Entscheidungsstichwort (Thema)
Erörterungsgebühr und Vergleichsgebühr für nicht in der mündlichen Verhandlung anwesenden Rechtsanwalt?
Leitsatz (amtlich)
Eine Erörterungsgebühr des nicht in der Verhandlung anwesenden Rechtsanwalts erwächst nicht dadurch, dass sein Mandant und anschließend der Vorsitzende des Gerichts telefonisch mit ihm aus der Sitzung heraus den Abschluss eines Vergleichs und die Sach- und Rechtslage besprechen.
Normenkette
BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Kiel (Aktenzeichen 52 F 142/00) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des AG – FamG – vom 21.6.2001 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen – teilweise abgeändert und die Kostenfestsetzung wie folgt vorgenommen:
Die dem Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren (§ 123 BRAGO) und Auslagen werden festgesetzt auf 788,80 DM.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens ist dem Beklagten mit Bewilligung von Prozesskostenhilfe Rechtsanwalt zu den Sätzen eines Anwaltes beigeordnet worden. Die Prozesskostenhilfebewilligung ist für einen im Sitzungstermin am 31.10.2000 zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich erweitert worden.
Zu dem Verhandlungstermin am 31.10.2000 erschien der Beklagte ohne Rechtsanwalt. Ausweislich des Sitzungsprotokolls wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Auf Vorschlag des Gerichts schlossen die Parteien dann einen Vergleich. Im Protokoll heißt es dann wie folgt: „Dem Beklagten wurde vor Abschluss des Vergleichs Gelegenheit gegeben, telefonisch mit seinem Rechtsanwalt den Inhalt des Vergleiches und die Höhe der Beträge abzusprechen. Der Vorsitzende hat ebenfalls mit Beklagtenvertreter die Sach- und Rechtslage erörtert.” Anschließend wurde im Protokoll die Prozesskostenhilfebewilligung für den Beklagten auf den abgeschlossenen Vergleich ausgeweitet.
Mit seinem Kostenfestsetzungsantrag hat der Beklagtenvertreter Gebühren i.H.v. insgesamt 1.160 DM für eine Prozessgebühr, Verhandlungsgebühr und Vergleichsgebühr nebst Auslagenpauschale und MwSt. nach einem vom AG festgesetzten Gegenstandswert von 4.176 DM geltend gemacht. Im angegriffenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Vergütung unter Berücksichtigung einer Prozessgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, der Auslagenpauschale und der MwSt. auf insgesamt 417,60 DM festgesetzt. Hiergegen hat der Beklagtenvertreter Erinnerung eingelegt, über die der Richter mit Beschluss vom 18.6.2001 abschlägig entschieden hat. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagtenvertreters und Beschwerdeführers dahingehend, dass er geltend macht, es sei telefonisch zwischen dem Beklagten und ihm die Sach- und Rechtslage wie auch mit dem Vorsitzenden erörtert worden. Vor dem Verhandlungstermin sei zwischen ihm und dem Mandanten vereinbart worden, dass dieser einen etwaigen Vergleichsvorschlag des Gerichts nur auf Widerruf annehmen solle. Ohne die telefonische Erörterung der Sach- und Rechtslage und des Vergleichsvorschlags des Gerichts wäre der Vergleich in der mündlichen Verhandlung nicht zustande gekommen. Eine Verhandlung könne auch fernmündlich erfolgen.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist gem. § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig, insbesondere ist der Beschwerdegegenstand von mehr als 100 DM gegeben, und teilweise begründet.
Auf Grund der schriftsätzlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich die Vergütung einer Prozessgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO. Daneben steht dem Beschwerdeführer aber nur eine Vergleichsgebühr nach § 23 BRAGO zu. Weder eine Verhandlungs- noch eine Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 2 oder § 31 Abs. 1 Nr. 4 BRAGO ist entstanden. Für eine Verhandlungsgebühr gem. § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO ist erforderlich, dass der Rechtsanwalt mündlich verhandelt. Das Tatbestandsmerkmal des mündlichen Verhandelns in § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO ist nicht gleichzusetzen mit dem Mitwirken bei mündlichen Verhandlungen i.S.v. § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO. Im Sinne von § 31 BRAGO stellt ein Verhandeln den Vorgang dar, bei dem die Parteien eines Rechtsstreits vor dem Richter den Rechtsstreit mündlich von entgegengesetztem Standpunkt aus erörtern und jede Partei diejenigen tatsächlichen Umstände, rechtlichen Ausführungen und Anträge vorbringt, die bewirken sollen, dass der Richter die ihren Absichten entsprechende Entscheidung trifft. Mit der Verhandlungsgebühr werden die über den allgemeinen Geschäftsbetrieb des Rechtsanwalts hinausgehenden besonderen Tätigkeiten in der mündlichen Verhandlung abgegolten. Voraussetzung für die Verhandlungsgebühr ist damit die Stellung von Sachanträgen für die richterliche Entscheidung im Rahmen eines dafür anberaumten mündlichen Verhandlungstermins. Im vorliegenden Fall kommt eine Verhandlungsgebühr schon deshalb nicht in Betracht, weil Sachanträge im Verlauf des ganzen Termins von keiner Seite gestellt wurden.
Durch die fernmündliche Absprache des B...