rechtskräftig: nein

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Rahmenverträge. Abgabepreis. Marktpreis

 

Leitsatz (amtlich)

Blutzuckerstreifen sind Arzneimittel i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG

Die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Apotheken oder pharmazeutischen Unternehmen richten sich grundsätzlich nach §§ 129 SGB V. Sind dort keine Vereinbarungen über die Preisgestaltung getroffen, sind insbesondere bei Fremdkassen gemäß § 69 Abs. 3 SGB V die Regelungen des BGB heranzuziehen.

Zwischen der Krankenkasse und dem Leistungserbringer bestehen zivilrechtliche vertragliche Beziehungen.

Mangels einer Preisvereinbarung ist der marktübliche Preis zu vergüten.

 

Normenkette

SGB V § 69; BGB a.F. §§ 433, 453; BGB §§ 154, 315-316

 

Verfahrensgang

SG Kiel (Urteil vom 09.01.2003; Aktenzeichen 1 KR 81/01)

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 27.07.2005; Aktenzeichen B 3 KR 21/05 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 9. Januar 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung der Klägerin für Diabetiker-Teststreifen.

Die Klägerin vertreibt Diagnostika für den Diabetikerbedarf. Sie hatte ihren Sitz in N.. Mit den Krankenkassen des Landes Schleswig-Holstein verbindet sie – abgesehen von einer Ersatzkasse – keine vertragliche Vereinbarung über die Preisgestaltung der Lieferungen. Sie lieferte an in Hessen wohnhafte Versicherte der Beklagten, die ebenfalls ihren Sitz in Hessen hat, Diabetiker-Teststreifen. Hierüber erstellte sie Rechnungen vom 6. und 13. Dezember 2000 sowie 15. und 22. Januar und 5. Februar 2001 in Höhe von insgesamt 1.774,80 DM (entsprechend 907,44 EUR). Die Beklagte kürzte die Rechnungen um insgesamt 122,80 DM (entsprechend 62,79 EUR). Hierbei orientierte sie sich an den Preisen, die sie mit dem Hessischen Apothekerverband abgeschlossen hatte. Nach Aufforderung der Klägerin, auch den Restbetrag zu zahlen, erklärte sich die Beklagte bereit, sich einem zwischen der Klägerin und der örtlichen AOK in Schleswig-Holstein abgeschlossenen Liefervertrag anzuschließen. Sie führte aus, solange sie keinerlei Kenntnisse über die vertragliche Situation der Klägerin habe, werde sie die hessischen Preise zu Grunde legen.

Mit ihrer beim Sozialgericht Kiel erhobenen Feststellungsklage hat die Klägerin ihre Restforderung in Höhe von 122,80 DM weiter verfolgt. Sie hat ausgeführt, die Beklagte habe für die Rechnungskürzung keine vertragliche Grundlage. Für sie – die Klägerin – sei die Vereinbarung zwischen dem Hessischen Apothekerverband und der Beklagten nicht verbindlich. Mangels einer vertraglichen Preisvereinbarung gelte der übliche Preis als vereinbart. Die Beklagte könne nicht den zwischen ihr und einem dritten Leistungserbringer ausgehandelten Preis als üblich zu Grunde legen. Festbeträge gebe es für Diabetiker-Teststreifen nicht. Diese seien keine Hilfsmittel, sondern Arzneimittel. Auch unter dem Wirtschaftlichkeitsgebot seien die Lieferpreise mehrerer Anbieter in Hessen unmaßgeblich.

Die Beklagte hat ausgeführt, die zwischen ihr und dem Hessischen Apothekerverband ausgehandelten Preise entsprächen dem Wirtschaftlichkeitsgebot, sie seien daher auch gegenüber der Klägerin sachgerecht. Eine Preisvereinbarung zwischen ihr und der Klägerin gebe es nicht, daher gelte der übliche Preis als vereinbart. Dies folge aus den zivilrechtlichen Bestimmungen, die auf das Verhältnis zwischen ihr und der Klägerin anzuwenden seien. Es obliege der Klägerin, den üblichen und damit maßgeblichen Preis darzulegen und als solchen zu beweisen. Insbesondere habe die Klägerin nichts dafür dargelegt, was unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots einen höheren als den mit dem Hessischen Apothekerverband ausgehandelten Preis rechtfertige.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 9. Januar 2003 die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klage sei nicht begründet. Denn zwischen den Beteiligten bestehe kein Rechtsverhältnis, auf Grund dessen die Beklagte die geforderten höheren Preise akzeptieren müsse. Entsprechende vertragliche Ansprüche beständen zwischen den Beteiligten nicht. Die Klägerin habe auch kein einseitiges Bestimmungsrecht über die Preise. Das Gesetz gehe von der Vorstellung aus, dass Vertragspartner, die den Umfang der geschuldeten Gegenleistung nicht vertraglich festlegten, bei Vertragsschluss im allgemeinen mit einem entsprechenden Bestimmungsrecht des Gläubigers einverstanden seien. Wenn es dem mutmaßlichen Willen beider Beteiligter nicht entspreche, sei die Auslegungsregelung des § 316 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht anwendbar. Regelmäßig würden die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenversicherungsträgern und den Leistungserbringern über die Inhalte und Vergütungen der Leistungen vertraglich festgelegt. Mangels einer vertraglichen Vereinbarung seien regelmäßig gerichtlich überprüfbare Entscheidungen des Schiedsamts oder einer Schiedsstelle zu erwirken. Dieses Verfahr...

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