Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. höherer Punktwert (hier: 10 Pf). zeitabhängige Leistungen der sogenannten großen Psychotherapie. Berechnung der Umsatzentwicklung
Orientierungssatz
1. Eine höhere Honorierung der zeitabhängigen Leistungen der sogenannten großen Psychotherapie kann nur für den Fall anerkannt werden, dass ein Vertragsarzt (mindestens) 90 % seiner Gesamtleistungen in diesem Bereich erbracht hat (vgl BSG vom 26.1.2000 - B 6 KA 4/99 R = SozR 3-2500 § 85 Nr 35).
2. Abrechnungsergebnisse eines einzelnen Quartals können auf Zufälligkeiten beruhen und damit keinen verlässlichen Aufschluss über die Entwicklung der vertragsärztlichen Umsätze einzelner Arztgruppen über einen längeren Zeitraum hinweg geben. Jedenfalls müssen, auch soweit lediglich über ein Quartal zu entscheiden ist, die Abrechnungsergebnisse sowohl der betroffenen Ärzte wie der übrigen Arztgruppen über einen längeren Zeitraum hinweg in die Beurteilung einbezogen werden (vgl BSG vom 20.1.1999 - B 6 KA 46/97 R = BSGE 83, 205 = SozR 3-2500 § 85 Nr 29).
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 12. Juni 1996 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat der Beklagten auch die außergerichtlichen Kosten der Berufungs- und Revisionsinstanz zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Vergütung für psychotherapeutische Leistungen.
Die Klägerin ist seit 1984 in Bad B niedergelassen. Sie arbeitete zunächst ermächtigt im Bereich der Psychotherapie. In Widersprüchen wandte sie sich gegen die Honorarbescheide der Beklagten für die Quartale III/93 und IV/93 sowie II/94 und III/94, wobei im Laufe des Revisionsverfahren nur noch die Honoraransprüche für die Behandlung von Versicherten der Primärkassen im Streit sind. Die Punktwerte lagen hier bei unter 9 Pfennigen. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Quartale war die Klägerin als praktische Ärztin mit der Zusatzbezeichnung Psychotherapie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Zur Begründung ihrer Widersprüche führte die Klägerin aus: Der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten trage den Besonderheiten der psychotherapeutischen Tätigkeit, auf die sie sich spezialisiert habe, nicht ausreichend Rechnung. Psychotherapeuten erbrächten ganz überwiegend zuwendungsintensive, nicht vermehrbare Leistungen mit festen Zeitvorgaben; dies gelte vor allem für die Leistungen nach den Nummern 865, 875 und 877 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM). Da diese Leistungen im EBM mit einer zu geringen Punktzahl berücksichtigt würden und die Beklagte den angeführten Besonderheiten nicht durch eine Sonderregelung für die Psychotherapeuten in ihrem HVM Rechnung trage, stünden die psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychotherapeuten am unteren Ende der ärztlichen Einkommensskala. Darin liege ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot und das gesetzliche Gebot einer angemessenen Vergütung ärztlicher Leistungen. Mit Widerspruchsbescheid vom 18. April 1995 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 17. Mai 1995 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben und vorgetragen, zwar erhielte sie für die oben angeführten Nummern des EBM seit 1996 eine höhere Punktzahl. Damit sei aber nicht alles im Lot im Hinblick auf die bisherige Benachteiligung und den drastischen Punktwertabfall seit 1996.
Die Klägerin hat beantragt,
die Honorarbescheide der Beklagten III/93, IV/93, II/94 und III/94 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18. April 1995 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, sie auf der Grundlage einer noch zu schaffenden Honorarverteilungsregelung bezüglich ihrer Honoraransprüche neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 12. Juni 1996 die Klage abgewiesen und ausgeführt, in der Bindung der Vergütung an einen Zeittakt liege kein Verstoß gegen die Gleichbehandlung, da auch bei anderen Nummern eine solche Verknüpfung eingearbeitet worden sei. Von einer Atypik könne daher nicht ausgegangen werden. Ein Verstoß gegen das Gebot der angemessenen Vergütung liege ebenfalls nicht vor. Hierbei handele es sich um eine objektiv-rechtliche Vorschrift, die nur in Ausnahmefällen in ein subjektives Recht umschlagen könne. Ein solcher liege hier jedoch nicht vor, da dessen Voraussetzung, die Gefährdung der kassenärztlichen Versorgung durch die zu niedrige Vergütung, fehle. Zu berücksichtigen sei auch der sehr geringe Kostenfaktor der Psychotherapeuten.
Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht mit Urteil vom 15. September 1998 -- L 6 KA 12/98 --) zurückgewiesen. Auf die Revision der Klägerin hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil hinsichtlich der Höhe des Honoraranspruchs der Klägerin für die Behandlung von Versicherten der Primärkassen aufgehoben und den Rechtsstreit insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen (Urteil vom...