Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Schleswig vom 13.3.2009 - L 10 P 10/08, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 15. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die notwendigen außergerichtlichen
Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines finanziellen Zuschusses für eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes des … 1910 geborenen und … 2007 verstorbenen Vaters des Klägers (§ 40 Abs. 4 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]). Der Kläger ist neben seiner Mutter Erbe seines Vaters; die Erbengemeinschaft hat den geltend gemachten Anspruch an ihn abgetreten.
Der Vater des Klägers war bei der Beklagten versichert. Nach einem übergangsweisen Aufenthalt in Kurzzeitpflege bewohnte er seit dem 30. Mai 2007 eine ab 16. Mai 2007 angemietete Wohnung in dem Haus A. in K.. Vermieterin war die Ka. GmbH & Co. KG, vertreten durch die Kb. m.b.H. . In § 16 des abgeschlossenen Mietvertrages heißt es, dem Mieter sei bekannt, dass er eine Wohnung in einer Altenwohnanlage miete, in der die Arbeiterwohlfahrt (AWO) K. eine Service-Einrichtung betreibe; es handele sich um ein sogenanntes Servicehaus. Diejenigen Mieter, die eine Wohnung in diesem Haus bezögen, seien verpflichtet, die Serviceleistungen der AWO in Anspruch zu nehmen und mit ihr einen Betreuungsvertrag abzuschließen.
Der Vater des Klägers bezog von der Beklagten auf der Grundlage eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Schleswig-Holstein (MDK) vom 11. Mai 2007 (Gutachterin: Pflegefachkraft Frau Kc.) Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung nach der Pflegestufe I. Bereits am 20. März 2007 hatte er die Gewährung eines Zuschusses zum barrierefreien Badumbau seiner Wohnung in dem Haus A. als Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes nach § 40 Abs. 4 Satz 1 SGB XI beantragt. Beigefügt war eine für “diverse Belegenheiten„ erstellte Baubeschreibung der Kb. m.b.H. vom Oktober 2006. Die Baumaßnahme wurde im Mai 2007 durchgeführt. Mit Bescheid vom 31. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1. Oktober 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Zuschusses ab. Sie nahm auf die Anmerkung in dem Gemeinsamen Rundschreiben der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 10. Oktober 2002, zuletzt geändert am 16. November 2004, zu § 40 SGB XI Bezug und führte aus, dass danach Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes in der Wohnung des Pflegebedürftigen oder in dem Haushalt, in dem er aufgenommen worden sei, in Betracht kämen. Entscheidend sei, dass es sich um den auf Dauer angelegten, unmittelbaren Lebensmittelpunkt des Pflegebedürftigen handele. In Alten- und Pflegeheimen sowie in Wohnungseinrichtungen, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet würden, liege eine Wohnung bzw. ein Haushalt in diesem Sinne nicht vor. Aus § 16 des von dem Vater des Klägers abgeschlossenen Mietvertrages gehe hervor, dass es sich vorliegend um eine Wohneinrichtung handele, die vom Vermieter gewerbsmäßig nur an Pflegebedürftige vermietet werde. Eine Bezuschussung könne deshalb nicht erfolgen.
Nachdem der Vater des Klägers .2007 verstorben war, hat sein Sohn am 31. Oktober 2007 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht: Die Beklagte habe ihre Eintrittspflicht fehlerhaft verneint und damit ihr Ermessen falsch ausgeübt. Zum einen sei das zitierte Rundschreiben der Spitzenverbände nicht maßgeblich; als gesetzesvertretende allgemeine Richtlinie sei es wegen Verstoßes der von den Spitzenverbänden als Rechtsgrundlage herangezogenen Vorschrift des § 78 Abs. 2 Satz 1 SGB XI gegen Art. 84 Abs. 2 Grundgesetz (GG) nichtig. Zum anderen habe die Beklagte verkannt, dass es sich bei der Wohnung seines Vaters um dessen auf Dauer angelegten unmittelbaren Lebensmittelpunkt gehandelt habe. Unzutreffend sei auch die Annahme, dass die Vermieterin die Wohnungen nur an Pflegebedürftige vermiete. Zumeist entschieden sich “junge Alte„ (ab 60 Jahre) für ein Wohnen in dem Gebäudekomplex A., um in späteren Jahren einen weiteren Umzug in ein Pflegeheim zu vermeiden. Wohnraumanpassungsmaßnahmen würden dann von dem jeweiligen Mieter in Eigenregie nach Bedarf durchgeführt. Nur bei erheblichen baulichen Veränderungen - wie im vorliegenden Fall - schalte sich die Vermieterin ein und übernehme die Umsetzung der Maßnahme. Die Voraussetzungen von § 40 Abs. 4 SGB XI seien hier erfüllt; bei dem Badumbau handele es sich um eine Maßnahme zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes. Durch die Umbaumaßnahme werde die häusliche Pflege erleichtert und eine möglichst selbständige Lebensführung des Pflegebedürftigen im Sinne von § 40 Abs. 4 SGB XI wiederhergestellt. Der Wortlaut der Vorschrift stelle nicht darauf ab, ob sich die vom Versicherten angemietete Wohnung in einem Servicehaus oder ande...