Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit als Voraussetzung der Bewilligung eines Gründungszuschusses

 

Orientierungssatz

1. Die Bewilligung eines Gründungszuschusses nach § 93 SGB 3 hat die Beendigung der Arbeitslosigkeit des Antragstellers durch Aufnahme einer selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit zur Voraussetzung.

2. Die Aufnahme der Selbständigkeit liegt dann vor, wenn erstmals eine unmittelbar auf berufsmäßigen Erwerb gerichtete und der Gewinnerzielung dienende Handlung mit Außenwirkung vorgenommen wird (BSG Urteil vom 9. 6. 1917, B 11 AL 13/16 R).

3. Vorbereitungshandlungen können nur dann bereits als Aufnahme der selbständigen Tätigkeit gewertet werden, wenn sie zielgerichtet und unmittelbar dazu bestimmt sind, hieraus den Lebensunterhalt bestreiten zu können.

4. Verhandlungen mit der Bank bzw. Renovierungsarbeiten genügen hierzu nicht.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 21. März 2017 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist zwischen den Beteiligten der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 1. November 2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Dezember 2012, mit dem die Beklagte die Bewilligung des Gründungszuschusses ab dem 1. April 2012 zurückgenommen und erbrachte Leistungen in Höhe von 7.108,50 EUR zurückgefordert hat.

Der 1972 geborene Kläger ist staatlich anerkannter Erzieher. Er bezog Arbeitslosengeld I (Alg) ab 1. Januar 2012 (Neubewilligung, 240 Kalendertage). Am 1. April 2012 bestand noch ein Restanspruch von 150 Tagen. Im Vordruck, der am 13. Januar 2012 bei der Beklagten einging, teilte der Kläger unter anderem mit, dass seine größten Herausforderungen bei der Existenzgründung das Erreichen einer Betriebserlaubnis, die Finanzierung und die Bekanntmachung der Einrichtung bei den öffentlichen Trägern seien. Am 23. Januar 2012 teilte der Kläger in einem persönlichen Gespräch der Beklagten mit, seine Planung zur Selbstständigkeit würde auf Hochtouren laufen. Er habe aktuell viele Bankgespräche, damit ein Kredit aufgenommen werden könne, das Konzept sei soweit fertig, die Immobilie würde gemietet werden. Je nach Entscheidung der Bank könne gegebenenfalls schon im März mit einer Selbstständigkeit begonnen werden. An diesem Tag stellte der Kläger den Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit nach § 93 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III). Im Antragsformular gab er an, dass er ab dem 1. April 2012 eine selbstständige, hauptberufliche Tätigkeit als Einrichtungsleiter/Erzieher in B... aufnehmen werde und für seine selbstständige Tätigkeit künftig 40 Wochenstunden aufwenden werde. Im Antragsvordruck versicherte der Kläger mit seiner Unterschrift die Richtigkeit seiner Angaben; er werde der Agentur für Arbeit unverzüglich alle Änderungen mitteilen, die Auswirkungen auf die Leistung haben könnten. Die Steuerberatungsgesellschaft W... & R... in H... befürwortete in ihrer Stellungnahme die Unternehmensgründung des Klägers. Die aufgestellten Planungsberechnungen zeigten, dass das Vorhaben rentabel und auch finanzierbar sei. Für die Planungsberechnung sei mit einer Belegung zum 1. Juli 2012 ausgegangen worden. Im Februar 2012 begann der Kläger nach seinen Bekundungen mit der umfangreichen Renovierung des Hauses in B..., in dem er die Einrichtung betreiben wollte. Im Februar 2012 habe er begonnen, die Türen abzuschleifen und im März 2012 die Küche herauszureißen. Er habe das dazu benötigte Material gekauft, unter anderem die Fliesen. Während dieser Renovierungsphase habe er einen Nabelbruch erlitten, weswegen er zeitweise keine Arbeiten habe durchführen können. Am 6. Mai 2012 schloss der Kläger einen Mietvertrag bezüglich des Hauses für die Zeit ab Juni 2012 ab. Nach seinen Angaben sei der Vermieter damit einverstanden gewesen, dass die Renovierungsarbeiten schon vorher beginnen könnten und Miete erst ab der Belegung zu zahlen sei. Am 5. April 2012 teilte der Kläger der Beklagten mündlich mit, dass die Selbstständigkeit zeitnah aufgenommen werden würde. Mit Schreiben vom 18. April 2012 teilte er die Aufnahme einer Selbstständigkeit im Bereich einer Kinder-und Jugendhilfe seit dem 1. April 2012 mit; da von Amts wegen nicht vonnöten sei, ein Gewerbe anzumelden, würde er dies in dieser Form bestätigen. Außerdem übersandte er die Steuernummer vom Finanzamt M.... Am 8. Mai 2012 erfolgte die Nachschau der Brandschutzprüfung für das Gebäude der Einrichtung nach Mängelbeseitigung.

Mit Bescheid vom 9. Mai 2012 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 1. April 2012 einen Gründungszuschuss für die Zeit vom 1. April 2012 bis zum 30. September 2012 in Höhe von monatlich 1.421,70 EUR (einschließlich einer Pauschale von 300,00 EUR zur sozialen Sicherung). Die dem Bescheid beigefügte Anlage enthielt u.a. d...

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