Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. Zweckbestimmung der angemessene Alterssicherung. Anlageform. spekulativer Vermögenseinsatz. Doppelberücksichtigung. Vermögensbewertung. Vermutung des Bestreitens des Lebensunterhaltes auf andere Weise

 

Orientierungssatz

1. Eine besondere, vor Eintritt des Ruhestandes nur unter erschwerten Voraussetzungen und Verlusten kündbare Anlageform des Vermögens ist nicht Voraussetzung für Zweckbestimmung der Aufrechterhaltung einer Alterssicherung iS von § 6 Abs 3 S 2 Nr 3 AlhiV. Auch eine in Schritten vorgenommene Alterssicherung ist denkbar (vgl BSG vom 17.10.1996 - 7 RAr 2/96 = SozR 3-4100 § 137 Nr 7).

2. Die Zweckbestimmung des Vermögens kann jedoch nicht glaubhaft gemacht werden, wenn der Arbeitslose nur kurzfristige Anlageformen wählt und ständige Kontenverschiebungen, -eröffnungen, -löschungen, häufige Ein- und Auszahlungen bzw der Kauf und Verkauf von Wertpapieren auf den eher spekulativen Einsatz des Vermögens hindeuten.

3. Zur Unzulässigkeit der Doppelanrechnung von bereits berücksichtigtem Vermögen und zur Bewertung später erworbenen Vermögens bzw Berücksichtigung von Änderungen des Verkehrswertes nach §§ 8, 9 AlhiV bei starken Schwankungen des Vermögens durch spekulativen Einsatz.

4. Zur Nichtanwendung der nachrangigen Vermutungsregelung des § 10 Nr 2 AlhiV.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.04.2005; Aktenzeichen B 11a/11 AL 283/04 B)

 

Tatbestand

Die Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 12. Oktober 1991 bis zum 30. November 1998 und die Rückforderung von Leistungen sowie anteiliger Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 113.438,11 DM (= 57.999,98 Euro).

Der ... 1950 geborene Kläger steht seit 1987 mit Unterbrechungen im Leistungsbezug der Beklagten. Am 25. September 1991 stellte der Kläger bei der Beklagten mit Wirkung vom 12. Oktober 1991 einen Antrag auf Wiederbewilligung von Alhi im Anschluss an den Bezug von Unterhaltsgeld. Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen machte er nicht. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin ab dem 12. Oktober 1991 Alhi nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 660 DM in Höhe von wöchentlich 246,00 DM (= täglich 41,00 DM).

In den Folgeanträge auf Wiederbewilligung bzw. Fortzahlung von Alhi vom 29. Oktober 1991, 19. Februar 1993 und 7. Oktober 1993 gab der Kläger stets an, dass er nicht über Vermögen von mehr als 8.000,00 DM verfüge. In einem Zusatzblatt zum Antrag auf Alhi vom 7. Oktober 1993 teilte er mit, dass er zwar Bargeld/Sparguthaben in Höhe von 1.420,00 DM, aber keine Wertpapiere besitze. In seinem Fortzahlungsantrag vom 19. Oktober 1994 gab er an, Bargeld/Sparguthaben in Höhe von 1.108,00 DM zu besitzen. Im Fortzahlungsantrag vom 24. Oktober 1995 listete er unter "Angaben zum Vermögen" lediglich ein Postsparbuch mit einen Wert von 830,00 DM auf. In seinem Antrag auf Weiterbewilligung von Alhi vom 7. Februar 1996 benannte er als Vermögenswert Bargeld/Bankguthaben in Höhe von 930,00 DM und eine Zinsgutschrift für das letzte Jahr in Höhe von 30,00 DM. In einem weiteren Fortzahlungsantrag vom 14. Oktober 1996 gab er auf dem Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" an, über Bargeld/Bankguthaben in Höhe von insgesamt 1.128,75 DM und eine Zinsgutschrift für das letzte Jahr von ca. 20,00 DM zu verfügen. Sonstige Vermögenswerte wurden vom Kläger - wie auch in den vorangegangenen Anträgen - verneint. Auch in seinem Fortzahlungsantrag vom 14. Oktober 1997 teilte er mit, dass er lediglich über Bargeld/Bankguthaben in Höhe von 3.129,79 DM und Zinsen aus dem letzten Jahr in Höhe von 29,79 DM verfüge. Ergänzend gab er an, einen Freistellungsauftrag erteilt zu haben. Im Fortzahlungsantrag vom 26. Mai 1998 gab der Kläger im Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" an, dass er Bargeld/Bankguthaben in Höhe von 4.216,45 DM und Zinsen aus dem letzten Jahr in Höhe von 86,66 DM besitze. Ferner teilte er mit, einen Freistellungsauftrag erteilt zu haben. In seinem Fortzahlungsantrag vom 23. Oktober 1998 gab der Kläger in dem Zusatzblatt "Bedürftigkeitsprüfung" unter der Rubrik "Bargeld/Bankguthaben" eine Summe von 4.000,00 DM an und teilte mit, drei Freistellungsaufträge erteilt zu haben.

Der Kläger bezog Alhi vom 12. Oktober 1991 bis zum 31. Oktober 1991 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 660 DM in Höhe von wöchentlich 246,00 DM (= täglich 41,00 DM), vom 1. November 1991 bis zum 24. Oktober 1992 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 690 DM in Höhe von wöchentlich 255,60 (= täglich 42,60 DM), vom 26. Februar 1993 bis zum 30. Oktober 1993 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 730 DM in Höhe von 267,60 DM (= täglich 44,60 DM), vom 1. November 1993 bis zum 31. Dezember 1993 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 770 DM in Höhe von wöchentlich 278,40 DM (= täglich 46,40 DM), vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Oktober 1994 nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 770 DM in ...

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