Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. abgesenkter Freibetrag für das Beitrittsgebiet. Rückwirkung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Die nach § 2 Abs 1 S 1 DbAG (juris: AusglBGG) iVm § 84a S 1 BVG jeweils idF vom 19.6.2006 durchgeführte Absenkung der monatlichen Leistungsansprüche gegenüber den in § 31 BVG genannten Beträgen ist recht- und verfassungsmäßig.
2. Entgegen der Auffassung des 4. Senats des BSG vom 7.7.2005 - B 4 RA 58/04 R = SozR 4-8855 § 2 Nr 2 und B 4 RA 61/04 R sowie vom 20.12.2005 - B 4 RA 27/05 R = BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7 - sieht der Senat in der Regelung keinen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Gebot der Normenklarheit und Justiziabilität. Insofern schließt sich der Senat der Auffassung des BSG vom 13.11.2008 - B 13 R 129/08 R = BSGE 102, 36 = SozR 4-2600 § 93 Nr 12, vom 16.12.2004 - B 9 VG 1/03 R - SozR 4-3800 § 10a Nr 1, vom 12.6.2003 - B 9 V 7/02 R und B 9 V 5/02 R = SozR 4-3100 § 84a Nr 2 - an.
3. Entgegen der von dem 4. Senat des BSG in den Vorlagebeschlüssen vom 5.6.2007 - B 4 RS 1/07 R, B 4 RS 5/07 R, B 4 RS 21/07 R und B 4 RS 22/07 R; vgl auch Beschluss des 5. Senats vom 7.9.2010 - B 5 RS 15/09 R, mit dem er auch angesichts des Urteils des 13. Senats vom 13.11.2008 - B 13 R 129/08 R aaO - an den Beschlüssen festhielt, geäußerten Ansicht vermag der Senat auch keine verfassungsrechtlich zu beanstandende Rückwirkung zu erkennen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Lübeck vom 3. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger - unbefristet - Anspruch auf höheren Dienstbeschädigungsausgleich (DBA) bzw. auf Unfallrente/Dienstbeschädigungsvollrente der DDR oder Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) hat.
Der 1948 geborene Kläger leistete als Soldat auf Zeit von Mai 1968 bis April 1972 als “Stationsleiter Funkmess„ Wehrdienst bei der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR und war in der Instandsetzung von Radaranlagen eingesetzt. Im April 1999 wurde bei ihm ein Morbus Hodgkin (bösartiger Tumor des lymphatischen Systems) diagnostiziert und von Mai bis September 1999 durch Chemotherapie und Bestrahlung behandelt.
Im Juni 2001 beantragte der Kläger bei der Beklagten Beschädigtenversorgung, weil seine Tumorerkrankung auf die Strahlenbelastung während des Wehrdienstes bei der NVA zurückzuführen sei. Aktuell bestehe der Verdacht auf ein Rezidiv des Morbus Hodgkin. Beigefügt waren zahlreiche Unterlagen, u.a. die Arztbriefe des Hämatologen und Onkologen Prof. Dr. B vom 17. Januar 2001 über den bisherigen Krankheits- und Behandlungsverlauf sowie des Pathologen Prof. Dr. F vom 21. Juni 2001, aus dem sich der Verdacht auf ein Rezidiv der Erkrankung ergibt.
Die Beklagte zog weitere Unterlagen betreffend die Tätigkeit des Klägers bei der NVA sowie medizinische Unterlagen bei. Aus dem Arztbrief der Dres. Fa, Hämatologie, Internistische Onkologie und Prof. Dr. B vom 1. August 2003 ergibt sich in Zusammenfassung der bisherigen Restaging-Diagnostik folgende Feststellung:
“Histologisch konnte ein Rezidiv des Paragranuloms (Morbus Hodgkin) nicht nachgewiesen werden. Jedoch bleibt die histologisch beschriebene ausgeprägte follikuläre Hyperplasie mit progressiv transformierten Keimzentren eher hochgradig suspekt für eine Neuerkrankung im Sinne eines follikulären Non-Hodgkin-Lymphoms. Das jetzige Spiral-CT der Thoraxorgane zeigte bisher keine gesicherte Größenprogredienz„(…). Der Patient muss weiterhin beobachtet und im Falle erneuter Lymphknotenschwellungen erneut biopsiert werden. Bisher besteht keine Indikation zur Therapie. Weitere engmaschige klinische Kontrollen mit bildgebenden Verfahren und radiologische Kontrollen sind in relativ kurzen Abständen notwendig.„
Nach Eingang des Abschlussberichts der “Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der NVA„ (sog. Radarkommission) holte die Beklagte eine gutachtliche versorgungsmedizinische Stellungnahme des Arztes für Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Umweltmedizin Dr. W (4/05) ein und erkannte mit Bescheid vom 27. Mai 2005 die “Hodgkin-Krankheit im Stadium II A, mit Medikamenten und Strahlen behandelt„ als Dienstbeschädigung an; den Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) setzte sie für den Zeitraum vom 14. April 1999 bis 18. Juni 2001 mit 70 v. H. und für den Zeitraum vom 19. Juni 2001 bis 30. Juni 2006 mit 100 v. H. fest. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus: Einen Anspruch auf Dienstbeschädigungsausgleich nach § 1 Dienstbeschädigungsausgleichgesetz (DbAG) hätten vom 1. Januar 1997 an Personen, die am 31. Dezember 1996 Ansprüche auf Dienstbeschädigungsrenten aus einem der Sonderversorgungssysteme nach Anlage 2 Nr...