nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch Arbeitnehmer. Aufhebungsvertrag. Ausspruch einer drohenden Kündigung durch Arbeitgeber. Objektives Vorliegen eines wichtigen Grundes. Besondere Härte. Irrtum über das Vorliegen eines wichtigen Grundes
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein wichtiger Grund kann nicht ohne Weiteres darin gesehen werden, dass der Arbeitnehmer dem Ausspruch einer drohenden Kündigung des Arbeitgebers zuvorkommt; grundsätzlich ist es dem Arbeitnehmer im Interesse der Versichertengemeinschaft zuzumuten, die Kündigung abzuwarten, sofern nicht besondere Umstände vorliegen.
2. Für die Frage der Rechtmäßigkeit der Kündigung kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitnehmer subjektiv der Meinung sein durfte, dass ihm von seinem Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung drohte; ein wichtiger Grund muss objektiv gegeben sein.
3. Ein Irrtum über das Vorliegen der Sperrzeitvoraussetzungen kann eine besondere Härte nur dann begründen, wenn er unverschuldet ist und durch die konkrete Auskunft einer hiermit vertrauten Stelle, in der Regel einer Dienststelle der Beklagten, hervorgerufen oder unterstützt wird.
Normenkette
SGB III § 144 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
SG Itzehoe (Entscheidung vom 04.05.2004; Aktenzeichen S 2 AL 121/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 4. Mai 2004 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit vom 1. April 2002 bis 23. Juni 2002 und über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) für diesen Zeitraum.
Der am 19. November 1944 geborene Kläger war vom 1. Juni 1970 bis 31. März 2002 zuletzt als Senior-Sales-Manager bei der Firma S Aktiengesellschaft (AG) in H tätig. Auf Grund von Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Firma S AG im Bereich ICN VD fiel der Arbeitsplatz des Klägers in der Niederlassung des Unternehmens in H weg. Dies wurde dem Kläger von der Firma S AG mit Schreiben vom 11. Juli 2001 mitgeteilt. Unter dem 27. August 2001 schloss der Kläger mit der Firma S AG einen Aufhebungsvertrag, nach dem das Arbeitsverhältnis zum 31. März 2002 endete. Anlässlich des Ausscheidens erhielt der Kläger eine laufende Abfindungszahlung vom 1. April 2002 bis 30. November 2004 in Höhe von monatlich 3.375,00 EUR brutto, eine Abfindung in Höhe von 44.768,00 EUR als Versorgungsanspruch ab dem 60. Lebensjahr und einen Übergangszuschuss ab dem 60. Lebensjahr in Höhe von monatlich 8.003,34 EUR brutto für sechs Monate.
Am 27. Februar 2002 meldete sich der Kläger mit Wirkung vom 1. April 2002 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. In seiner Stellungnahme zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei der Firma S AG gab er unter dem 28. Februar 2002 an: Er habe den Aufhebungsvertrag abgeschlossen, um einer betriebsbedingten Kündigung zuvorzukommen. Diese habe durch die stark rückläufige Konjunktur in seinem Betätigungsfeld gedroht. Die Firma S AG habe umfangreiche Personalanpassungsmaßnahmen vorgenommen und habe diese auch umgesetzt. Bei einer Kündigung hätte er einen "schwarzen Fleck auf der weißen Weste" gehabt. Der Kläger legte die mit der Firma S AG geschlossene Aufhebungsvereinbarung mit Datum vom 23. August 2001 vor, in der es u.a. heißt, dass das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen zum 31. März 2002 beendet worden sei.
Mit Bescheid vom 19. April 2002 stellte die Beklagte den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit vom 1. April 2002 bis 23. Juni 2002 und das Ruhen des Anspruchs auf Alg für diesen Zeitraum fest. Zur Begründung führte sie aus: Der Kläger habe seine Beschäftigung selbst aufgegeben, denn er habe sein Arbeitsverhältnis bei der Firma S AG zum 31. März 2002 durch Aufhebungsvertrag gelöst. Dabei sei es unerheblich, ob die Initiative zum Abschluss des Aufhebungsvertrages von ihm oder von seiner ehemaligen Arbeitgeberin ausgegangen sei. Entscheidend sei, dass der Aufhebungsvertrag ohne seine Zustimmung nicht zustande gekommen wäre. Er habe dabei voraussehen müssen, dass er dadurch arbeitslos werde. Der Vortrag des Klägers, er sei mit seinem Verhalten einer betriebsbedingten Kündigung zuvorgekommen, könne keinen wichtigen Grund begründen. Es sei ihm vielmehr zuzumuten gewesen, die arbeitgeberseitige Kündigung abzuwarten. Auf Grund des Eintritts der Sperrzeit mindere sich sein Anspruch auf Alg um 240 Tage (1/4 der Anspruchsdauer). Mit einem weiteren Bescheid vom 19. April 2002 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab dem 24. Juni 2002 Alg.
Gegen den Sperrzeitbescheid erhob der Kläger am 19. April 2002 Widerspruch. Zur Begründung trug er vor: Er wäre auch ohne den Aufhebungsvertrag arbeitslos geworden, weil sein Arbeitsplatz aus betrieblichen Gründen weggefallen sei. Ohne die Zustimmung zum Aufhebungsvertrag hätte er keine Abfindung erhalten. Zudem hätten ehemalige Kollegen ...