Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung. Kein Anspruch auf Versorgung mit Behindertenbegleithund
Leitsatz (amtlich)
Es besteht in der gesetzlichen Krankenversicherung grundsätzlich kein Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit einem Behindertenbegleithund.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 17. April 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für die Berufungsinstanz nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten, die Klägerin mit einem Behindertenbegleithund zu versorgen.
Die 1966 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet an einer geburtstraumatischen tetraspastischen Parese. Ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen “G„, “B„, “aG„, “H„ und “B„ sind zuerkannt.
Am 18. Juli 2006 legte die Klägerin der Beklagten einen Kostenvoranschlag in Höhe von 17.926,40 EUR für die Ausbildung eines Collies zum Behindertenbegleithund, eine Verordnung über einen Therapie-Behinderten- und Begleithund bei tetraspastischer Parese des Internisten Dr. T. und eine ärztliche Bescheinigung dieses Arztes darüber vor, dass es aufgrund der angeborenen Behinderung notwendig sei, die Beweglichkeit und Aktionsfähigkeit der Klägerin durch einen Therapiehund zu sichern. Die Behinderung der Klägerin sei aufgrund der Alterung zunehmend belastend und progredient trotz intensiver physikalischer Therapie. Mit der Verordnung eines Therapiehundes könne eine Pflegebedürftigkeit vermieden werden. Die Beklagte lehnte eine entsprechende Versorgung mit Bescheid vom 31. Juli 2006 ab. Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Der Blindenführhund, dessen Kosten die Beklagte grundsätzlich übernehme, sei auch ein Behindertenbegleithund und ein sog. Verkehrsmanager. Der von ihr beantragte Behindertenbegleithund solle der Bezugsperson den Alltag erleichtern bzw. überhaupt ein eigenständiges Leben ermöglichen. Zu seinen Aufgaben gehörten u. a. das Aufheben und Bringen von Gegenständen, das Öffnen und Schließen von Türen und Schubladen, das Bedienen von Lichtschaltern, Aufzugsknöpfen, An- und Ausziehen von Bekleidungsstücken, das Tragen von Packtaschen und das selbstständige Einkaufen in kleinen Geschäften. Sie benötige aufgrund ihrer Behinderungen jemanden, der ihr bei der Erledigung der Arbeit des täglichen Lebens helfe und fehlende Körperfunktionen ersetze. Dabei könne ihr der Hund eine wertvolle Hilfe sein. Sie leite ihren Anspruch auch aus Art. 3 des Grundgesetzes her. Wenn blinde Menschen einen Anspruch auf Versorgung mit einem Blindenführhund hätten, müsse Gleiches für sie im Hinblick auf die Versorgung mit einem Behindertenbegleithund gelten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2006 zurück. Der Behindertenbegleithund werde von Gesunden in gleicher Weise benutzt und sei somit nicht dem Leistungsbereich der Krankenversicherung, sondern der Eigenverantwortung der Versicherten zuzuordnen.
Die Klägerin hat am 15. November 2006 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Von der Art und Weise der Behinderung sei sie einem Blinden gleichzustellen. Die Hilfe könne durch entsprechendes Pflegepersonal bzw. durch eine Haushaltshilfe gewährt werden, nach ihrer Auffassung aber auch, was die Hilfe im Haushalt anbelange, über einen Behindertenbegleithund. Aufgrund ihrer Behinderung könne sie in ihrer Wohnung umfallen und dort hilflos liegen. Der Behindertenbegleithund sei in der Lage, durch entsprechende Lautgebung Hilfe herbeizuholen. Er diene der Befriedigung des elementaren Grundbedürfnisses Orientierung und Mobilität.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen: Sie sei verheiratet und habe sechs Kinder im Alter zwischen vier und 18 Jahren. Die älteste Tochter werde voraussichtlich in diesem Sommer ausziehen, weil sie eine Ausbildung beginnen wolle. Ihr Ehemann arbeite in D. und sei 12 Stunden täglich außer Haus. Sie sei vormittags häufig allein. Schwierigkeiten gebe es häufig, wenn ihr Dinge herunterfielen. Sie sei dann aufgrund der Behinderung nicht mehr in der Lage diese selbstständig aufzusammeln. Sie fahre selbst Auto. Ihr stehe ein behindertengerechtes Fahrzeug zur Verfügung. Sie sei zehn Stunden in der Woche bei einem Logopäden berufstätig. Sie könne sich weitgehend selbstständig anziehen. Lediglich beim Anziehen der Schuhe und Strümpfe helfe morgens ihr Ehemann.
Sie hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrages auf die Ausführungen in dem angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 17. April 2008 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens gleiche der Behindertenbegleithund nur in einem geringen Umfang den Ausfall körperlicher Funktionen aus. Die Klägerin sei nach eigenen Angaben noch weitgehend in der Lage, sich selbstständig an- und auszukleiden ...