rechtskräftig: nein
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegeunfall; eigenwirtschaftliche Tätigkeit; Rückweg; versicherte Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
Verlässt der Arbeitnehmer seine Arbeit allein aus eigenwirtschaftlichen Gründen, so steht er während der Fahrt von der Arbeit und zu ihr zurück nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Normenkette
RVO § 550 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Lübeck (Entscheidung vom 06.01.2000; Aktenzeichen S 8 U 178/97) |
BSG (Aktenzeichen B 2 U 360/00 B) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Januar 2000 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung.
Die 19 … geborene Klägerin erlitt am Montag, dem 31. Juli 1995, gegen 22:57 Uhr als Fahrerin eines Pkw einen Verkehrsunfall u. a. mit schweren Schädel-Hirn-Verletzungen. Aufgrund eines postapallischen Syndroms kann sie Auskünfte zum Hergang des Unfalls nicht machen.
Die Firma B. GmbH, bei der die Klägerin als Raumpflegerin beschäftigt war, zeigte den Unfall der Beklagten am 10. Januar 1996 an. Auf deren Nachfrage teilte sie ergänzend mit, die Klägerin sei bei der Firma L. in N., O., eingesetzt gewesen. Sie habe dort weitestgehend freie Arbeitszeit zwischen 16:30 Uhr und 1:00 Uhr gehabt. Ihre täglichen Arbeitszeiten habe die Klägerin in einem Anwesenheitsbuch niedergelegt. Dazu legte sie der Beklagten Ablichtungen aus diesem Anwesenheitsbuch vor, wonach die Klägerin am 27. Juli eine Anwesenheit von 16:40 Uhr bis 17:50 Uhr und am 28. Juli von 15:20 Uhr bis 17:00 Uhr eingetragen und mit ihrer Unterschrift bestätigt hat. Der 31. Juli enthält als Eintrag lediglich den Namen der Klägerin sowie unter der Rubrik „Anwesenheit kommt”: 17:00 Uhr. Diese Eintragung hat die Klägerin ebenfalls mit ihrem Namen abgezeichnet. Neben der Tätigkeit bei der Firma Bogdol war die Klägerin bei der Firma … V. in N., M., beschäftigt. Dort war die Klägerin am 31. Juli 1995 nicht zur Arbeit erschienen und hatte sich vor Arbeitsbeginn aufgrund von Magenbeschwerden krankgemeldet.
Die Beklagte zog die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Kiel bei. Nach der dort enthaltenen Zeugenaussage von … T.: stand dieser hinter dem Fahrzeug der Klägerin an der Ampel der Kreuzung F., S. Straße in N., Dort ist die Klägerin vor ihm auf die S. – Straße eingebogen. Über eine gewisse Strecke fuhr das Fahrzeug der Klägerin auf dem Seitenstreifen. Dann machte es einen „gehörigen Schlenker” nach rechts und prallte frontal ohne Aufleuchten der Bremslichter gegen einen am Straßenrand stehenden Baum. Der Vater der Klägerin gab der Beklagten gegenüber an, er habe seine Tochter am 27. Juli 1995 vor dem Unfall das letzte Mal gesehen. Am Unfalltag habe er letztmalig telefonischen Kontakt gegen ca. 19:00 Uhr zu ihr gehabt.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 18. Juli 1996 eine Entschädigung ab, da ein Wegeunfall nicht vorliege. Die Klägerin habe sich nicht auf direktem Wege zu ihrer Arbeit befunden, allenfalls auf einem unversicherten Umweg. Letztlich lasse sich aber nicht beweisen, ob sie sich überhaupt auf dem Weg zu einer versicherten Tätigkeit befunden habe. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und wies über ihre Prozeßbevollmächtigten darauf hin, vor dem Unfall habe sie noch an der Tankstelle W. Straße/Ecke L. getankt. Dort habe sie mit dem Zeugen W. gesprochen. Die Beklagte ließ den Vorarbeiter der Firma I., T. vom Sozialgericht Lübeck vernehmen und wies mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 1997 den Widerspruch zurück.
Die Klägerin hat am 4. August 1997 Klage beim Sozialgericht Lübeck erhoben und zur Begründung vorgetragen: Sie sei nicht gehalten gewesen, den kürzesten Weg zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte bei der Firma L. über die U. Straße und H. zu nehmen. Sie habe zunächst einen sogenannten Abweg genommen entlang der … straße in entgegengesetzter Richtung über die … straße in die U. Straße, in der sie eine Tankstelle aufgesucht habe. Dann sei sie auf den L. Weg, die F. straße, die F. – und die S. straße auf die S. -Straße gefahren. Bereits auf der Ecke U. Straße/L. Weg habe sie sich auf direktem Wege zu ihrer Arbeitsstätte befunden. Unstreitig habe das Tanken der Zurücklegung des Weges zur Arbeitsstätte gedient.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18. Juli 1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Juli 1997 aufzuheben und festzustellen, daß es sich bei den von ihr bei dem Verkehrsunfall am 31. Juli 1995 erlittenen Verletzungen um entschädigungspflichtige Folgen eines Wegeunfalls handelt.
Die Beigeladene hat sich dem Antrag und dem Vorbringen der Klägerin angeschlossen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Das Sozialgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 1999 den Vater und Betreuer der Klägerin angehört. Über den Zustan...