Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für Alleinerziehende. geteilte Kinderbetreuung getrennt lebender Eltern. kein Anspruch bei geringerem als hälftigem Betreuungsumfang. Wahrnehmung des Umgangsrechts mit dem getrennt lebenden Kind. zeitweise Bedarfsgemeinschaft. Individualanspruch des Kindes auf Sozialgeld. Einkommensberücksichtigung. Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
1. Kein Alleinerziehungsmehrbedarf bei nur 40 %iger Betreuung des Kindes.
2. Anspruchsinhaber für zusätzliche Leistungen für die Lebenshaltung sind immer die Kinder, die zu dem hilfebedürftigen, sorgeberechtigten und umgangsberechtigten Elternteil reisen und dort für längere Zeit bleiben.
3. Zum Kindergeld als Einkommen des minderjährigen Kindes bei temporärer Bedarfsgemeinschaft.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 4. Februar 2009 wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 4. Februar 2008 geändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten der Kläger sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II), für den Zeitraum von November 2005 bis April 2006.
Der am ...1950 geborene Kläger zu 1) ist der Vater der am ...2003 geborenen Klägerin zu 2). Er bezieht seit Anfang 2005 Leistungen durch die Beklagte. Der Kläger zu 1) lebt in F... Die Klägerin zu 2) lebt überwiegend bei der Kindesmutter in B... Der Kläger zu 1) und die Mutter der Klägerin zu 2) üben gemeinsam die elterliche Sorge aus. Das Kindergeld wie auch Unterhaltsvorschussleistungen in Höhe von monatlich 111,00 EUR werden an die Mutter der Klägerin zu 2) gezahlt.
Nach einer Verhandlungsniederschrift vom 12. April 2006 gingen die Beteiligten zum damaligen Zeitpunkt davon aus, dass die Klägerin zu 2) sich zu 60 % des Jahres bei der Mutter und zu 40 % des Jahres bei dem Kläger zu 1) aufhielt. In der Verhandlungsniederschrift ist weiter aufgeführt, dass die Klägerin zu 2) in B... in den Kindergarten gehe, wenn dies mit den Arbeitszeiten der Kindesmutter vereinbar sei. Diese lebe unabhängig vom Arbeitslosengeld II. Es gebe keine festen Zeiten, in denen die Klägerin zu 2) beim Kläger zu 1) sei. Der Aufenthalt wechsele mal alle zwei Wochen. Sie sei aber durchaus auch mal drei Wochen oder länger in F..., je nachdem wie sich das mit den Arbeitszeiten der Kindesmutter, die im Schichtdienst arbeite, vereinbaren lasse.
Die Klägerin zu 2) werde entweder von ihrer Mutter mit dem Zug nach F... gebracht oder wieder abgeholt, wobei die Kosten von der Kindesmutter getragen würden. Oder diese werde vom Kläger zu 1) mit einem Pkw abgeholt, wobei die Kosten dafür von der Mutter des Klägers zu 1) getragen würden.
Mit Bescheid vom 30. November 2005 bewilligte die frühere ARGE O... als die zunächst Beklagte Leistungen an den Kläger zu 1) für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 30. April 2006 in Höhe von 790,00 EUR monatlich. Dagegen legte der Kläger zu 1) am 27. Dezember 2005 insoweit Widerspruch ein, als keine Leistungen für den Aufenthalt der Klägerin zu 2) bei ihm gewährt wurden, und führte aus, dass die Klägerin zu 2) insoweit Anspruch auf anteiliges Sozialgeld habe. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 2006 zurückgewiesen.
Der Kläger zu 1) hat für sich und die Klägerin zu 2) am 24. Mai 2006 Klage erhoben und vorgetragen, die Klägerin zu 2) lebe während 40 % des Jahres bei ihm und habe daher Anspruch auf Sozialgeld. Sie sei auch bedürftig; der Unterhaltsvorschuss könne ihr nicht zugerechnet werden. Er werde zwar an die Kindesmutter ausgezahlt, aber er - der Kläger zu 1) - sei, falls er hierzu einmal in der Lage sein sollte, verpflichtet, in Höhe des Unterhaltsvorschusses Unterhaltszahlungen an die Unterhaltsvorschusskasse zu leisten. Daher könne der Unterhaltsvorschuss an die Klägerin zu 2) nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Das Kindergeld sei der Klägerin zu 2) ebenfalls nicht zuzurechnen, denn dieses werde an die Mutter gezahlt und stehe der Klägerin zu 2) daher während der Zeit, in der sie sich bei ihm aufhalte, nicht zur Verfügung. Erstmals mit Schreiben vom 30. Mai 2007 hat der Kläger zu 1) geltend gemacht, ihm stehe während des Aufenthalts der Klägerin zu 2) bei ihm ein Alleinerziehungsmehrbedarf zu.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 9. Mai 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
1. der Klägerin zu 2) für den Zeitraum vom 1. November 2005 bis zum 30. April 2006 monatlich für 12 Tage anteiliges Sozialgeld zu zahlen,
hilfsweise den entsprechenden Betrag an den Kläger zu 1) für die Ausübung des Umgangsrechtes zu zahlen und
2. dem Kläger zu 1) einen Mehrbedarf wegen Alleinerziehung in Höhe von 36 v. H. der für ihn maßgebenden Regelleistung zu gewähren.
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