Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung der Bewilligung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung bei Änderung der Verhältnisse
Orientierungssatz
Zur Frage, ob eine Bewilligung von Leistungen der sozialen Pflegeversicherung bei Nichterweislichkeit ihrer ursprünglichen Rechtmäßigkeit nach § 48 Abs 1 SGB 10 aufgehoben werden kann.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 26. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin mit Wirkung vom 1. Dezember 2001 Leistungen nach der Pflegestufe I entziehen durfte.
Die ... 1950 geborene Klägerin ist bei der Beklagten versichert. Am 28. Juni 2000 beantragte sie die Gewährung von Pflegegeld. Wegen ihrer Pflegebedürftigkeit verwies sie auf eine Krebserkrankung und eine anerkannte Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 50.
Die Beklagte ließ den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Schleswig-Holstein (MDK) ein Gutachten erstatten. Der Gutachter Dr. S. führte nach einem bei der Klägerin am 27. Juli 2000 durchgeführten Hausbesuch aus, dass bei der Klägerin bei komplexem schwerem Schmerzsyndrom durch progredientes Tumorleiden bei Zustand nach Wertheim-Op. sowie bei Fibromyalgie-Syndrom und weiteren Symptomatiken mit Op.-Bedarf Pflegebedarf in der Stufe I bestehe. Den im Bereich der Grundpflege erforderlichen Pflegebedarf gab der Sachverständige mit insgesamt 46 Minuten an (Körperpflege einschließlich Darm- und Blasenentleerung 30, Ernährung 1 und Mobilität 15 Minuten). Zum Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung führte Dr. S. aus, dass keine wesentliche Eigenleistung erfolge. Als Pflegeperson war in dem Gutachten Frau C. O. - Nachbarin der Klägerin - angegeben.
Mit Bescheid vom 11. August 2000 bewilligte die Beklagte der Klägerin Pflegegeld nach der Pflegestufe I ab 1. Juni 2000. Am 22. August 2000 beantragte die Klägerin die Höherstufung in die Pflegestufe II. Hierzu machte sie geltend, dass sie eine starke Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes festgestellt habe. Ständige Schwächeanfälle und Schmerzen würden sie zunehmend einschränken. Ausweislich eines in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten befindlichen Aktenvermerks äußerte der behandelnde Arzt Dr. H. auf telefonische Nachfrage seine Verwunderung darüber, dass die Klägerin überhaupt in die Pflegestufe I eingestuft worden sei. Er halte sie für sehr leistungsfähig, gemessen an ihrem derzeitigen Zustand. Die Beklagte ließ den MDK zu dem Höherstufungsantrag Stellung nehmen. Der Gutachter Dr. E. bestätigte in seinem nach Hausbesuch erstatteten Gutachten vom 24. Oktober 2000 die Einstufung in die Pflegestufe I, gab allerdings den im Bereich der Grundpflege erforderlichen Pflegebedarf mit insgesamt 45 Minuten an. Mit Bescheid vom 14. November 2000 lehnte die Beklagte daraufhin den Höherstufungsantrag ab.
Auf Veranlassung der Beklagten erstattete der MDK (Gutachter: Pflegefachkraft Sa.) nach Hausbesuch der Klägerin das Folgegutachten vom 31. Mai 2001. Als Pflegeperson war darin erstmals Frau J. G., Ha., angegeben. Der Gutachter führte aus, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I weiterhin erfüllt seien. Im Vergleich zum Vorgutachten hätten sich keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Den Gesamtpflegeaufwand im Bereich der Grundpflege gab dieser Gutachter mit 48 Minuten an. Mit Schreiben vom 11. Juni 2001 teilte die Beklagte der Klägerin daraufhin mit, dass ab 1. Juni 2001 weiterhin die Voraussetzungen der Pflegestufe I vorlägen. Die Klägerin erhalte weiterhin Pflegegeld nach dieser Pflegestufe.
Am 7. August 2001 ging bei der Beklagten ein schriftlicher Hinweis des Herrn L. O., Ha., ein, wonach die Klägerin selbst Pflegegeld für ihre Mutter beziehe und - bezogen auf ihre eigene Pflegebedürftigkeit - die "Putzfrau" als Pflegekraft angegeben habe. Die Beklagte holte erneut ein Gutachten des MDK (Gutachter: Pflegefachkraft Sa.) ein. In dem Gutachten vom 5. November 2001, das wiederum nach Hausbesuch der Klägerin erstattet wurde, heißt es, dass eine Pflegebedürftigkeit im Sinne des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) jetzt nicht mehr vorliege. Subjektiv gebe die Klägerin im Vergleich zum Vorgutachten zwar relativ unveränderten Hilfebedarf an; während der Begutachtung seien aber vielfältige Ressourcen zu beobachten, die auf einen verbesserten Allgemeinzustand und verringerten Pflegeaufwand schließen ließen. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass mittlerweile die Einsätze der Pflegeperson auf einmal täglich reduziert worden seien, während nach den Vorgutachten noch drei tägliche Einsätze stattgefunden hätten. Die Klägerin mache im Vergleich zum Vorgutachten einen selbstständigeren Eindruck. Der aktuell festgestellte Pflegeaufwand liege jetzt deutlich unter 45 Minuten. Im Sinne des SGB XI seien die Kriterien für eine Eins...