Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung. Verordnungsermächtigung

 

Orientierungssatz

Die Bestimmung des § 6 Abs 4 AlhiV idF vom 18.6.1999 ist rechtmäßig und insbesondere mit höherrangigem Recht vereinbar. An der inhaltlichen Vereinbarkeit der in § 6 Abs 4 AlhiV enthaltenen Regelung mit der Verordnungsermächtigung besteht kein Zweifel. Dass der Verordnungsgeber sich für eine typisierende Regelung entschieden hat, die nicht alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, ist nicht zu beanstanden.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht. Dabei geht es im Wesentlichen um Fragen der Bedürftigkeit.

Der ... 1941 geborene Kläger stand von 1988 bis Ende März 1997 in versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen, zuletzt als Oberbauleiter bei der Firma S. Der Arbeitgeber kündigte dem Kläger zum 31. März 1997 aus betrieblichen Gründen. Am 11. März 1997 meldete der Kläger sich -- mit Wirkung zum 1. April 1997 -- arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Diesem Antrag entsprach die Beklagte für die Zeit ab 1. April 1997 bis zur Erschöpfung des Anspruchs am 27. November 1999.

Am 4. November 1999 beantragte der Kläger Alhi. Dabei gab er an, mit seiner Ehefrau in einer Haushaltsgemeinschaft zu leben. Er selbst besitze Wertpapiere mit einem Kurswert von derzeit 120.040,00 DM. Seine Ehefrau besitze Wertpapiere mit einem derzeitigen Kurswert von 143.696,00 DM. Bei den angegebenen Wertpapieren handelte es sich im Wesentlichen um Bundesschatzbriefe. In dem Wertpapierbestand des Klägers waren daneben Rentenfondsanteile von 22.457,95 DM und Anteile an einem Grundwert-Fonds von 27.582,03 DM enthalten. In dem Wertpapierbestand seiner Ehefrau waren Rentenfondsanteile von 14.695,97 DM enthalten. Weiter gab der Kläger an, dass er über eine Kapitallebensversicherung verfüge, die am 1. Februar 2002 fällig werde (Vertragsbeginn: 1. Februar 1984). Bisher seien in diese Versicherung 21.879,00 DM eingezahlt worden. Eine weitere Lebensversicherung mit Vertragsbeginn am 1. September 1968 werde am 1. September 2006 fällig (bisher eingezahlt: 21.625,00 DM); eine weitere Lebensversicherung mit Vertragsbeginn am 28. November 1978 werde am 1. November 2006 fällig (bisher eingezahlt 30.863,00 DM). Die Eheleute bewohnten Wohnungseigentum mit einem Verkehrswert von etwa 275.000,00 DM.

Mit Bescheid vom 8. November 1999 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alhi mit der Begründung ab, dass der Kläger angesichts eines Vermögens in Höhe von 263.735,00 DM für 125,01 Wochen nicht bedürftig sei. Dieses Vermögen sei verwertbar; seine Verwertung sei zumutbar. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages in Höhe von 16.000,00 DM verblieben 247.735,00 DM. Dieser Betrag sei bei der Prüfung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen. Bei der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das wöchentliche Arbeitsentgelt, nach dem sich die Höhe der Alhi richte (1.980,00 DM), ergebe sich der Ausschluss der Bedürftigkeit für 125,01 Wochen. Die Entscheidung beruhe auf §§ 190 und 193 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Leistungen nach Ablauf des genannten Zeitraums könnten nur auf neuen Antrag gewährt werden.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 11. November 1999 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass die angesparten Beträge dazu dienten, seine zu erwartende Rente auf ein angemessenes Niveau zu heben. Dies sei auch Stand der aktuellen politischen Diskussion. In diesem Sinne seien auch wiederholt Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) ergangen. Er verweise etwa auf das Urteil zum Az.: B 7 AL 118/97 R, über das in der Presse berichtet worden sei. Die vorzeitige Verwertung seiner Rücklagen halte er für unzumutbar. Auch habe er auf Grund seines Alters und der schwierigen Lage im Baugewerbe keine Möglichkeit, die evtl. verbrauchten Mittel zu ergänzen. Aus diesen Gründen bitte er um Korrektur des Bescheides.

Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 1999 wies die Beklagte den Widerspruch unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des Ausgangsbescheides als unbegründet zurück. Ergänzend führte sie aus, dass die Verwertung von Vermögen, das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt sei, nicht zumutbar sei. Für eine Alterssicherung sei Vermögen bestimmt, wenn der Arbeitslose dieses nach dem Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung seines Lebensunterhalts verwenden wolle und er eine der Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen habe. Eine solche Vermögensdisposition habe der Kläger indessen nur teilweise getroffen. Im Falle einer Lebensversicherung oder einer Privatrente liege die Zweckbindung klar auf der Hand. So könnten auch die Anteile am Deutschen-Renten-Fonds als alterssichernd angesehen werden. Die Bundesschatzbriefe seien für den Kläger jedoch jederzeit verfügbar. Sie dienten nicht zwangsläufig der Alterssicherung, da eine solche Zweckbindung bei ...

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