Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Bewilligung eines Gründungszuschusses
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Bewilligung eines Gründungszuschusses nach § 57 SGB 3 a. F. setzt u. a. die Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit voraus.
2. Eine selbständige Tätigkeit gilt erst dann als aufgenommen, wenn erstmals eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung aufgenommen wird.
3. Die Anspruchsvoraussetzungen für die Bewilligung eines Gründungszuschusses sind auch dann nicht erfüllt, wenn der Antragsteller zum Zeitpunkt der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit nicht mehr über den nach dem Gesetz erforderlichen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 90 Tagen verfügt hat, § 57 Abs. 2 S. 1 SGB 3 a. F. .
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 28. März 2014 aufgehoben und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung eines dem Kläger bewilligten Gründungszuschusses aufgehoben und bezogene Leistungen für die Zeit vom 1. Februar bis 30. September 2010 erstattet verlangt hat.
Der … 1975 geborene Kläger hat eine nicht abgeschlossene Ausbildung zum Bankkaufmann durchlaufen, eine Ausbildung zum Kaufmann im Groß- und Außenhandel mit Abschluss (am 30. Juni 1998) und von 2003 bis 2006 eine Ausbildung zum Physiotherapeuten mit Abschluss (vom 9. April 2006). Seit 2006 hat der Kläger als Physiotherapeut im “F…„ - Das Gesundheitszentrum gearbeitet, seit dem 1. Januar 2009 als dessen stellvertretender Leiter. Das Beschäftigungsverhältnis wurde nach seinen Angaben aus betrieblichen Gründen gekündigt; seit dem 4. August 2009 bestand Arbeitslosigkeit. Nachdem der Kläger am 18. August 2009 zunächst mündlich einen Antrag gestellt hatte, stellte er am 28. Oktober 2009 schriftlich einen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nach § 57 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) a. F. mit der Angabe, dass er sich am 1. Februar 2010 als Physiotherapeut selbstständig machen wolle bei einer beabsichtigten selbstständigen Tätigkeit von ca. 50 Wochenstunden. Anforderungsgemäß übersandte der Kläger eine Gewerbeanmeldung vom 7. Januar 2010 bei gleichem Beginndatum der angemeldeten Tätigkeit - Betrieb eines Gesundheitsstudios -, ferner ein Schreiben vom 28. November 2009, nach dem sich die Finanzierung verzögern werde, er - der Kläger - aber eine mündliche Zusage habe und er voraussichtlich zum 1. Januar 2010 mit der Selbstständigkeit starten könne. Weiter wurden vorgelegt die Stellungnahme der fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 31. August 2009, der Gesellschaftsvertrag zum Geschäftsbereich M… vom 1. September 2009, das (unvollständige) Konzept betreffend F… - Das Gesundheitszentrum, das Prüfungszeugnis der IHK betreffend die kaufmännische Ausbildung sowie diverse Urkunden und ein Lebenslauf. Mit Bescheid vom 26. Januar 2010 bewilligte die Beklagte die Förderung der Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit und gewährte dem Kläger für die Zeit vom 1. Februar 2010 bis 31. Oktober 2010 einen Gründungszuschuss in Höhe von monatlich 1.058,70 EUR. Nach Aktenlage beantragte der Kläger am 8. November 2010 die Weitergewährung des Gründungszuschusses und gab im Rahmen dieses Kontaktes an, dass er unternehmerische Tätigkeiten im Folgeantrag nicht angeben könne, da es bisher nicht zur Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit gekommen sei. Die Investitionsbank habe die Mittel bisher nicht bewilligt und ihn mehrfach vertröstet, in Kürze sei jedoch von einer Bewilligung auszugehen. Mit Schreiben vom 1. März 2011 hörte die Beklagte den Kläger zu einem möglicherweise unrechtmäßigen Leistungsbezug an, weil er seine selbstständige Tätigkeit nicht aufgenommen habe, weshalb der Gründungszuschuss in dem Zeitraum vom 1. Februar 2010 bis 31. Oktober 2010 in Höhe von 9.528,30 EUR zu Unrecht gezahlt worden sei. Die Beklagte verwies auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X). In seiner Stellungnahme gab der Kläger an, dass der Bankkredit wegen der beabsichtigten Rechtsform als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) versagt worden sei. Die Bank habe nur die Selbstständigkeit in die Physiotherapie unterstützen wollen. Er habe diesem Druck nachgegeben und sich nur in der Physiotherapie selbstständig gemacht. Das Darlehen habe er gebraucht, um die Grundausstattung zu erwerben, ansonsten wäre die Selbstständigkeit unmöglich gewesen. In diesem Durcheinander mit der Bank habe er nicht an seine Pflichten als Leistungsempfänger gedacht und vergessen, der Beklagten die neue Situation zu schildern. Fakt sei aber, dass er sich in dem genannten Zeitrau...