Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt. Disziplinarmaßnahme. gröbliche Pflichtverletzung. Kostentragung des Verfahrens
Orientierungssatz
1. Für den Ausspruch einer Disziplinarmaßnahme ist das Vorliegen einer gröblichen Pflichtverletzung nicht erforderlich.
2. Von der Regelung des § 81 Abs 5 SGB 5 wird auch eine Satzungsbestimmung erfaßt, mit der die Kostentragung des Verfahrens geregelt wird.
Tatbestand
Der Kläger wehrt sich gegen eine ihm vom Disziplinarausschuß der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KV SH) erteilte Verwarnung.
Der Kläger ist seit 2. Februar 1989 niedergelassener und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Chirurg mit den Teilgebietsbezeichnungen "Unfallchirurgie" und "Gefäßchirurgie". Er betreibt in E eine Tagesklinik mit drei bis vier Betten. Seit Januar 1992 führt er die Praxis zunächst als Gemeinschaftspraxis und jetzt mit einem Dauerassistenten und einer weiteren Assistentin.
In den Quartalen II/89 bis IV/90 erfolgten Prüfabstriche im Bereich der Primärkassen und in den Quartalen II bis IV/89 im Ersatzkassenbereich. Die Prüfabstriche betrugen für diese Zeit nach Korrektur im Beschwerdeverfahren im Primärkassenbereich 29.150,00 DM (Beschwerdebescheide vom 13. Februar 1991 und 5. Februar 1992) und im Ersatzkassenbereich 5.050,00 DM (Beschwerdebescheid vom 14. November 1990). Sie sind bestandskräftig. Am 13. November 1990 wurde deswegen von dem Vorstand der Beklagten mit dem Kläger ein "Prüfgespräch" geführt. In der Folgezeit kam es zu weiteren bestandskräftig gewordenen Prüfabstrichen. Bis zum Quartal IV/92 blieben im Primärkassenbereich lediglich die Quartale I und IV/91 beanstandungsfrei. Hier betrug die bestandskräftige Gesamtkürzung nach den jeweiligen Beschwerdeentscheidungen weitere 47.700,00 DM (Beschwerdebescheid vom 25. August 1993). Im Ersatzkassenbereich kam es zu Kürzungen in den Quartalen IV/91 und IV/92 mit einem Gesamtumfang von zusätzlich 2.100,00 DM (Beschwerdebescheid vom 25. November 1998). Die Prüfabstriche in den Ersatzkassenquartalen I und II/90 wurden im Beschwerdeverfahren aufgehoben.
Mit Schreiben vom 13. Februar 1992 hatte die Beklagte den Kläger erneut auf das Gebot wirtschaftlicher Behandlungsweise hingewiesen und bei weiterer Unwirtschaftlichkeit ab II/92 Disziplinarmaßnahmen mit der Möglichkeit der Entziehung der Kassenzulassung in Aussicht gestellt. Gegenüber der Beklagten vertrat der Kläger daraufhin mit Schreiben vom 2. März 1992 die Auffassung, eine Entziehung der Zulassung oder Disziplinarmaßnahmen seien unberechtigt.
Nachdem es im Quartal III/92 zu einer weiteren Kürzungsmaßnahme (Prüfabstrich 23.700,00 DM) im Primärkassenbereich gekommen war, beantragte die Beklagte unter Darstellung des Sachverhaltes mit Schreiben vom 11. November 1992 beim Vorsitzenden des Disziplinarausschusses die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Kläger. Daraufhin eröffnete der Vorsitzende des Disziplinarausschusses der Beklagten das Disziplinarverfahren, gab dem Kläger hiervon Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit ein, Stellung zu nehmen. Der Kläger hielt eine Disziplinarmaßnahme weiterhin für unberechtigt. Am 1. April 1993 beschloß der Disziplinarausschuß der Beklagten, dem Kläger wegen Verletzung seiner kassenärztlichen Pflichten eine Verwarnung zu erteilen. In der dem Kläger am 6. Juli 1993 zugestellten Begründung führte der Disziplinarausschuß im wesentlichen aus: Die Prüfabstrichbescheide des Beschwerdeausschusses für die Quartale II/89 bis IV/90 seien nach Durchführung des Beschwerdeverfahrens bestandskräftig geworden. Damit entfalteten sie ihre Bindungswirkung. Das gelte auch für den Disziplinarausschuß, der von der Richtigkeit der Prüfentscheidungen ausgehen müsse. § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) dürfe nicht angewendet werden, weil es sich bei den in Frage stehenden Leistungen nicht um Sozialleistungen, sondern um Honoraransprüche handele. § 44 Abs. 2 SGB X finde keine Anwendung, da die Bescheide nicht rechtswidrig seien. Der Auffassung des Klägers, die Prüfbescheide dürften der Entscheidung des Disziplinarausschusses nicht zugrunde gelegt werden, weil seit dem Bekanntwerden der Verfehlung zwei Jahre und seit der Verfehlung selbst fünf Jahre vergangen seien, könne nicht beigetreten werden. Beide Fristen seien nicht abgelaufen, da das wiederholte Fehlverhalten als einheitlicher Verstoß angesehen werden müsse. Das Fehlverhalten sei erst dann als beendet anzusehen, wenn der betroffene Arzt seine Pflichten über mehrere Quartale hinweg korrekt erfülle. Die Frist des § 7 Abs. 2 der Satzung der Beklagten könne daher erst mit dem letzten Teilabschnitt zu laufen beginnen. Bei der Auswahl der Disziplinarmaßnahme sei, da es sich bei dem Kläger um einen Erstfall handele, Milde geboten gewesen.
Hiergegen hat der Kläger am 13. Juli 1993 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Er sei der einzige Gefäßchirurg mit einer Tagesklinik in Schleswig-Holstein und daher und wegen der vie...