Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. kapitalbildende Lebens- oder Rentenversicherung. keine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung
Orientierungssatz
Die Verwertung einer Lebensversicherung oder privaten Rentenversicherung, deren Rückkaufswert die Summe der eingezahlten Beiträge um 16,71 % unterschreitet, ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS von § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB 2.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 17. September 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 1. Mai bis 31. Juli 2007.
Die 1964 geborene, alleinstehende Klägerin stellte erstmals am 24. April 2007 einen Leistungsantrag nach dem SGB II für Leistungen ab dem 1. Mai 2007. Bis zum 1. Mai 2007 bezog die Antragstellerin Arbeitslosengeld in Höhe von 32,98 EUR kalendertäglich. Nachdem der Beklagte vergeblich die Vorlage im Einzelnen aufgezählter Unterlagen angemahnt hatte, lehnte er den Leistungsantrag mit Bescheid vom 12. Juni 2007 wegen nicht nachgewiesener Hilfebedürftigkeit ab. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und reichte die bislang fehlenden Unterlagen zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nach.
Die Klägerin wohnte in der S-straße in H zur Untermiete zu monatlich 140,00 EUR kalt zuzüglich 10,00 EUR Heizkosten. Für ein 10 Jahre altes Kfz fielen halbjährliche Kosten für die Haftpflichtversicherung in Höhe von 287,98 EUR an. Vom auslaufenden Arbeitslosengeld abgesehen erzielte die Klägerin keine Einnahmen. Im Mai 2007 verfügte die Klägerin über ein Sparkonto (Nr. 1) bei der P mit einem Guthaben in Höhe von 2.125,36 EUR (Bl. 18 VA) sowie über ein Girokontoguthaben (Nr. 2) bei der R in H in Höhe von 1.870,17 EUR (Bl. 17 VA). Zudem bestanden für die Klägerin eine kapitalbildende Lebensversicherung und eine private Rentenversicherung. Die Klägerin war zu keiner Zeit von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit, noch bestanden langjährige versicherungsfreie Zeiten. Ihre berufliche Vita weist sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen oder den Bezug von Arbeitslosengeld, lediglich unterbrochen durch Zeiten der beruflichen Fortbildung, aus.
Für die seit dem 1. Dezember 1999 bestehende Lebensversicherung bei der H-M Versicherungs-AG ergab sich ein Rückkaufswert von 1.440,14 EUR bei bis zum 1. Juni 2007 gezahlten Prämien von 2.583,78 EUR (Bl. 11, 30 VA). Diese Versicherung enthält einen Risikoanteil und sieht bereits mit Versicherungsbeginn eine Todesfallleistung in Höhe von rund 15.000,00 EUR vor. Die zum 1. Dezember 2029 zu zahlende Ablaufleistung im Erlebensfall wurde mit 15.139,00 EUR (Stand 12/2006) angegeben. Bei der am 1. August 1997 abgeschlossenen privaten Rentenversicherung bei der B Lebensversicherung AG (Bl. 13, 28 VA) standen zum 15. Mai 2007 geleistete Prämien in Höhe von 7.911,77 EUR einem Rückkaufswert in Höhe von 6.493,00 EUR zuzüglich 96,50 EUR Gewinnbeteiligung gegenüber. Die Versicherung sah im Erlebensfalle zum 1. August 2024 wahlweise eine garantierte monatliche Rentenzahlung von 169,41 EUR oder eine Kapitalabfindung in Höhe von 37.064,00 EUR vor. In verschiedenen unverbindlichen Proberechnungen unter Zugrundelegung verschiedener Verzinsungen und Berücksichtigung nicht garantierter Überschussanteile errechnete die Versicherungsgesellschaft eine Rente von 222,94 EUR, 229,60 EUR bzw. 292,45 EUR oder eine Kapitalabfindung in Höhe von 48,774,96 EUR, 50.230,49 EUR bzw. 56.738,33 EUR, jeweils unter der Annahme einer jährlichen Beitragsdynamisierung von 5% und ordnungsgemäßer Bedienung der Beiträge bis zum Versicherungsende. Im Falle des Todes vor Erreichung des Versicherungsendes sah die Versicherung lediglich die Auskehrung der bis zum Todeszeitpunkt eingezahlten Prämien vor. Ein Verwertungsausschluss nach § 165 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in der bis zum 31. Dezember 2007 gültigen Fassung lag für beide Versicherungen nicht vor.
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 10. Juli 2007 hob der Beklagte den Bescheid vom 12. Juni 2007 auf, lehnte jedoch zugleich die Bewilligung von Leistungen mangels Hilfebedürftigkeit erneut ab. Er ermittelte dabei einen monatlich zu deckenden Bedarf für Mai 2007 in Höhe von 462,02 EUR sowie ab Juni 2007 in Höhe von 495,00 EUR, den die Klägerin nicht aus eigenem Einkommen bestreiten könne. Angesichts der Vermögensverhältnisse sei die Klägerin jedoch nicht leistungsberechtigt, denn sie verfüge über ein Gesamtvermögen in Höhe von 11.928,67 EUR. Nach Abzug des altersabhängigen Vermögensfreibetrages von 7.050,00 EUR bestehe ein Vermögensüberhang in Höhe von 4.878,67 EUR. Unter Berücksichtigung von selbst zu tragenden Krankenversicherungsbei...