Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstbeschädigungsausgleich für ehemaligen Zeitsoldaten der Nationalen Volksarmee. Operator/Funkmesstechniker. Dienstbeschädigungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Hinterbliebenenversorgung für die Angehörigen der ehemaligen Mitglieder des Sonderversorgungssystems der NVA ist im Rahmen der Rentenversicherung nur gegeben, wenn der Verstorbene Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsvoll- oder -teilrente hatte, nicht aber, wenn nur ein Anspruch auf einen Dienstbeschädigungsausgleich bestand. Die Rechtslage ist nicht verfassungswidrig.

 

Orientierungssatz

Zum Leitsatz: Anschluss an BSG vom 18.6.1996 - 9 RV 13/95 = SozR 3-8110 Kap XIX B III Nr 5 Nr 1.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 29. November 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung geltend.

Die Klägerin ist als Ehefrau Sonderrechtsnachfolgerin des am 1962 geborenen und im Juli 2007 verstorbenen Dr. E... Der Verstorbene leistete vom 5. November 1980 bis zum 31. Oktober 1983 als Unteroffizier auf Zeit Wehrdienst in der Nationalen Volksarmee (NVA). Er war von April 1981 bis Oktober 1983 als Operator/Funkmesstechniker an Radarstationen des Typs P-40/1S12 tätig. Eine Bewertung der Arbeitsplatzverhältnisse nach den Kriterien des Berichtes der Radarkommission vom 5. November 2004 ergab an den Senderöhren des Gerätetyps eine Betriebsspannung von 12 bis 49 KV und den Austritt ionisierender Strahlungen bei Expositionen an Händen, Oberkörper und Kopf. Dr. E... war eigenen Angaben zufolge den Expositionen insbesondere bei den Antennenjustierungen und bei Notreparaturen im Rahmen von Instandsetzungen ausgesetzt. Er erkrankte an einem Glioblastom des Grades IV-WHO. Die Erkrankung trat ausweislich der Akten am 23. November 2006 als epileptischer Grand Mal-Anfall zutage. Der Tumor wurde am 10. Januar 2007 operiert. Dr. E... beantragte am 24. Januar 2007 bei der Unfallkasse des Bundes die Anerkennung einer Berufskrankheit. Die Unfallkasse holte Befundunterlagen des praktischen Arztes R... vom 11. Mai 2007 nebst Unterlagen ein und ermittelte die Strahlenexposition am Arbeitsplatz in der NVA. Anschließend gab sie den Vorgang zuständigkeitshalber an die Beklagte ab. Nach dem Tod ihres Ehemannes beantragte die Klägerin am 12. September 2007 Entschädigungsleistungen. Mit Bescheid vom 7. Mai 2008 erkannte die Beklagte ein Glioblastom WHO-Grad IV als Dienstbeschädigung (Db) an, setzte die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE; jetzt Grad der Schädigungsfolgen - GdS) für die Zeit vom 10. Januar bis 24. Juli 2007 auf 100 fest und gewährte für die Zeit ab 1. Januar 2007 einen Dienstbeschädigungsausgleich (DbA) in Höhe von monatlich 547,00 EUR. Der Nachzahlungsbetrag für die Monate Januar bis Juli 2007 betrug 3.832,00 EUR.

Mit ihrem Widerspruch vom 4. Juli 2008 begehrte die Klägerin eine Hinterbliebenenversorgung. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2008 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, für eine Hinterbliebenenrente bestehe im Rahmen des DbA keine Rechtsgrundlage. § 1 Abs. 1 des Gesetzes über einen Ausgleich für Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet (Dienstbeschädigungsausgleichsgesetz - DbAG) vom 11. November 1996 regele einen Dienstbeschädigungsausgleich nur für Personen, die nach dem Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Zusatz- und Versorgungssystemen (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG) einen Anspruch auf eine Dienstbeschädigungsrente als Voll- oder Teilrente hätten. Die Regelung über den Dienstbeschädigungsausgleich stelle eine Anlehnung an das Beamten- und Soldatenrecht dar, jedoch seien die Regelungen des Soldatenversorgungsgesetzes (SVG) und des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) nicht übernommen worden. Vielmehr stelle das DbAG eine eigenständige Regelung dar. § 1 DbAG berücksichtige nur die Geschädigten, nicht jedoch deren Hinterbliebene. Hinterbliebenenansprüche und -anwartschaften der Versorgungsordnung der NVA seien nach § 2 Abs. 2 Satz 1 AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung überführt worden. § 1 DbAG stelle ein abschließendes Rechtssystem dar.

Gegen die Entscheidung hat die Klägerin am 20. Januar 2009 beim Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben und eine Verfassungswidrigkeit der Regelung geltend gemacht. Die Übertragung der Ansprüche und Anwartschaften aus den Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 AAÜG verstoße gegen das Gebot zum Schutz des Eigentums, weil dadurch Rechtspositionen, nämlich der Anspruch auf eine Hinterbliebenenversorgung, wegfielen. Die Übertragung der Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung stelle keine vollständige Kompensation der früheren Ansprüche dar, weil ihr verstorbener Ehemann ohnehin Ansprüche im Ra...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge