausgleich und ohne Insolvenzgeldumlage) in Höhe von 177.567,88 DM gefordert.
Den sowohl gegen den Veranlagungs- als auch gegen den Beitragsbescheid eingelegten Widerspruch der Klägerin, mit der diese u.a. die Zusammenfassung aller Unternehmen der Zeitarbeit in nur zwei Gefahrtarifstellen gerügt hatte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1999 zurück.
Dagegen hat die Klägerin am 29. Juni 1999 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Im Verlaufe des Klageverfahrens hat die Beklagte der Klägerin den Bescheid vom 25. April 2000 erteilt, mit dem für 1999 Beiträge in Höhe von 84.375,66 Euro gefordert werden. Mit Bescheid vom 25. April 2001 fordert die Bek...