Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirtschaftlichkeitsprüfung. Prüfgremien. keine Verpflichtung zu einer kassenartenübergreifenden Prüfung. Weitergeltung von Prüfvereinbarungen

 

Orientierungssatz

1. Unmittelbar aus dem Gesetz, insbesondere aus § 106 Abs 3 S 1 und Abs 4 SGB V in der am 1.1.1993 in Kraft getretenen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes ergibt sich keine Verpflichtung der Prüfungsgremien zu einer die Kassenarten Primärkassen und Ersatzkassen übergreifenden gemeinsamen Wirtschaftlichkeitsprüfung, namentlich keine Verpflichtung, bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung iS des § 106 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB V die Durchschnittswerte beider Kassenbereiche zugrunde zu legen oder auch nur hierbei die Durchschnittswerte des jeweils anderen Kassenbereichs zu berücksichtigen.

2. Der Weitergeltung der Prüfvereinbarungen, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, daß bis zum Inkrafttreten einer gemeinsamen Prüfvereinbarung die in ihnen vorgesehene getrennte Prüfung für beide Kassenbereiche weiterhin zu erfolgen hatte, steht Art 26 GSG nicht entgegen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 19.03.1997; Aktenzeichen 6 BKa 60/96)

BSG (Beschluss vom 19.03.1997; Aktenzeichen 6 BKa 67/96)

BSG (Beschluss vom 19.03.1997; Aktenzeichen 6 BKa 61/96)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungsmaßnahmen im Rahmen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung betreffend die Quartale I und IV/93.

Der Kläger ist nach seiner Ausbildung Arzt für Chirurgie, hat sich aber als praktischer Arzt mit den besonderen ärztlichen Tätigkeiten Teilröntgenologie und EKG seit Januar 1991 niedergelassen und ist als solcher zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Im Quartal I/93 rechnete er im Primärkassenbereich 883 Behandlungsfälle mit einem durchschnittlichen Gesamtfallwert in Höhe von 140,89 DM ab. Die Vergleichsgruppe, der er vom Beklagten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung zugerechnet wird, Praktiker-Land III, rechnete im Durchschnitt 530 Behandlungsfälle mit einem, bezogen auf die Verteilung der Versichertengruppen Mitglieder, Familienangehörige und Rentner in der Praxis des Klägers modifizierten durchschnittlichen Gesamtfallwert von 92,37 DM ab. Im Quartal IV/93 lag der praxisdurchschnittliche Gesamtfallwert des Klägers für 821 Primärkassenbehandlungsfälle bei 131,84 DM, in der Vergleichsgruppe für durchschnittlich 499 Behandlungsfällen modifiziert bei 92,06 DM.

Auf für beide Quartale gesondert gestellte Prüfanträge nahm der Gemeinsame Prüfungsausschuß mit gesonderten Bescheiden Honorarkürzungsmaßnahmen im Primärkassenbereich vor. Für das Quartal I/93 kürzte er nach vorheriger Herausrechnung des Mehranteils für ambulante Operationen, Röntgen- und Anästhesieleistungen nach der BMÄ-Position Nr. 450 aus dem Gesamtfallwert des Klägers dessen Honoraranforderung um den Teil, mit dem er je Behandlungsfall im Primärkassenbereich den modifizierten durchschnittlichen Gesamtfallwert der Vergleichsgruppe um mehr als das 1 1/2-fache der mittleren quadratischen Abweichung, Standardabweichung (S), überschritten hatte. Der Kürzungsbetrag belief sich unter Berücksichtigung des aktuellen Quartalspunktwerts auf 6.080,08 DM. Auf der gleichen Grundlage kürzte er auch die Honoraranforderung des Klägers für das Quartal IV/93, wobei er allerdings keine Mehranteile für Anästhesieleistungen mehr herausrechnete, weil solche in diesem Quartal nicht vorlagen. Für dieses Quartal belief sich die Kürzung insgesamt unter Berücksichtigung des aktuellen Punktwerts auf 860,43 DM.

Seine gegen diese Bescheide eingelegten Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 1994 zurück. Auf diesen wird Bezug genommen.

Am 13. Oktober 1994 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Das Verfahren wurde vom Gericht mit weiteren bei ihm anhängigen Rechtsstreitigkeiten betreffend Honorarkürzungsmaßnahmen für vorangegangene Quartale im Primärkassenbereich zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit der Klage hat der Kläger die Aufhebung des genannten Bescheides des Beklagten begehrt und geltend gemacht, der Beklagte berücksichtige nicht ausreichend, daß seine Praxis ganz wesentlich auf chirurgische und orthopädische Tätigkeit ausgerichtet sei. Außerdem sei die Wirtschaftlichkeitsprüfung für diese Quartale des Jahres 1993 bereits deshalb fehlerhaft, da das Gesundheitsstrukturgesetz ab Beginn des Jahres 1993 vorschreibe, daß eine Überprüfung der gesamten ärztlichen Tätigkeit im Primärkassenbereich und im Ersatzkassenbereich gemeinsam durchzuführen sei.

Der Beklagte hat in letzter Hinsicht die Auffassung vertreten, die gesetzliche Regelung hinsichtlich der gemeinsamen Wirtschaftlichkeitsprüfung sei ungenau, insbesondere darin, von welchem Zeitpunkt an sie durchzuführen sei. Im Bereich der Beigeladenen zu 5) seien allerdings bereits für die Zeit ab Januar 1993 gemeinsame Prüfeinrichtungen gebildet worden. Im übrigen räumten die Überleitungsvorschrift für den Abschluß von Prüfvereinbarungen eine Frist bis Ende 19...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge