Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftlichkeitsprüfung. Prüfvereinbarung. Übergangsregelung
Orientierungssatz
Art 27 GSG enthält keine selbständige Übergangs- oder Überleitungsregelung und bestimmt nicht, daß die bisherigen Prüfvereinbarungen bis längstens zum 31.12.1994 fortgelten. Vielmehr ist in dieser Vorschrift ein Selbsteintrittsrecht des Verordnungsgebers für den Fall, daß bis zum 31.12.1994 keine neue gemeinsame Verfahrensregelung nach § 106 Abs 3 S 1 SGB 5 idF des GSG durch Prüfvereinbarung zustande gekommen ist, geregelt. Die Übergangs-, Fortgeltungsregelung für die bisherigen Prüfvereinbarungen bestimmt sich vielmehr nach der Überleitungsvorschrift des Art 33 § 7 des GSG.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungsmaßnahmen für den Primärkassenbereich im Rahmen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung betreffend das Quartal I/95.
Der Kläger ist als Arzt für Allgemeinmedizin seit 1979 in F zur kassen- bzw. vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten wird er von den Prüfgremien der Vergleichsgruppe Praktiker Stadt, d.h. praktische und Allgemeinärzte der kreisfreien Städte des Landes zugeordnet. Mit seiner Gesamthonoraranforderung (Gesamtfallwert) für das genannte Quartal von 171,38 DM überschritt er im Primärkassenbereich den modifizierten durchschnittlichen Gesamtfallwert der Vergleichsgruppe (D) von 117,37 DM um mehr als 2 modifizierte Standardabweichungen (mod. D).
Auf im Folgequartal gestellte Prüfanträge der Beigeladenen zu 1) bis 5) nahm der Gemeinsame Prüfungsausschuß eine Kürzung der Honoraranforderungen auf mod. D + 1,5 S vor. Der hiergegen eingelegte Widerspruch des Klägers wurde nicht begründet. Seitens des Klägers wurde auch nicht die ihm vom Beklagten gegebene Gelegenheit zur Anhörung in seiner Sitzung vom 6. März 1996 wahrgenommen. In dieser Sitzung verhandelte der Beklagte außer über diesen Widerspruch auch über einen Widerspruch betreffend eine Honorarkürzungsmaßnahme im Quartal III/94. Mit Bescheid vom 1. Juli 1996, der auf einem in dieser Sitzung gefaßten Beschluß beruhte, gab der Beklagte dem Widerspruch hinsichtlich des Quartals III/94 statt, wies aber den Widerspruch hinsichtlich des Quartals I/95 zurück. In der Begründung dieses Bescheides ist ausgeführt, daß der Beklagte keine Praxisbesonderheiten oder kompensationsfähigen Einsparungen erkenne, die zu Gunsten des Klägers berücksichtigungsfähig seien. Außerdem enthält der Bescheid detaillierte Ausführungen dazu, daß in sämtlichen relevanten Leistungssparten überdurchschnittliche Honoraranforderungen zu verzeichnen seien und bei fünf EBM-Positionen eine erheblich überdurchschnittliche Ansatzfrequenz. Den Grenzwert zum offensichtlichen Mißverhältnis setzte der Beklagte ebenfalls bei mod. D + 1,5 S, 150,93 DM, an und bemaß den Honorarkürzungsbetrag, wie bereits zuvor der Prüfungsausschuß, mit 20,25 DM je Fall, bezogen auf einen nominellen Punktwert von 0,10 DM. Hieraus ergab sich unter Berücksichtigung der aktuellen Punktwerte eine tatsächliche Kürzung der Honoraranforderung um 6.112,87 DM.
Am 8. Juli 1996 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben und beantragt,
den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 1. Juli 1996 betreffend das Primärkassenquartal I/95 aufzuheben.
Die nicht begründete Klage hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 6. April 1997 abgewiesen.
Gegen diesen dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 20. Mai 1997 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich dessen am 11. Juni 1997 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung. Zu deren Begründung macht der Kläger geltend, der Bescheid des Beklagten sei schon deshalb rechtswidrig, weil die Prüfung lediglich den Primärkassenbereich erfaßt habe. Der Beklagte habe sich in der Vergangenheit darauf gestützt, daß er aufgrund des Art. 27 des Gesundheitsstrukturgesetzes berechtigt sei, bis zum Quartal IV/94 eine getrennte Prüfung für den Primär- und Ersatzkassenbereich durchführen zu dürfen. Diese Rechtsauffassung des Beklagten sei durch das Urteil des BSG vom 18. Juni 1997 -- 6 RKa 42/96 -- zwar bestätigt worden. Da aber auch für das Quartal I/95 noch keine gemeinsame Prüfvereinbarung vorgelegen habe, sei unter Berücksichtigung dieses Urteils eine Wirtschaftlichkeitsprüfung für dieses Quartal nicht zulässig, denn die vorangegangenen Prüfvereinbarungen für den Primär- bzw. Ersatzkassenbereich hätten übergangsweise nur bis längstens zum 31. Dezember 1994 gegolten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 6. April 1997 zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 1. Juli 1996, soweit er das Primärkassenquartal I/95 betrifft, aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, auch für das Quartal I/95 sei eine auf den Primärkassenbereich beschränkte Entscheidung noch rechtmäßig.
In der Berufungsverhandlung lagen neben den Gerichtsakten dieses Verfahrens die den Kläger betreffenden,...