Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattungsanspruch. Beschaffungsweg. keine Begleichung einer Pauschale

 

Orientierungssatz

1. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 S 1 Alt 2 SGB 5 besteht nicht, wenn der Versicherte schon vor der Bescheiderteilung der Krankenkasse zu der in Streit stehenden Behandlung (hier: Protonentherapie) fest entschlossen war (vgl LSG Essen vom 22.11.2012 - L 5 KR 588/11 und LSG Berlin-Brandenburg vom 8.4.2004 - L 9 KR 51/02). Dass die Behandlung mit der Diagnostik erst nach der Bescheiderteilung begann, ist insoweit unerheblich.

2. Im Wege der Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB 5 kann nicht die Begleichung einer Pauschale verlangt werden, die die Krankenkasse nicht selbst vereinbart hat und deren Berechtigung sie in keiner Weise nachprüfen kann. Daran würde auch die nachträgliche Vorlage einer Rechnung nach den Bestimmungen der GOÄ (juris: GOÄ 1982) nichts ändern.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 08.09.2015; Aktenzeichen B 1 KR 14/14 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck

vom 18. September 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht

zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist der Erstattungsanspruch des Klägers für eine Protonentherapie.

Der 1950 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Kläger leidet unter einem metastasierenden Nierentumor links. Nach der Erstdiagnose im Mai 2003 wurde die linke Niere im Juni 2003 entfernt. In den darauffolgenden Jahren musste sich der Kläger einer Reihe von weiteren Operationen unterziehen. Im Juli 2010 wurden Metastasen in der Nähe des Herzens festgestellt.

Am 11. Januar 2011 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er am 10. Januar 2011 beim R _____ P _______ T _______ C __________ (RPTC) in M eine Anfrage auf Behandlung seiner Krebserkrankung gestellt habe. Nach Erhalt einer Zusage und der Mitteilung über die zu erwartenden Kosten werde er einen entsprechenden Antrag stellen.

Am 2. Februar 2011 übersandte der Kläger den Kostenvoranschlag der Chirurgischen Klinik Dr. R vom 1. Februar 2011 über einen Rechnungsbetrag von 18.978,45 EUR. Dieser enthielt den Hinweis:

“In der Rechnung werden die diagnostischen Leistungen und alle erforderlichen Bestrahlungssitzungen der Protonenbestrahlung sowie die erbrachten ärztlichen Leistungen inklusive aller Sachkosten mit einer Pauschale von 18.978,45 € angesetzt. Bitte leisten Sie bis 1 Woche vor Ihrem Eintreffen in das RPTC, also bis 1 Woche vor dem Beginn von Diagnostik und Therapie, eine Vorauszahlung in der veranschlagten Höhe durch rechtzeitige Überweisung mit Angabe Ihres Namens und der o. g. Nr. des Kostenvoranschlages auf das Konto: …„.

In einem Begleitschreiben vom 20. Januar 2011 teilte die Fachärztin für Strahlentherapie Dr. Ra mit, mittels der Protonentherapie zur Verfügung stehenden Scanning-Verfahren sei es möglich, eine hohe Dosis im Tumor einzustrahlen bei optimaler Schonung des umliegenden Gewebes, das nur ein Sechstel der Strahlendosis erhalte. Dadurch könne im Bereich des strahlensensiblen Mediastinums sowie des Herzens eine größtmögliche Schonung der gesunden Strukturen erreicht werden.

Daraufhin beauftragte die Beklagte den MDK Bayern mit der Erstellung eines Gutachtens. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 8. Februar 2011 (Dr. G S) fest, dass die Voraussetzung für die Anwendung dieser neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht erfüllt würden und andere Maßnahmen erforderlich seien. Zum einen wird ausgeführt, dass bei dem Kläger die gesehenen Metastasen im Prinzip, da kein Verbot nach § 137c Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) vorliege, unter stationären Bedingungen mit Protonen bestrahlt und die Therapie über das derzeit gültige G-DRG-System abgerechnet werden könnten. Andererseits führt der Gutachter aus, dass eine Kostenübernahme aus gutachterlicher Sicht für die Protonentherapie am RPTC nicht empfohlen werden könne. Vielmehr sei die Vorstellung an einer universitären Einrichtung, wo im Rahmen einer interdisziplinären Tumorkonferenz ein adäquates Behandlungskonzept festgelegt und bei gegebenenfalls bestehender Inoperabilität von strahlentherapeutischer Seite beurteilt werden könne, ob eine Bestrahlung mit Photonen bei vertretbarer Toxizität durchführbar sei. Die bei dem Kläger erforderliche Strahlentherapie könne z. B. wohnortnah am U-klinikum H-E durchgeführt werden.

Mit Bescheid vom 11. Februar 2011 lehnte die Beklagte die beantragte Kostenübernahme für die Protonentherapie ab und verwies auf das Gutachten des MDK vom 8. Februar 2011.

Bereits am 8. Februar 2011 hatte der Kläger für den 16. Februar 2011 einen Flug nach M gebucht und diesen am 10. Februar 2011 durch Überweisung von seinem Konto bezahlt.

Gegen den Bescheid vom 11. Februar 2011 legte der Kläger am 14. Februar 2011 Widerspruch ein. Er machte geltend, dass nach dem MDK-Gutachten kein Verbot nach § 137c SGB V bestehe und die vom MDK empfohlene Photonentherapie bereits eingehend geprü...

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