Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Leistungsdauer des Krankengeldes. Dreijahreszeitraum. Hinzugetretene Krankheit. Höchstbezugsdauer. Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit. Depression

 

Leitsatz (amtlich)

Das Hinzutreten einer Erkrankung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB V erfordert nicht, dass die weitere Krankheit für sich oder nur zusammen mit der ersten Erkrankung Arbeitsunfähigkeit verursacht.

 

Normenkette

SGB V § 48 Abs. 1

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 4. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch in der Berufungsinstanz nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Krankengeldzahlungen für die Zeit vom 13. März bis 12. August 2005.

Der 1947 geborene Kläger ist selbstständiger Kurierfahrer und bei der Beklagten freiwillig krankenversichert. Wegen einer Rhizarthrose (Form einer Fingerarthrose) wurde in den Zeiträumen 10. April bis 24. August 2003, 19. Dezember 2003 bis 16. Januar 2004 und vom 27. Februar 2004 bis 12. März 2005 eine Arbeitsunfähigkeit zunächst durch die Gemeinschaftspraxis Dres. K. und anschließend durch den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. F. bescheinigt. Der Kläger erhielt Krankengeld von der Beklagten. Im März/April 2004 wurde eine Operation dieser Erkrankung geplant, wegen der im Rahmen der präoperativen Diagnostik festgestellten Hepatitis C-Erkrankung jedoch verschoben. Die Hepatitis wurde bis März 2005 mit Interferon und Ribaverin behandelt. Im Oktober 2004 bescheinigte der Internist Dr. B. dem Kläger noch eine Arbeitsunfähigkeit wegen chronischer Hepatitis C ohne absehbaren Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit. Davor hatten noch in Arztanfragen Dres. F. und B. Arbeitsunfähigkeit bestätigt, letzterer wegen der Hepatitis, ersterer wegen der Rhizarthrose. Im September 2004 hatte der Sozialmediziner Dr. O. für den MDK Hamburg Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Auf dem Zahlschein vom 2. November 2004 bestätigte Dr. F. letztmalig das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit ohne Endzeitpunkt.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass Krankengeld für Tage der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit innerhalb von drei Jahren längstens für 78 Wochen gezahlt werde und dieser Zeitraum am 12. März 2005 (Samstag) ende.

Am 15. März 2005 bescheinigte der Psychiater E. T. auf dem Zahlschein Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres wegen F 32.9 (depressive Episode). Mit Schreiben vom 21. März 2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass Krankengeld bis zum Leistungsablauf am 12. März 2005 gezahlt worden sei.

Am 10. April 2005 meldete sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers bei der Beklagten unter Vorlage einer Bescheinigung von Dr. F. darüber, dass der Kläger ab 1. März 2005 wegen einer reaktiven Depression arbeitsunfähig sei. Mit Bescheid vom 12. April 2005 wies die Beklagte darauf hin, dass ein Hinzutreten einer weiteren Krankheit während der Arbeitsunfähigkeit die Leistungsdauer nicht verlängere. Die reaktive Depression sei zu den bestehenden Krankheiten hinzugetreten. Damit verbleibe es bei dem Leistungsende nach Ablauf von 78 Wochen am 12. März 2005. In seiner ärztlichen Bescheinigung vom 29. April 2005 bestätigte Dr. F., dass die neue Arbeitsunfähigkeit durch reaktive Depression ab 1. März 2005 bestehe, durch Dr. T. attestiert sei, und die Arbeitsunfähigkeit, bedingt durch die Rhizarthrose, am 28. Februar 2005 geendet habe. Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin vom MDK sozialmedizinisch begutachten. In seinem Gutachten vom 4. Juli 2005 kam der Arbeits- und Sozialmediziner Dr. A. unter Bezugnahme auf die Zahlscheine von Dr. F. vom 25. Januar und 1. März 2005 zu dem Ergebnis, dass medizinisch von einem überlappenden Arbeitsunfähigkeitszeitraum ab Ende Februar 2005 für die Hepatitis/Rhizarthrose und die Depression auszugehen sei. Dieses Ergebnis teilte die Beklagte dem Kläger im Juli 2005 mit und verweigerte weiterhin eine längere Krankengeldzahlung. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch unter Hinweis auf die Bescheinigung von Dr. F. vom 29. April 2005 ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Der Kläger hat am 30. September 2005 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben.

Das Sozialgericht hat einen Befundbericht von dem Psychiater T. eingeholt, in dem dieser Behandlungen des Klägers am 1. März und 25. Juli 2005 bestätigt hat. Im Anschluss daran hat es von dem Neurologen, Psychiater und Psychotherapeuten Dr. F. ein psychiatrisches Gutachten eingeholt. Dazu hat der Kläger vorgetragen, dieses stehe seinem Anspruch nicht entgegen. Dr. F. und der Psychiater T. hätten ihm bescheinigt, dass die Arbeitsunfähigkeit wegen der Rhizarthrose am 28. Februar 2005 geendet und am 1. März 2005 die neue Arbeitsunfähigkeit wegen der reaktiven Depression begonnen habe. Diesen Ablauf habe die Beklagte nicht widerlegen können. Das Gutachten von Dr. F. arbeite lediglich ...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge