Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorliegen eines Erstattungsanspruchs nach § 104 Abs 1 SGB 10. Erstattungsumfang. kopfpauschalierte Gesamtvergütung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Leistung des erstattungspflichtigen Leistungsträgers iS von § 104 Abs 1 SGB 10 liegt frühestens dann vor, wenn der Leistungsberechtigte - in der Regel durch Aushändigung der Krankenversichertenkarte bzw. des Berechtigungsscheins - in die Lage versetzt wird, die Leistung in Anspruch zu nehmen. Auf evtl. Leistungen des Leistungsträgers an den Leistungserbringer (insbesondere Gesamtvergütung) kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
2. Für die Bestimmung des Erstattungsumfang (§ 104 Abs 3 SGB 10) ist die Zahlung einer kopfpauschalierten Gesamtvergütung allenfalls relevant, wenn der Leistungsberechtigte dabei anteilig berücksichtigt wurde.
3. Offen bleibt, wie zu entscheiden wäre, falls der Leistungsberechtigte keine Leistung erhalten hätte.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Sozialhilfeträger von der beklagten Krankenkasse die Erstattung ihrer für den Beigeladenen zu 1) im III. Quartal 1993 erbrachten Krankenhilfeleistungen verlangen kann.
Die Klägerin gewährte dem Beigeladenen zu 1) vom 28. Juli 1993 an Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Da kein anderweitiger Krankenversicherungsschutz bestand, stellte sie ihm am 25. August 1993 einen Krankenschein aus. Auf dieser Grundlage wurde der Beigeladene zu 1) am 1. und 7. September 1993 von den an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten für Chirurgie Dres. sowie - nach Überweisung - am 1., 7. und 13. September 1993 von den ebenfalls an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten für innere Medizin Dres. jeweils ambulant behandelt. Im Hinblick darauf, daß sich der Beigeladene zu 1) am 28. Juli 1993 bei dem Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe beantragt hatte, meldete die Klägerin mit am 30. August 1993 bei der, die sich mit Wirkung vom 1. Januar 1994 mit den übrigen Krankenkassen des Landes Schleswig-Holstein zur Schleswig-Holstein, der Beklagten, vereinigt hat, eingegangenem Schreiben vom 26. August 1993 vorsorglich einen Anspruch auf Kostenerstattung nach § 104 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) an. Das Arbeitsamt bewilligte dem Beigeladenen zu 1) mit Bescheid vom 25. November 1993 rückwirkend ab 28. Juli 1993 Arbeitslosenhilfe und meldete ihn am 30. November 1993 bei der für die Zeit ab 28. Juli 1993 zur Krankenversicherung an. Nachdem die Klägerin am 17. Juni 1994 durch eine telefonische Mitteilung des Arbeitsamtes von der Leistungsbewilligung Kenntnis erhalten hatte, bat sie die Beklagte mit Schreiben vom selben Tage unter Vorlage der Abrechnungsunterlagen um Erstattung ihrer Aufwendungen in Höhe von 101,86 DM. Die Beklagte lehnte den Erstattungsantrag mit der Begründung ab, durch Entrichtung der Gesamtvergütung an die - im Berufungsverfahren zum Verfahren beigeladene -, Schleswig-Holstein (Beigeladene zu 2) habe sie für das Jahr 1993 die gesamte vertragsärztliche Versorgung ihrer Versicherten und damit auch die Behandlungskosten für den Beigeladenen zu 1) mit befreiender Wirkung gemäß § 85 Abs. 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) vergütet (Schreiben vom 29. Juni und 7. Oktober 1994).
Die Klägerin hat am 23. Januar 1995 Klage bei dem Sozialgericht Lübeck erhoben. Sie hat vorgetragen: Die mit der Entrichtung der Gesamtvergütung an die Kassenärztliche Vereinigung nach § 85 Abs. 1 SGB V verbundene schuldbefreiende Wirkung betreffe lediglich das Rechtsverhältnis der Krankenkassen gegenüber den in der zusammengeschlossenen Ärzten. Die Erstattungsansprüche des Sozialhilfeträgers blieben hiervon unberührt.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für Krankenhilfeaufwendungen in Höhe von 101,86 DM hinsichtlich des Beigeladenen zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie im wesentlichen ausgeführt, der Gesetzgeber habe für die Jahre 1993, 1994 und 1995 zur Sicherung der Beitragssatzstabilität in § 85 Abs. 3a SGB V bis ins einzelne vorgeschrieben, wie und in welchem Umfang die Krankenkassen die ärztliche Behandlung zu vergüten hätten. Zweck der §§ 102 ff. SGB X sei es, Vermögensverschiebungen unter Leistungsträgern, die ohne Rechtsgrund erfolgt seien, auszugleichen. Eine solche Vermögensverschiebung liege jedoch, was die Honorierung der ärztlichen Leistungen angehe, nicht vor. Mit der Entrichtung der Gesamtvergütung habe sie alle ärztlichen Leistungen zugunsten ihrer Versicherten abgegolten. Diese Vergütung wäre, wenn das Versicherungsverhältnis des Beigeladenen zu 1) von vornherein richtig beurteilt worden wäre, nicht höher ausgefallen. Zwar habe die Klägerin einen Vermögensnachteil erlitten. Gleichwohl stehe ihr ein Ausgleichsanspruch nicht zu, weil eine Vermögensverschiebung zu ihren, der Beklagten, Gunsten nicht eingetreten sei. Auf die gesetzlich vorgeschriebenen Begrenzungen der Gesa...