Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Anerkennung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Lendenwirbelsäule des Versicherten als Berufskrankheit nach Nr. 2108 BKV - Dachdecker
Orientierungssatz
1. Eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule des Versicherten ist nicht als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 BKV anzuerkennen, wenn diese nicht durch berufliche Einwirkungen verursacht ist.
2. Es fehlt an den arbeitsmedizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung der BK Nr. 2108 BKV, wenn keine Befundkonstellation vorliegt, für welche die Konsensempfehlungen eine Anerkennungsempfehlung aussprechen.
3. Eine Anerkennung ist u. a. ausgeschlossen, wenn der Richtwert für eine Lebensdosis nicht in weniger als zehn Jahren (25 MNh) erreicht worden ist.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 13. März 2018 wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV; im Folgenden BK Nr. 2108) und die Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 20 v. H.
Der 1968 geborene Kläger absolvierte seit August 1985 eine Ausbildung zum Dachdecker, die er im Juli 1988 erfolgreich abschloss. Während dieser Zeit besuchte der Kläger zu 20 % die Berufsschule. Zu 80 % arbeitete er auf diversen Baustellen. Der Kläger war dann seit September 1988 als Dachdecker tätig. In der Zeit zwischen 1990 und 1993 war der Kläger bei der Bundeswehr. Seit Mai 1994 arbeitete der Kläger erneut als Dachdecker. Als Dachdecker führte der Kläger Dacheindeckungen auf Neubaustellen sowie Dachumdeckungen (Sanierungsarbeiten) auf Dächern aller Art aus. Hierbei verarbeitete er Dachziegel, Schieferplatten und Dachbahnen. Zu 20 % der Gesamtzeit führte der Kläger auch Zimmerarbeiten durch. Ab Januar 2015 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Seit Mai 2017 übte er seinen Beruf nicht mehr aus. Der Senat verweist auf einen Überblick über die Arbeitszeiträume, Blatt 117 der Verwaltungsakte - VA.
Im September 2015 zeigte Dr. F den Verdacht des Vorliegens einer Berufskrankheit beim Kläger bei der Beklagten an.
Die Beklagte holte medizinische Befundberichte und eine Stellungnahme ihres Beratungsarztes ein. Der Beratungsarzt Dr. P, Facharzt für Arbeitsmedizin, kam in seiner ärztlichen Stellungnahme (Bl. 107 der Verwaltungsakte - VA) zum Ergebnis, dass beim Kläger ein bisegmentaler Bandscheibenschaden in den Segmenten L4/5 und L5/S 1 bestehe. Die HWS zeige dagegen einen monosegmentalen Bandscheibenschaden in Höhe C 5/6. Die degenerativen Veränderungen an der LWS seien führend. Eine Begleitspondylose sowie wesentliche konkurrierende Ursachenfaktoren seien nicht nachweisbar. Es sei eine B4-Konstellation zu prüfen. Das 1. Zusatzkriterium nach B 2 liege nicht vor. Sollte weder das zweite noch das dritte Zusammenkriterium vorliegen, sei der Erkrankungsfall in die B3-Konstellation einzuordnen, die nicht anerkennungsfähig sei.
Die Präventionsabteilung der Beklagten kam in ihrer Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 11. Dezember 2015 (Blatt 116-127 VA) zum Ergebnis, dass beim Kläger eine Gesamtlebensbelastung von DH = 19,3 x 106 Nh vorliege. Dies entspreche 77 % des Orientierungswertes von 25 × 106 Nh. Der hälftige Orientierungswert von DH = 12,5 x 106 Nh sei überschritten. Der Richtwert für die Lebensdosis von 25 MNh sei innerhalb von zehn Jahren nicht erreicht worden. Im Beurteilungszeitraum von 1985-2005 seien beim Heben oder Tragen von Lasten Druckkräfte auf L5/S1 aufgetreten, die den Wert von 6,0 kN nicht erreichten. Der Mainz-Dortmunder-Dosismodell-Richtwert (MDD-Richtwert) für die Lebensdosis in weniger als zehn Jahren sei nicht erreicht worden. Das 2. Zusatzkriterium gemäß der Konstellation „B 2“ der Konsensempfehlungen sei nicht erreicht. Ein besonderes Gefährdungspotenzial durch hohe Belastung im Sinne des 3. Zusatzkriteriums habe nicht vorgelegen. Anhaltspunkt hierfür wäre das Erreichen der Hälfte des MDD-Tagesdosis- Richtwertes durch hohe Belastungsspitzen (bei Männern ab 6 kN).
Mit Bescheid vom 21. Dezember 2015 lehnte die Beklagte die Anerkennung der BK Nr. 2108 ab. Die beim Kläger festgestellte Erkrankung sei nicht ursächlich auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Eine anerkennungsfähige Konstellation nach den Konsensempfehlungen liege nicht vor.
Den hiergegen am 15. Januar 2016 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Mai 2016 als unbegründet zurück. Die Belastung sei nach dem sogenannten Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD-Modell) durch den Präventionsdienst der Beklagten unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ermittelt worden. Der Richtwert für die Gesamtbelastungsdosis betrag...