Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Stützungsverpflichtung bis 1998 für psychotherapeutische Leistungen. keine Gleichsetzung mit psychosomatischen Leistungen

 

Orientierungssatz

1. Für die Leistungserbringung bis 1998 besteht eine Stützungsverpflichtung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen allein hinsichtlich der Leistungen nach Kap G Abschn IV des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes. Grundsätzlich zu stützen sind nur die psychotherapeutisch tätigen Ärzte, die 90 % ihres Gesamtleistungsbedarfs aus Leistungen nach diesem Abschnitt erzielen, wozu auch die nichtgenehmigungsbedürftigen Explorationen, probatorischen Sitzungen und Berichte nach den Ziff 860ff EBM-Ä rechnen (vgl ua BSG vom 20.1.1999 - B 6 KA 46/97 R = BSGE 83, 205 = SozR 3-2500 § 85 Nr 35).

2. Psychotherapeutische Leistungen sind mit den psychosomatischen Leistungen nach dem Kap G Abschn III des EBM-Ä nicht gleichzusetzen (vgl BSG vom 26.1.2000 - B 6 KA 4/99 R = SozR 3-2500 § 85 Nr 35).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 06.11.2002; Aktenzeichen B 6 KA 43/02 B)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen.

Die Klägerin ist Fachärztin für psychotherapeutische Medizin, in L niedergelassen und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Gegen die Honorarabrechnungen der Quartale IV/95 bis III/98 legte sie Widerspruch ein, zunächst mit dem Hinweis darauf, dass die Begründung zu einem späteren Zeitpunkt erfolge. Am 21./27. Dezember 1999 beantragte die Klägerin, die Vergütungsbescheide ab Quartal III/93 bis zum heutigen Tage aufzuheben und durch neue gesetzes- und verfassungskonforme Bescheide zu ersetzen. Mit Bescheid vom 19. Juni 2000 gewährte die Beklagte der Klägerin für die Quartale I/95 und III/95 bis IV/96 eine Nachvergütung bis zu einem Punktwert von 7,88 Pf. in Höhe von 3.991,64 DM. Eine Nachvergütung der Quartale II bis IV/94 und II/95 sowie I/97 bis II/99 lehnte sie hingegen ab. Hinsichtlich der Quartale III und IV/93, I und IV/94 und IV/98 lehnte sie eine Nachvergütung ebenfalls ab und wies zur Begründung auf die Bestandskraft der Honorarabrechnungen hin. Eine Aufhebung der Bescheide nach § 44 Abs. 2 SGB X komme nicht in Betracht, da aus diesen Zeiträumen keinerlei Honoraranteile mehr zur Verfügung ständen, deshalb auf Honoraransprüche der derzeit tätigen Therapeuten zurückgegriffen werden müsse, was diesen nicht zuzumuten sei. Ein Anspruch zur Stützung des Punktwertes bestehe nur für zeitabhängige Leistungen der sog. großen Psychotherapie nach Abschn. G IV EBM. Hinzuzurechnen seien die Notdienste. Der Anspruch auf Nachvergütung bestehe allerdings nicht, wie es das BSG entschieden habe, auf einen Punktwert von 10 Pf., sondern auf 7,88 Pf. Da in den Quartalen II und III/94 und II/95 der Punktwert über 7,88 Pf. gelegen habe, bestehe auch insoweit kein Anspruch auf Neuberechnung und Nachvergütung. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein und wies zur Begründung auf die zwischenzeitlich erhobene Untätigkeitsklage hin. Die Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2000 zurück.

Die Untätigkeitsklage hatte die Klägerin am 27. Juni 2000 beim Sozialgericht Kiel erhoben und zur Begründung vorgetragen: Vergüte die Beklagte die psychotherapeutischen Leistungen mit mindestens 10 Pf. verfassungskonform, wäre ihre Praxis nicht existenzgefährdet. Ihr Anspruch ergebe sich aus dem Umstand, dass die Beklagte die Leistungen der Psychotherapie seit Mitte der 90iger Jahre bis zum heutigen Tage völlig unzureichend vergütet habe. So habe der Punktwert fast ausschließlich unter 10 Pf. gelegen. Soweit die Honorarbescheide bestandskräftig seien, müsse die Aufhebung nach § 44 SGB X erfolgen, da es ermessensfehlerhaft wäre, wenn die Beklagte sich angesichts ihres groben Versagens in der Vergangenheit auf die Bestandskraft berufe. Sie, die Klägerin, erfülle die Voraussetzungen, die das BSG für eine Stützung aufgestellt habe. Mindestens 90 % des Gesamtleistungsbedarfs werde von ihr aus Leistungen nach Kap. G IV EBM erzielt. Sie betreibe im Übrigen eine psychotherapeutische Vollzeitpraxis. Ab IV/97 habe sie allerdings weniger als 90 % G IV-Leistungen erbracht. Gleichwohl gelte auch hier eine Stützungsverpflichtung der Beklagten. Seit diesem Quartal sei sie nämlich als Fachärztin für Psychotherapie zugelassen und mit ihrem Leistungsspektrum an das Abrechnungsspektrum dieser Fachgruppe gebunden. Ihre Abrechnungsmöglichkeiten beschränkten sich dabei ganz überwiegend auf die Ziff. des Kap. G IV, aber auch auf Leistungen nach G II und G III. Durch die zusätzliche Abrechnung der Leistungen G II und G III verfehle sie das 90 %-Kriterium jeweils knapp. Allerdings habe das BSG hinsichtlich des Kriteriums der 90 %-G-IV-Leistungen die Einberechnung anderer zeitgebundener Leistungen des Kap. G II und G III abgelehnt. Dies sei jedoch in dem Fall einer Allgemeinmedizinerin geschehen. Bei ihr, der Klägerin, müsse hingegen berücksichtigt werden, dass sie ausschließlich psycho...

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