Leitsatz (amtlich)

1. Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ist nicht Einzelrichter i.S.v. § 568 S. 1 ZPO n.F.

2. Zum Inhalt der Anschlusspflicht des Anlagenbetreibers gem. § 3 Abs. 1 Erneuerbare Energien Gesetz (EEG)

 

Normenkette

ZPO § 568 S. 1 n.F.; EEG § 3

 

Verfahrensgang

LG Itzehoe (Aktenzeichen 5 O 169/98)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen I des LG Itzehoe vom 21.6.2002 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von bis zu 13.000 Euro.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

A. Zur Entscheidung über die Beschwerde ist der Senat berufen und nicht gem. § 568 S. 1 ZPO n.F. der (originäre) Einzelrichter der Beschwerdeinstanz, denn die angefochtene Entscheidung hat nicht ein Einzelrichter i.S.v. § 568 S. 1 ZPO n.F. erlassen, sondern der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen. Diesen bezeichnet das Gesetz gerade in Hinblick auf Rechtsmittel nicht als Einzelrichter, wenn es im § 350 ZPO ausdrücklich zwischen Entscheidungen des Einzelrichters (§§ 348, 348a ZPO) und solchen des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen (§ 349 ZPO) unterscheidet. Auch im Übrigen nimmt der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen eine besondere Position ein (§§ 136, 272 Abs. 2, 275, 276 ZPO, 176, 194 GVG; mit entsprechender Begründung ebenso OLG Karlsruhe v. 23.4.2002 – 3A W 50/02, OLGReport Karlsruhe 2002, 198 = NJW 2002, 1962; anderer Auffassung – allerdings ohne jegliche Begründung – Zöller/Gummer, ZPO, 23. Aufl., § 568 Rz. 2 und Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Aufl., § 568 Rz. 2).

B. Die Zulässigkeit des Rechtsmittels ergibt sich aus den §§ 91a Abs. 2 S. 1, 567, 569 ZPO.

C. Die sofortige Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da das LG nach § 91a Abs. 1 ZPO der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits zu Recht auferlegt hat.

Nach dieser Vorschriften entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Rechtsstreites unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes, wenn die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Dabei ist im Allgemeinen zu berücksichtigen, welche Partei im Falle einer streitigen Entscheidung zur Hauptsache voraussichtlich obsiegt hätte bzw. unterlegen wäre (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 91a Rz. 24).

Die Beklagte wäre bei einer streitigen Entscheidung in der Hauptsache voraussichtlich unterlegen.

I. Die Beklagte war passivlegitimiert.

Ein Beklagter ist passivlegitimiert, wenn sich der materielle Anspruch gegen ihn richtet (Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 24. Aufl., vor § 253 Rz. 39), er also Schuldner des Klaganspruches ist. (Zöller/Greger, ZPO, 23 Aufl., vor § 253 Rz. 25)

Der Anspruch der Klägerin aus § 3 Abs. 1 EEG richtete sich gegen die Beklagte.

Nach § 3 Abs. 1 EEG ist der Netzbetreiber verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Windkraft i.S.d. § 2 EEG an sein Netz anzuschließen, wenn dieses technisch für die Aufnahme geeignet ist und zu seinem Netz die kürzeste Entfernung vom Standort der Anlage aus besteht.

1. Die Beklagte ist i.S.d. §§ 2, 3 EEG Netzbetreiberin, da sie als Elektrizitätsversorgungsunternehmen ein Netz für die allgemeine Versorgung betreibt (vgl. Salje, EEG, 2. Aufl., § 3 Rz. 11).

2. Ihr Netz war auch technisch für die Aufnahme geeignet.

Denn die Beklagte hat nicht entspr. ihrer Darlegungs- und Beweislast schlüssig darlegen können, dass eine Einspeisung in ihr Netz technisch nicht möglich war.

Der Netzanbieter muss nämlich die nicht vorhandene technische Eignung seines Netzes darlegen und wegen der Schutzrichtung sowie des Förderzwecks des EEG auch voll beweisen. (vgl. Brandt/Reshöft/Steiner, EEG, 1. Aufl., § 3 RZ. 15; Salje, EEG, 2. Aufl., § 3 Rz. 14) Insofern wird widerleglich vermutet, dass das Netz technisch geeignet ist. Der Netzanbieter hat die Möglichkeit die Vermutung zu widerlegen, indem er schlüssig nachweist, dass dem von ihm betriebene Netz die technische Eignung fehlt, um Elektrizität aus Windkraftanlagen aufzunehmen, oder die Windkraftanlage selbst von vornherein nicht die Fähigkeit besitzt, an dieses Netz angeschlossen zu werden.

Dieses ist aber der Beklagten nicht gelungen, da sie in Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast bereits nicht substantiiert genug vorgetragen hat.

a) Zu berücksichtigen ist hierbei, dass die technische Eignung zur Aufnahme von Strom bei allen in Deutschland betriebenen Stromnetzen generell vorhanden ist (Brandt/Reshöft/Steiner, EEG, 1. Aufl., § 3 RZ. 19), sofern die Gesamtkapazitäten dazu ausreichen. (Salje, EEG, 2. Aufl., § 3 RZ. 15) Der Gesetzgeber geht hierbei explizit im Rahmen des Vorrangprinzips davon aus, dass das Netz erst dann nicht mehr technisch geeignet ist, wenn es bereits vollständig mit Strom aus Anlagen zur Verstromung regenerativer Primärenergieträger ausgelastet ist. (BT-Drucks. 14/2776, 22; vgl. auch Brandt/Reshöft/Steiner, EEG, 1. Aufl., § 3 Rz. 21; Salje, Vorrang für Erneuerbare Energien, RdE 2000, 1...

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