Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltsgebühren. externe Beratung. Fehlen der förmlichen Bevollmächtigung. Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten. Höhe. notwendige Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung. Prüfungsgebühr. Beratungsgebühr. Entstehung vor dem Vorverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren für ein Widerspruchsverfahren ist auch möglich, wenn der Anwalt nicht förmlich als Bevollmächtigter auftritt, sondern den Widerspruchsführer nur im Innenverhältnis berät.
2. Notwendig gemäß § 63 Abs 1 S 1 SGB X können entsprechende Kosten nur sein, wenn die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Sinne von § 63 Abs 2 SGB X notwendig erscheint und die Kosten, die bei förmlicher Beauftragung gemäß § 63 Abs 2 SGB X entstanden wären, nicht überschritten werden.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 23. Mai 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers auch für das Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme der Kosten eines isolierten Widerspruchsverfahrens.
Der Kläger ist als beratender Ingenieur selbstständig tätig. Am 31. Dezember 2014 beantragte er für eine als technische Bauzeichnerin beschäftigte Mitarbeiterin Kurzarbeitergeld (KUG). Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Januar 2015 ab und führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen nach § 96 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch, Drittes Buch (SGB III) lägen nicht vor, denn dies setze voraus, dass mindestens 1/3 der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Entgeltausfall betroffen seien. Dies sei in Hinblick auf die 5 beschäftigten Arbeitnehmer des Klägers nicht der Fall.
Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 31. Januar 2015, den er selbst begründete. Er führte in der Begründung aber aus, dass er die Angelegenheit durch seinen jetzigen Bevollmächtigten habe prüfen lassen. Danach sei nur auf die im K... Büro beschäftigten 3 Mitarbeiter abzustellen (ein weiteres Büro befand sich in G...).
Mit Bescheid vom 23. Februar 2015 half die Beklagte dem Widerspruch ab und entschied, dass die entstandenen Kosten auf Antrag erstattet würden, soweit sie notwendig seien.
Der Kläger übersandte daraufhin eine Rechnung seines jetzigen Bevollmächtigten über 232,05 EUR, in der dieser eine Gebühr nach Nr. 2102 Satz 1 Alt. 1 Vergütungsverzeichnis Rechtsanwaltsvergütungsgesetz -VV RVG- (Gebühr für die Prüfung der Erfolgsaussicht eines Rechtsmittels in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG)) in Höhe von 175,- EUR nebst Nebenkosten geltend machte. Ferner übersandte der Kläger noch eine Rechnung über 196,55 EUR, mit der er eigenen Aufwand, abgerechnet nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) geltend machte.
Mit Bescheid vom 22. Juni 2015 setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 5,50 EUR (Fahrtkosten) fest. Zur Begründung führte sie aus, die geltend gemachten Gebühren nach dem RVG könnten nicht erstattet werden, weil sie nicht das Widerspruchsverfahren beträfen. Der Rechtsanwalt sei vor Einlegung des Widerspruchs tätig gewesen. Kosten für die eigene Mühewaltung könnten nicht erstattet werden.
Dagegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 11.Juli 2015, der mit Widerspruchsbescheid vom 24.Juli 2015 zurückgewiesen wurde.
Mit der am 26.August 2015 bei dem Sozialgericht Schleswig erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt soweit es die rechtsanwaltlichen Kosten in Höhe von 232,05 EUR betrifft. Er hat vorgetragen, die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Vorverfahren sei notwendig gewesen, da es sich bei der ursprünglichen Auseinandersetzung zwischen den Beteiligten um eine komplexe rechtliche Fragestellung gehandelt habe. Dass der Kläger aus Kostengründen von einer Beauftragung zur Vertretung im Außenverhältnis abgesehen habe, ändere daran nichts. Dies habe lediglich dazu geführt, dass die entstandenen Kosten sich deutlich reduziert hätten, was auch gerade im Interesse der Beklagten liege.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 22.Juni 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.Juli 2015 zu verurteilen, dem Kläger Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 232,05 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen Bezug genommen und ausgeführt, das Bundessozialgericht habe im Verfahren B 11 AL 39/04 R vom 19.Januar 2005 ausgeführt, dass nur bei förmlicher Beauftragung eines Rechtsanwalts Anwaltskosten erstattet werden könnten.
Mit Urteil vom 23.Mai 2018 hat das Sozialgericht Schleswig die Beklagte verurteilt, dem Kläger Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren in Höhe von 232,05 EU...