Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Beitragspflicht. Aufwandsentschädigung. Außendienstmitarbeiter. einmalig gezahltes Arbeitsentgelt
Orientierungssatz
1. Zur Beitragspflicht von Aufwandsentschädigungen für Mehraufwand von Mitarbeitern im Außendienst.
2. Zahlungen werden nicht dadurch zu Einmalzahlungen, dass sie in einem Betrag für mehrere Monate gewährt werden. Das Sozialversicherungsrecht folgt nicht dem Zuflussprinzip, das für die rechtliche Bewertung darauf abstellt, in welchem Zeitpunkt Zuwendungen gemacht worden sind.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte zu Recht Gesamtsozialversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis zum 31. Dezember 1997 nachfordert.
Die Klägerin ist eine Herstellerin von Flurförderfahrzeugen. Sie gewährt ihren Kundendiensttechnikern pro Beschäftigungstag im Außendienst ein steuerfreies Tagegeld in Höhe von 10,00 DM. Daneben zahlt sie eine jährliche pauschal errechnete und besteuerte Aufwandsentschädigung in Höhe von 2.000,00 DM, zahlbar in zwei gleichen Beträgen im Januar und Juli eines Jahres. Für Tage der Abwesenheit wegen Urlaubs, Sonderurlaubs oder Krankheit werden hiervon Abzüge vorgenommen, für Tage, an denen die Kundendienstmitarbeiter keinen Außendienst verrichten, werden 1,07 DM je Stunde abgezogen.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 14. Juli bis 25. Mai 1998 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. Die Anhörung erfolgte mit Schreiben vom 17. Juli 1998. Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 21. August 1998 unter Vorlage eines Gutachtens ihres Prozessbevollmächtigten Stellung. Mit Bescheid vom 21. Dezember 1998 forderte die Beklagte zunächst Gesamtsozialversicherungsbeiträge von der Klägerin in Höhe von 3.051.766,94 DM zuzüglich 408.542,00 DM Säumniszuschlägen nach; mit weiterem Bescheid vom 18. März 1999 änderte sie den Bescheid ab und forderte Beiträge in Höhe von 2.872.491,60 DM zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 356.059,00 DM. Zur Begründung führte sie aus, die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung von Arbeitsentgelt richte sich regelmäßig nach dem Steuerrecht. Aufwandsentschädigungen seien grundsätzlich steuer- und beitragspflichtig. Der Verpflegungsmehraufwand der Kundendienstmonteure werde durch die steuerfrei gezahlten Tagegeldpauschalen abgedeckt. Darüber hinausgehende Zahlungen für Verpflegungsmehraufwand seien steuer- und beitragspflichtig, auch wenn der tatsächlich entstandene Aufwand nachgewiesen sei. Ersatzleistungen für Werbungskosten unterlägen in voller Höhe der Steuer- und Beitragspflicht. Einmalige Einnahmen, laufende Zulagen, Zuschläge, Zuschüsse sowie ähnliche Einnahmen, die zusätzlich zu Löhnen oder Gehältern gewährt würden, seien dem Arbeitsentgelt nicht zuzurechnen, soweit sie lohnsteuerfrei seien. Die Aufwandspauschale von 2.000,00 DM werde nach § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) pauschal besteuert und sei damit grundsätzlich nach § 1 Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) dem Arbeitsentgelt hinzuzurechnen. Nur sonstige Bezüge, die nicht zugleich einmalig gezahltes Arbeitsentgelt nach § 227 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) bzw. § 23a Sozialgesetzbuch, 4. Buch (SGB IV) seien, seien nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ArEV nicht dem Arbeitsentgelt zuzurechnen. Der Begriff "sonstige Bezüge" in § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG stelle den Gegensatz zum laufenden Lohn dar und entspreche mit Ausnahme der Nachzahlungen, die auch das vorangegangene Kalenderjahr bzw. Vorauszahlungen für das folgende Jahr beträfen, dem sozialversicherungsrechtlichen Begriff des einmalig gezahlten Arbeitsentgelts. Die Kundendienstmitarbeiter der Klägerin erhielten neben der täglichen steuerfreien Verpflegungspauschale eine einmalige Aufwandsentschädigung von 2.000,00 DM für das laufende Kalenderjahr. Es sei eine Einmalzahlung, auch wenn sie an eine bestimmte Anzahl von Arbeitsstunden im Außendienst gekoppelt sei. Denn sie werde nicht mit den monatlichen Abrechnungszeiträumen abgerechnet. Für Arbeitsunfähigkeit, Urlaub oder Innendienst werde eine nachträgliche Korrektur vorgenommen. Das Beitragsrecht der Sozialversicherung sei eng an das Steuerrecht geknüpft. Im Prüfzeitraum habe bereits eine Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamtes stattgefunden, die beitragsrechtliche Konsequenzen habe. Auf Grund des Prüfberichtes und des Bescheides der Finanzbehörde hätte die Klägerin die Beiträge bereits entrichten oder sich über die Beitragspflicht bei der zuständigen Einzugsstelle vergewissern können. Die Säumniszuschläge errechneten sich nach § 24 Abs. 1 SGB IV.
Gegen den Bescheid vom 21. Dezember 1998 legte die Klägerin am 20. Januar 1999 Widerspruch ein. Sie führte aus, die Betriebsvereinbarung, der die Spesenzahlung unterliege, rühre aus einer Änderung der Besteuerung der Aufwandsentschädigungen ab 1990 und habe den Zweck, den Mitarbeitern den Besitzstand zu wahren. Aus dem Grunde übernehme sie - die Klägerin - auch die pauschale Einkommensteuer. Für ...