Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Beitragsbemessung freiwillig versicherter Mitglieder bei Bezug von Geldleistungen zur Erziehung eines Pflegekindes

 

Leitsatz (amtlich)

Der im Pflegegeld enthaltene Erziehungsbeitrag ist als beitragspflichtiges Einkommen in voller Höhe bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen.

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung der Klägerin wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 24. November 2010 geändert.

Die Klage wird vollumfänglich abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten der Klägerin hat die Beklagte für beide Instanzen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung ab 1. Januar 2010.

Die 1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten freiwillig kranken- und pflegeversichert. Im Dezember 2009 erklärte die Klägerin anlässlich der turnusmäßigen Einkommensüberprüfung, dass ihr privat versicherter Ehegatte als Soldat über ein Jahreseinkommen von 49.746,00 EUR verfüge. Sie selbst erhalte ein monatliches Pflegegeld in Höhe von 679,25 EUR vom Jugendamt für die Aufnahme des am 30. Juli 2002 geborenen Pflegekindes L. H. in ihrem Haushalt. Das Pflegegeld beinhalte einen Erziehungsbeitrag von 247,00 EUR.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2010 setzte die Beklagte die monatlichen Beiträge für die Krankenversicherung auf 240,99 EUR und für die Pflegeversicherung auf 32,86 EUR fest. Bei der Beitragsbemessung ging die Beklagte von einem monatlichen Gesamteinkommen der Ehegatten von 4.392,53 EUR (Einkommen Ehemann = 4.145,53 EUR, Erziehungsbeitrag = 247,00 EUR) abzüglich einer Beitragsminderung für zwei leibliche Kinder in Höhe von 1.022,00 EUR aus. Aufgrund der einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder legte sie für die Beitragsberechnung die Hälfte des monatlichen Gesamteinkommens (= 1.685,26 EUR) zugrunde. Mit ihrem Widerspruch vom 22. Februar 2010 machte die Klägerin geltend, der Erziehungsbeitrag gehöre nicht zu den beitragspflichtigen Einnahmen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 2010 zurück. Zur Begründung führte sie aus, für freiwillige Mitglieder werde die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) geregelt. Dabei sei sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtige. Nach den einheitlichen Grundsätzen des GKV-Spitzenverbandes seien die Erziehungsbeiträge, die bei Aufnahme eines Pflegekindes entweder als Teil des Pflegegeldes oder zusätzlich gewährt würden, als beitragspflichtige Einnahmen anzusehen, da diese Leistungen für den eigenen Lebensunterhalt der Pflegeperson verwendbar seien.

Die Klägerin hat am 19. August 2010 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben. Sie hat geltend gemacht, der Erziehungsbeitrag diene ausschließlich der Erziehung des Pflegekindes. Die Klägerin hat ihre Rechtsauffassung auf den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 7. September 2009 - L 24 KR 123/09 B ER - und die im Internet recherchierten Stellungnahmen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 26. August 2004 und des Ministeriums für Justiz, Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein vom 11. November 2004 gestützt.

Sie hat vorgebraucht, der Erziehungsbeitrag werde von ihr ausschließlich zweckgebunden für L. eingesetzt. Sie bestreite hiervon die sportliche, musische und soziale Förderung des Pflegekindes und verwende den Betrag zudem für Besuchsfahrten zu L. Verwandten, familiäre Unternehmungen und Fahrten zu Fachärzten. Hierfür wende sie im Durchschnitt monatlich insgesamt 230,24 EUR auf.

Die Klägerin hat nach Annahme des Sozialgerichts sinngemäß beantragt,

den Bescheid vom 20. Januar 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 2010 insoweit aufzuheben, als Beiträge in Höhe von mehr als 223,33 EUR in der Krankenversicherung und mehr als 30,45 EUR in der Pflegeversicherung festgesetzt werden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.

Das Sozialgericht hat im Einverständnis mit den Beteiligten der Klage ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Urteil vom 24. November 2010 teilweise stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtswidrig, soweit ein höherer Beitrag für die Krankenversicherung als 234,63 EUR und für die Pflegeversicherung als 31,99 EUR festgesetzt worden sei. In Höhe von 90,00 EUR monatlich diene der Erziehungsbeitrag materiellen Aufwendungen für das Pflegekind. Deshalb dürfe dieser Betrag bei der Beitragsbemessung nicht als beitragspflichtiges Einkommen der Pflegeeltern zugrunde gelegt werden. Im Übrigen stelle der Erziehungsbeitrag jedoch eine Honorierung der Pflege und Erziehungsleistung dar und sei bei d...

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