Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütungsanspruch für eine vorstationäre Behandlung. medizinisch geeigneter Fall
Leitsatz (amtlich)
Allein die Verordnung von Krankenhausbehandlung durch einen Vertragsarzt löst noch keinen Vergütungsanspruch des Krankenhauses für eine vorstationäre Behandlung aus. Es muss darüber hinaus ein medizinisch geeigneter Fall vorliegen. Das bedeutet im Falle von § 115a Abs 1 S 1 Nr 1 Alt 1 SGB 5, dass die gute Möglichkeit bestehen muss, dass die vorstationäre in eine vollstationäre Krankenhausbehandlung mündet, dh diese muss konkret und ernsthaft im Raume stehen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 29. März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 147,25 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf Vergütung einer vorstationären Krankenhausbehandlung hat.
Die Klägerin behandelte den 1938 geborenen und bei der Beklagten versicherten E. S. am 13. August 2003. Der einweisende Allgemeinarzt Dr. H. hatte auf seiner Verordnung von Krankenhausbehandlung vermerkt: “Non Hodgkin Lymphom, Rezidiv, stationäre Therapie„. Beigefügt waren ein CT-Befund und ein Blutbild. Nachdem sich der Versicherte bei der Klägerin vorgestellt hatte, wurde weder eine erneute Chemotherapie noch eine weitere Operation veranlasst. Im Brief an den einweisenden Arzt teilte die Klägerin diesem mit, dass kein weiterer Krankheitsprogress seit Frühsommer 2003 vorläge. Es habe völlige subjektive Beschwerdefreiheit und keine Indikation zur Wiederaufnahme einer aggressiven Chemotherapie bestanden.
Am 19. August 2003 stellte die Klägerin der Beklagten einen Betrag von 147,25 EUR für vorstationäre Krankenhausbehandlung in Rechnung. Am 27. August 2003 verfasste der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) eine Stellungnahme, wonach ambulante Chemotherapie möglich gewesen sei. Die Beklagte beglich die Rechnung daraufhin nicht.
Am 29. Dezember 2008 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass die vorstationäre Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen sei. Sie habe mit der Beklagten einen Verjährungsverzicht vereinbart.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 147,25 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 %-Punkten über dem Basissatz ab dem 3. September 2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass eine ambulante Behandlungsmöglichkeit bestanden habe.
Das Sozialgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 29. März 2011 Beweis erhoben durch Vernehmung des Arztes für innere Medizin Dr. K. aus Ka. als medizinischen Sachverständigen.
Mit Urteil vom selben Tage, in dem die Berufung zugelassen wurde, hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung der strittigen Behandlung gemäß § 115a SGB V habe. Danach reiche es für den Vergütungsanspruch einer vorstationären Krankenhausbehandlung nicht aus, dass eine Verordnung von Krankenhausbehandlung durch einen Arzt vorliege. Tatbestandsvoraussetzung für vorstationäre Krankenhausbehandlung sei neben einer Verordnung nämlich das Vorliegen eines medizinisch geeigneten Falls. Ein medizinisch geeigneter Fall könne sich letztlich nur dann ergeben, wenn der Vorrang ambulanter Behandlung nicht eingreife. Dies folge insbesondere aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Medizinisch geeignete Fälle im Sinne des § 115a SGB V seien solche, die im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit vollstationärer Krankenhausbehandlung stünden. Problematisch bei der Abgrenzung von vorstationärer Krankenhausbehandlung zu ambulanter Behandlung sei, dass grundsätzlich jede ärztliche Untersuchung im Krankenhaus zu einer medizinisch erforderlichen stationären Krankenhausbehandlung führen könne und deshalb zunächst der Wortlaut des § 115a Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative SGB V (Klärung der Erforderlichkeit einer vollstationären Krankenhausbehandlung) erfüllt sei. Wenn aber die medizinische Geeignetheit des Behandlungsfalls für vorstationäre Behandlung nicht weiter geprüft werde und letztlich das bloße Vorliegen einer Verordnung für stationäre Krankenhausbehandlung zur Auslösung des Vergütungsanspruchs ausreiche, bestünde die Gefahr, dass das oben beschriebene Stufenverhältnis ausgehöhlt werde. Es sei deshalb die gewisse Wahrscheinlichkeit einer Notwendigkeit der vollstationären Krankenhausbehandlung erforderlich. Hier sei zum Zeitpunkt der Vorstellung des Versicherten bei der Klägerin stationäre Krankenhausbehandlung nicht wahrscheinlich gewesen. Die Behandlung stünde deshalb nicht im Zusammenhang mit einer zu erfolgenden stationären Krankenhausbehandlung und es handele sich nicht um einen m...