Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Entziehung einer Verletztenrente wegen einer anerkannten PTBS. wesentliche Änderung der Unfallfolgen. Rechtmäßigkeit. haftungsbegründende Kausalität. PTBS gem ICD-10 F43.1. Symptomatik und Verlauf einer posttraumatischen Belastungsstörung. Nachweis im Sinne der Wahrscheinlichkeit. Theorie der wesentlichen Bedingung. schwere psychische Störungen. Konkurrenzursache. Verschiebung der Wesensgrundlage. unfallunabhängige persönlichkeitsbedingte Krankheitsfehlverarbeitung. schwerer Arbeitsunfall. Schädel-Hirn-Trauma eines Kranführers
Orientierungssatz
Zur rechtmäßigen Entziehung einer Verletztenrente (anerkannte Posttraumatische Belastungsstörung) wegen der wesentlichen Änderung der Unfallfolgen im Sinne einer Verschiebung der Wesensgrundlage, die durch eine unfallunabhängige persönlichkeitsbedingte Krankheitsfehlverarbeitung wesentlich geprägt ist (Nichtmehrvorliegen einer PTBS).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Mai 2015 wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Persönlichen Budgets und über die Rechtmäßigkeit der Entziehung der dem Kläger gewährten Verletztenrente mit Wirkung ab dem 1. Juni 2013.
Der 1960 geborene Kläger erlitt im Rahmen seiner Tätigkeit als Kranführer am 28. März 2002 einen Arbeitsunfall. Er stand am Rande einer etwa drei Meter tiefen Baugrube, als plötzlich der Sand nachgab und der Kläger in die Grube stürzte. Dabei fiel ihm ein schwerer Stein auf seinen Arbeitshelm mit der Folge, dass eine kurze Bewusstlosigkeit eintrat. Er zog sich dabei ein Schädelhirntrauma sowie eine begleitende Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) zu.
Mit Bescheid vom 24. März 2005 erkannte die Beklagte das Ereignis vom 28. März 2002 als Arbeitsunfall an und gewährte dem Kläger wegen der Folgen dieses Arbeitsunfalls eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) in Höhe von 30 v. H. ab dem 1. Januar 2005 bis auf weiteres. Als Folge des Arbeitsunfalles erkannte die Beklagte eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) an.
Mit Bescheid vom 12. Oktober 2006 und Widerspruchsbescheid vom 14. November 2006 nahm die Beklagte ihren Bescheid vom 24. März 2005 (irrtümlich bezeichnet als Bescheid vom 25. März 2005) teilweise zurück und stellte die Höhe der Verletztenrente des Klägers ab dem 1. Januar 2005 neu fest. Die dagegen erhobene Klage (S 3 [17] U 176/06, Sozialgericht Lübeck) erklärten die Beteiligten übereinstimmend für erledigt, nachdem die Beklagte den Bescheid vom 6. November 2008 erlassen hatte, mit dem sie dem Kläger unter Rücknahme ihrer Bescheide vom 24. März 2005 (irrtümlich bezeichnet als Bescheid vom 25. März 2005) und 12. Oktober 2006 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE in Höhe von 30 v. H. ab dem 1. Januar 2005 bis zum 31. Januar 2006, nach einer MdE in Höhe von 50 v. H. ab dem 1. Februar 2006 bis zum 28. Februar 2007 und nach einer MdE in Höhe von 70 v. H. ab dem 1. März 2007 bis auf weiteres gewährte. Als Folge des Arbeitsunfalls erkannte die Beklagte weiterhin eine PTBS an.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2009 beantragte der Kläger die Gewährung eines Persönlichen Budgets gemäß § 17 Sozialgesetzbuch (SGB) Neuntes Buch (IX) - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - in der bis zum 31. Dezember 2017 gültigen Fassung vom 21. März 2005 (a. F.). Mehrere voll-, teilstationäre und ambulante Therapien hätten nicht zu einer Besserung der PTBS geführt. Nach Abbruch verschiedener Therapiebemühungen habe er eine ambulante therapeutische Behandlung im häuslichen Umfeld unter Begleitung durch Dr. S... vom Johanniter Krankenhaus G... unter intensiver Einbindung seiner Ehefrau in die Betreuungs- und Therapieleistungen begonnen. Dies habe bei ihm zu einer spürbaren Entlastung geführt; insoweit verweise er auf ein ärztliches Attest Dr. S... . Nach dessen Ansicht sei die Beibehaltung der Therapie im häuslichen Umfeld mit Unterstützung seiner Ehefrau, die dafür ihre berufliche Tätigkeit habe reduzieren und Verdienstausfälle hinnehmen müssen, zur Stabilisierung seines Zustandes dringend indiziert. Des Weiteren benötige er eine Begleitung zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, z. B. für Besuche auf einem Hundeplatz und die Teilnahme an Skatveranstaltungen und Fußballspielen.
Mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 lehnte die Beklagte die Gewährung eines Persönlichen Budgets ab. Nach den vorliegenden ärztlichen Unterlagen werde die Fortführung der Therapie in einer tagesklinischen psychiatrischen Abteilung eines geeigneten Krankenhauses für zielführend erachtet. Die Einbindung der Ehefrau des Klägers als Bezugsperson für therapeutische Handlungen sei medizinisch nicht indiziert und en...