Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Regelung über Fortbestehen der Mitgliedschaft gilt nicht für freiwillig Versicherte. Krankengeld. Zahlungsanspruch schränkt nicht Grundanspruch ein
Orientierungssatz
1. Die Vorschrift des § 192 SGB 5 ist nicht, auch nicht entsprechend, auf die Mitgliedschaft der freiwilligen Mitglieder anwendbar.
2. Die Regelung des § 46 S 1 Nr 2 SGB 5 schränkt den in § 44 Abs 1 S 1 SGB 5 normierten Krankengeldanspruch nur iS eines Zahlungsanspruchs, nicht jedoch dem Grund nach, ein.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 7. Juni 2005 und der Bescheid vom 28. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2004 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ab 2. April 2003 Krankengeld nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Krankengeld. Dabei geht es darum, ob der Kläger zur Zeit der Arbeitsunfähigkeit bei der Beklagten gegen Krankheit versichert war.
Er war freiwilliges Mitglied der Beklagten. Seit über 30 Jahren arbeitete er in einem Industrieunternehmen, dabei seit Jahren in verantwortlicher Position als Abteilungs- und Niederlassungsleiter. Am Donnerstag, dem 27. März 2003, fand zwischen dem Kläger und der Geschäftsleitung ein Personalgespräch statt, in dem dem Kläger erhebliche persönliche Vorwürfe gemacht wurden. Er unterzeichnete im Anschluss an das Gespräch die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2003 und verzichtete auf eine weiter gehende Gehaltszahlung. Am 1. April 2003 suchte er den Internisten S auf, der eine akute Belastungsreaktion diagnostizierte und Arbeitsunfähigkeit ab 31. März 2003 feststellte. Später diagnostizierten er und der Internist Dr. A rezidivierende depressive Störungen. Nach Angaben des Klägers dauerte die Arbeitsunfähigkeit bis zum 28. August 2003.
Die Beklagte lehnte einen Anspruch auf Krankengeld mit Schreiben vom 4. Juli 2003 und - nach Schriftwechsel mit dem Kläger - mit Bescheid vom 28. Juli 2003 ab. Zur Begründung führte sie aus, das Fortbestehen der Mitgliedschaft nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses setze voraus, dass nicht nur die Arbeitsunfähigkeit, sondern auch der Anspruch auf Krankengeld während des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses eingetreten bzw. entstanden seien. Dies sei hier nicht der Fall. Der Kläger habe die Möglichkeit gehabt, sich am Dienstag, den 1. April 2003, beim Arbeitsamt arbeitssuchend zu melden. Bei versicherungspflichtigen Mitgliedern greife in derartigen Fällen ein Anspruch auf nachgehende Leistungen ein. Die dem zu Grunde liegende Regelung des § 19 Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V), gelte jedoch nicht für freiwillige Mitglieder. Den dagegen am 18. August 2003 eingelegten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2004 zurück, in dem sie ergänzend ausführte, der Anspruch auf Krankengeld sei dem Grunde nach erst ab 2. April 2003 entstanden, also zu einem Zeitpunkt, als das Beschäftigungsverhältnis bereits beendet gewesen sei.
Gegen die Entscheidung hat der Kläger am 9. März 2004 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben und ausgeführt, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zu der Stichtagsregelung, nach der die Arbeitsunfähigkeit noch während des Beschäftigungsverhältnisses festgestellt werden müsse, greife hier nicht ein. Denn auf Grund seiner psychischen Ausnahmesituation sei er vor dem 31. März daran gehindert gewesen, einen Arzt aufzusuchen. Seiner Arbeitsunfähigkeit habe eine massive Erkrankung zu Grunde gelegen, die bereits im März, also noch während des Beschäftigungsverhältnisses, eingetreten sei. Hierzu hat er Bescheinigungen des Arztes für Psychiatrie T vom 3. Juli 2003 und von Dr. W vorgelegt.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 28. Juli 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Februar 2004 aufzuheben und ihm Krankengeld ab dem 2. April 2004 zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 7. Juni 2005 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf die Gründe des Widerspruchsbescheides Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, der Umfang des Krankenversicherungsschutzes beruhe auf dem wirksamen Versicherungsverhältnis zu dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch entstehe. Für den Krankengeldanspruch sei dabei weder auf den Beginn der Krankheit noch auf den der Arbeitsunfähigkeit, sondern auf deren ärztliche Feststellung abzustellen. Nach dem Gesetz seien mit der Beendigung des Versicherungsverhältnisses alle daraus abzuleitenden Ansprüche grundsätzlich beendet. Nur für den Zustand der Geschäftsunfähigkeit, in dem der Versic...