Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. einmaliger Bedarf. Wohnungserstausstattung. Fernsehgerät
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Fernsehgerät ist für ein an herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen erforderlich.
2. Ein Fernsehgerät zählt zur Erstausstattung iS von § 31 Abs 1 Nr 1 SGB 12.
3. Im Rahmen der Erstausstattung kann der Anspruch auf ein Fernsehgerät durch Geld- oder Sachleistung befriedigt werden.
Normenkette
SGB XII § 31 Abs. 1 Nr. 1, § 27 Abs. 1, § 28 Abs. 1, § 31 Abs. 3, § 10 Abs. 1, 3
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 30. Januar 2009 dahingehend geändert, dass der Beklagte verurteilt wird, über die Beihilfe für ein Fernsehgerät für den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden; die Auferlegung von Mutwillenskosten in Höhe von 150,00 EUR wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren hat der Beklagte zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte wendet sich im Berufungsverfahren gegen die Verurteilung zur Zahlung einer einmaligen Beihilfe zur Beschaffung eines Fernsehers und gegen die Auferlegung von Mutwillenskosten.
Nach seiner Entlassung aus der Haft beantragte der Kläger am 18. Oktober 2005 einmalige Beihilfen für die Beschaffung einer Waschmaschine, eines Fernsehgerätes und einer Satellitenanlage. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2005 bewilligte der Beklagte eine Beihilfe für eine Waschmaschine und lehnte Beihilfen für die Anschaffung eines Fernsehgerätes und einer Satellitenanlage ab. Der dagegen am 8. November 2005 erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2006 zurückgewiesen.
Der Kläger hat am 17. Mai 2006 Klage erhoben und vorgetragen, nach heute herrschendem Standard gehöre ein Fernsehgerät zu den notwendigen Haushaltsgegenständen. Daher sei ihm eine Beihilfe für die Anschaffung eines Fernsehers zu gewähren. Da er sonst keinerlei andere Empfangsmöglichkeiten in seiner Wohnung habe, sei ihm auch die Anschaffung einer Satellitenanlage zu ermöglichen.
Nachdem das Sozialgericht darauf hingewiesen hatte, dass eine DVB-T-Anlage günstiger sei als eine Satellitenanlage, hat der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 25. Oktober 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm eine einmalige Beihilfe für die Beschaffung eines Fernsehers und einer DVB-T-Anlage zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, ein Fernsehgerät diene nicht dem Wohnen, sondern dem Grundbedürfnis "Information und Beziehungen zur Umwelt". Er sei den persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens zuzurechnen, die vom notwendigen Lebensunterhalt abgedeckt würden. Eine einmalige Beihilfe im Rahmen der Erstausstattung sei dafür nicht möglich.
Das Sozialgericht Schleswig hat zunächst mit Beschluss vom 26. September 2008 wegen fehlender Unterlagen die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und, nachdem diese nachgereicht worden waren, mit Beschluss vom 10. November 2008 Prozesskostenhilfe ab Antragstellung unter Beiordnung von Rechtsanwalt V., E., bewilligt.
Mit Urteil vom 30. Januar 2009 hat es unter Abänderung der angegriffenen Bescheide den Beklagten verurteilt, dem Kläger eine einmalige Beihilfe für die Beschaffung eines Fernsehers in Höhe von 70,00 EUR zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Außerdem hat es dem Beklagten Mutwillenskosten in Höhe von 150,00 EUR auferlegt. Die Berufung ist nicht zugelassen worden.
Der Beklagte hat am 27. Februar 2009 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt und sich gegen die Auferlegung von Mutwillenskosten gewandt.
Der Senat hat mit Beschluss vom 13. Mai 2009 die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen (Az.: L 9 B 42/09 SO NZB) und dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt V., E., bewilligt (L 9 B 42/09 SO NZB PKH). Der Beklagte trägt vor, es gebe noch keine gesicherte Rechtsprechung dazu, ob ein Fernsehgerät zur Erstausstattung gehöre. Er meint, der Kauf eines Fernsehgerätes sei mit dem Regelsatz abgegolten. Dieser gewähre Leistungen für Bedarfe des täglichen Lebens, die in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben umfassten. Dazu gehöre auch ein Fernsehgerät. Demgegenüber gehörten zur Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten alle Einrichtungsgegenstände und -geräte, die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig seien, wie z. B. Möbel, Lampen, Herde, Kochtöpfe, Staubsauger, Kühlschrank und Waschmaschinen. Hierunter falle ein Fernsehgerät nicht.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 30. Januar 2009 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen sowie die Auferlegung von Mutwillenskosten in Höhe von 150,00 EUR aufzuheben.
Der Kläger beantragt...