Entscheidungsstichwort (Thema)

KVdR. Pflichtversicherung. Renten der gesetzlichen Rentenversicherung. Versorgungsbezüge eines berufsständischen Versorgungswerks. Verfassungsmäßigkeit. Gesetzeslücke

 

Orientierungssatz

1. Versorgungsbezüge eines berufsständischen Versorgungswerks gehören nicht zu den Renten der gesetzlichen Rentenversicherung iS des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB 5; Bezüge, die der Rente vergleichbar sind, führen nicht zu einer Mitgliedschaft in der KVdR.

2. Dieses Abgrenzungskriterium verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 Abs 1 GG.

3. Das Gesetz enthält auch insofern keine Lücke, als dass Bezieher derartiger Versorgungsbezüge zwingend in die KVdR aufgenommen werden müssten (ebenso LSG Niedersachsen, Urteil vom 29.4.1987 - L 4 KR 27/86 = Breith 1988, 272).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 16.08.2004; Aktenzeichen B 12 KR 37/04 B)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) ab dem 1. Juli 2000.

Die 1940 geborene Klägerin ist seit 1979 Mitglied der Beklagten. Bis zum 30. Juni 2000 war sie als angestellte Ärztin beschäftigt und bei der Beklagten pflichtversichert. Seit dem 1. Juli 2000 ist sie Rentnerin. Sie bezieht Versorgungsbezüge der Ärzteversorgung Niedersachsen (ab Juli 2000 in Höhe von 1.870,64 DM) sowie eine Versorgungsrente der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) (ab Juli 2000 in Höhe von 398,54 DM). Die Beklagte stufte die Klägerin mit Bescheid vom 29. September 2000 vorläufig und mit Bescheid vom 22. Januar 2001 endgültig im Rahmen der freiwilligen Versicherung unter Berücksichtigung des Ehegatteneinkommens nach monatlichen Einnahmen von 3.225,00 DM ab 1. Juli 2000 und von 3.262,50 DM ab 1. Januar 2001 in die Versicherungsklasse F12 0 (ohne Krankengeldanspruch) zu einem monatlichen Beitrag in Höhe von 410,00 DM ab 1. Juli 2000 und 424,12 DM ab 1. Januar 2001 ein. Mit ihrem Widerspruch vom 1. Februar 2001 machte die Klägerin geltend, sie sei nicht freiwillig versichertes, sondern Pflichtmitglied der Beklagten. Während ihrer Berufstätigkeit sei sie 21 Jahre bei der Beklagten pflichtversichert gewesen. Die Beklagte half dem Widerspruch mit Schreiben vom 14. Februar 2001 nicht ab und wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2001 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Pflichtmitgliedschaft in der KVdR setze voraus, dass ein Anspruch auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bestehe und dass diese Rente beantragt worden sei. Selbst wenn man die Versorgungsbezüge als einer Rente vergleichbare Einnahmen ansehe, stellten sie doch tatsächlich keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung dar. Die Versorgungsbezüge der Ärzteversorgung nach der Alterssicherungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen seien Bezüge einer berufsständischen Organisation. Die Bezüge der Versicherungsanstalt des Bundes und der Länder stellten eine im Wege privatrechtlicher Versicherung durchgeführte Alterssicherung dar. Beide Versorgungen würden unabhängig von der gesetzlichen Rentenversicherung gewährt und ständen außerhalb ihres Systems. Indem die Klägerin Beiträge an diese Einrichtungen gezahlt habe, habe sie weder Beiträge zur Solidargemeinschaft der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung noch in der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet.

Gegen die Entscheidung hat die Klägerin am 12. Juli 2001 beim Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, Renten der Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen für Angehörige bestimmter Berufe gälten nach § 229 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch (SGB V) als der Rente vergleichbare Einnahmen. Sowohl die Ärzteversorgung Niedersachsen als auch die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) seien öffentlich-rechtliche Einrichtungen. Es sei widersprüchlich, dass die Versorgungsbezüge bei der Berechnung der Versicherungsbeiträge berücksichtigt würden, nicht aber bei der Versicherungspflicht. Das verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Dies werde daran deutlich, dass der Bezug einer VBL-Rente zusätzlich zu einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu einem erweiterten Leistungsanspruch führe. Auf Grund ihrer Berufswahl sei sie verpflichtet gewesen, Mitglied des Versorgungswerks der Ärzte zu sein. Dies dürfe sich nicht zu ihrem Nachteil auswirken. Im Übrigen sei sie seit der erstmaligen Aufnahme ihrer Erwerbstätigkeit bis zum Antrag bzw. der Gewährung der Versorgungsbezüge mindestens zu 9/10 der zweiten Zeithälfte auf Grund einer Pflichtversicherung Mitglied der Beklagten gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Einstufungsbescheid der Beklagten vom 22. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, sie in die Krankenversicherung der Rentner als Mitglied aufzunehmen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide bezogen und ergänzend ausgeführt, eine Mitgliedschaft der Klägerin ...

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