Entscheidungsstichwort (Thema)
Landwirtschaftliche Unfallversicherung. Beitrags- und Versicherungspflicht. landwirtschaftliches Unternehmen. landwirtschaftliche Tätigkeit. Weidewirtschaft. Pferdehaltung
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Unternehmen der Landwirtschaft gehören auch diejenigen der Viehhaltung, wenn diese mit einer versicherten Bodenbewirtschaftung im Zusammenhang steht.
2. Das ist ua bei einer sog "Weidewirtschaft" der Fall, bei der eine landwirtschaftliche Fläche dadurch genutzt wird, dass sie von Tieren abgeweidet (abgegrast) wird.
3. Die landwirtschaftliche Tätigkeit muss weder gewerblich noch gewinnorientiert sein. Es genügt, wenn sie zur Freizeitgestaltung, als Hobby oder zu Therapiezwecken ausgeübt wird.
4. Eine bodenbewirtschaftende Tätigkeit jedweder Art ist auch dann anzunehmen, wenn der Boden von Tieren abgeweidet wird, für die die abgeweideten Gewächse lediglich einen Anteil ihres Futters ausmachen, also ggf zusätzlich zum Weidegras noch weiteres Futter gestellt werden muss.
5. Die Satzungsbestimmungen des Sozialversicherungsträgers sind als vom Unfallversicherungsträger autonom gesetztes objektives Recht durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (nur) daraufhin zu prüfen, ob sie mit dem Gesetz, auf dem die Ermächtigung des Satzungsgebers beruht, und mit sonstigem höherrangigen Recht vereinbar sind.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 20. September 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens auch für das Berufungsverfahren zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen ihre Aufnahme in die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und gegen den von der Beklagten erhobenen Beitrag.
Die Klägerin gab im Fragebogen der Beklagten für land- und forstwirtschaftliche Betriebe am 14. November 2011 an, sie sei seit dem Jahr 2000 Pächterin einer 0,57 ha großen Grünlandfläche, auf der sie ein Pony und zwei Reitpferde halte, die durchschnittlich achtmal pro Monat geritten würden.
Am 15. November 2011 erließ die Beklagte (damals: Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg) einen Aufnahmebescheid, mit dem sie ihre Zuständigkeit für das landwirtschaftliche Unternehmen der Klägerin feststellte und eine Beitragsberechnung für das Jahr 2010 in Höhe von 226,78 EUR als Anlage beifügte. Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 24. November 2011 Widerspruch ein, mit dem sie geltend machte, sie betreibe keine Landwirtschaft, sondern übe Reitsport aus. Daher falle sie nicht in die Zuständigkeit der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft.
Mit Beitragsbescheid zur Umlage 2011 setzte die Beklagte am 3. Februar 2012 einen Beitrag in Höhe von 243,07 EUR fest. Dagegen legte die Klägerin kein Rechtsmittel ein.
Durch Widerspruchsbescheid vom 11. September 2012 “betreffend die Feststellung der Zuständigkeit der Landw. Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg„ für das von der Klägerin betriebene landwirtschaftliche Unternehmen wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin vom 24. November 2011 gegen den Bescheid vom 15. November 2011 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5a i. V. m. § 123 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII), seien kraft Gesetzes in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung alle Personen versichert, die Unternehmer eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens seien. Der Begriff des landwirtschaftlichen Unternehmens sei im Gesetz nicht definiert. Nach der sozialgerichtlichen Rechtsprechung bilde jedoch jede land- oder forstwirtschaftliche Nutzfläche ein der landwirtschaftlichen Unfallversicherung unterliegendes Unternehmen. Entscheidend sei, dass auf den Flächen landwirtschaftliche Tätigkeiten zum Zwecke der überwiegend planmäßigen Aufzucht und Aberntung von Bodengewächsen verrichtet würden. Art und Intensität der Bewirtschaftung spielten keine Rolle. Von einer landwirtschaftlichen Nutzung sei deshalb insbesondere bereits dann auszugehen, wenn sich die Tätigkeiten auf ein mehr oder weniger regelmäßiges Abmähen der Flächen beschränkten, um den Wert der Flächen zu erhalten und einer Verwilderung entgegenzuwirken. Zu den landwirtschaftlichen Tätigkeiten zum Zwecke der überwiegend planmäßigen Aufzucht und Aberntung von Bodengewächsen zählten nach der Rechtsprechung insbesondere auch alle Formen der Weidetierhaltung, da die Abweidung nicht nur eine natürliche Verwertung landwirtschaftlicher Bodengewächse umfasse, sondern auch der Pflege und Düngung der Flächen diene, die anderenfalls verwildern würde. Unternehmer im Sinne der Unfallversicherung sei derjenige, dem das Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereiche, der also das wirtschaftliche Risiko des Unternehmens trage (§ 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII).
Die Klägerin hat am 5. Oktober 2012 Klage erhoben, mit der sie im Wesentlichen geltend gemacht hat, sie sei lediglich Pächterin und nicht Eigentümerin der Flächen. Bereits deshalb s...