Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer zulässigen Schätzung der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte bei dessen Verletzung der Aufzeichnungspflicht zur Ermittlung der Höhe nachzuentrichtender Gesamtsozialversicherungsbeiträge
Orientierungssatz
1. Kann die Höhe der Beitragspflicht aufgrund der fehlenden Dokumentation des Arbeitgebers nicht und auch nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden, so ist der Rentenversicherungsträger nach § 28f Abs. 2 SGB 4 berechtigt, die Höhe der Arbeitsentgelte zu schätzen.
2. Dabei hat sich der prüfende Rentenversicherungsträger an den vorhandenen Belegen über die tatsächlich entrichteten Entgelte zu orientieren.
3. Die Hochrechnung der vom Rentenversicherungsträger ermittelten Nettolöhne hat anhand des jeweils geltenden Nettosteuersatzes zu erfolgen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers zu 2. gegen das Urteil des Sozialgerichts
Itzehoe vom 14. Juli 2016 wird zurückgewiesen.
Der Kläger zu 2. trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 13.970,05 Euro
festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger zu 2) wendet sich gegen die Höhe der von ihm geforderten nachzuentrichtenden Sozialversicherungsbeiträge aus dem von ihm und dem Kläger zu 1) geführten Taxiunternehmen.
Die Kläger führten das Taxiunternehmen in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im Zeitraum vom 15. September 1999 bis zum 15. Juli 2002.
Der Beigeladene zu 4) ist der Vater des Klägers zu 2). Er wurde von den Klägern als geringfügig Beschäftigter mit einem monatlichen Lohn von 420 DM angemeldet. Tatsächlich erhielt er jedoch kein festes Gehalt, sondern behielt 40 % des Umsatzes pro Schicht ein. Er erhielt seinerzeit eine Betriebsrente, zu der er ohne Abzüge lediglich 420 DM dazu verdienen konnte. Aufgrund der Ermittlungsergebnisse im vorliegenden Verfahren, musste er insgesamt 15.857,45 € an Betriebsrente zurückzahlen.
Der im Verfahren L 5 KR 149/16 Beigeladene B… war vom 15. September 1999 bis zum 31. August 2001 als Fahrer für die Kläger tätig. Er erhielt einen festen Monatslohn. Kam er mit dem Gesamtumsatz im Monat über einen Betrag von 5.500 DM, behielt er zusätzlich 40 % vom Umsatz ein. Ein Teil seines Lohns wurde im Zeitraum vom 15. September 1999 bis zum 15. August 2000 durch die Beigeladene zu 3) im Rahmen einer Arbeitsförderungsmaßnahme für junge Arbeitslose gezahlt. Im Zeitraum vom 1. September 2001 bis zum 15. Juli 2002 war der Beigeladene B… als geringfügig Beschäftigter gemeldet.
Der im Verfahren L 5 KR 22/17 Beigeladene Ba… war als Student Aushilfsfahrer vor allem in den Semesterferien. Er wurde von den Klägern als geringfügig Beschäftigter angemeldet.
Ebenso war der im Verfahren L 5 KR 23/17 Beigeladene S… aushilfsweise als Fahrer bei den Klägern beschäftigt und ab dem 1. Juli 2000 als geringfügig Beschäftigter gemeldet.
Der im Verfahren L 5 KR 24/17 Beigeladene K… war vom 1. April 2000 bis zum 15. Oktober 2001 als Aushilfsfahrer bei den Klägern beschäftigt. Auch er war als geringfügig Beschäftigter gemeldet.
Diese Aushilfsfahrer erhielten jeweils kein festes Gehalt, sondern behielten am Ende jeder Schicht 40 % des Umsatzes ein. Nach den Angaben des Beigeladenen K… waren dies in seinem Fall ca. 200 DM pro Schicht, gegebenenfalls auch mal weniger.
Aufgrund einer Betriebsprüfung ermittelte das Hauptzollamt I… wegen des Verdachts von Schwarzarbeit des Beigeladenen zu 4) und weiterer für die Kläger tätiger Fahrer im Zeitraum vom 15. September 1999 bis zum 15. Juli 2002.
Nach Abschluss der Ermittlungen und nach erfolgter Anhörung der Kläger stellte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Januar 2005 Beitragsforderungen zur Sozialversicherung für den Zeitraum vom 1. September 1999 bis zum 30. Juni 2002 zuzüglich Säumniszuschlägen in einer Gesamthöhe von 56.156,44 € fest. Zur Begründung führte sie aus, dass die vom Hauptzollamt I… zur Verfügung gestellten Unterlagen zu dem Ergebnis geführt hätten, dass die bei den Klägern beschäftigten Fahrer nicht lediglich geringfügig, sondern versicherungspflichtig bei ihnen beschäftigt gewesen seien. Die Kläger hätten ihre Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt. Die Höhe der Versicherungsbeiträge habe anhand der Lohnunterlagen nicht festgestellt werden können und sei daher geschätzt worden. Die geschätzten Umsätze seien entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zuzüglich der zu zahlenden Lohnsteuer berechnet worden.
Dagegen legten die Kläger am 31. Januar 2005 Widerspruch ein.
Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens senkte die Beklagte mit Bescheid vom 18. Dezember 2007 die Beitragsforderung auf 53.573,95 € ab, indem sie die im Rahmen der gemeldeten geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse abgeführten Pauschalbeträge gegenrechnete.
Das parallel geführte Strafverfahren endete für beide Kläger am 28. September 2007 mit einer Einstellung des Verfahrens nach § 153a Str...