Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Aussetzung des Verfahrens zur Testamentsvollstreckerentlassung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Aussetzung des Verfahrens über den Antrag zur Entlassung eines Testamentsvollstreckers bis zur rechtskräftigen Entscheidung eines - nicht vorgreiflichen - Zivilprozesses aus wichtigem Grund nach § 21 FamFG ist nicht ermessensgerecht, weil der Nachlass bis zum nicht absehbaren Abschluss des Zivilprozesses geschädigt werden kann.

 

Normenkette

FamFG § 21; BGB § 2227

 

Verfahrensgang

AG Plön (Beschluss vom 12.05.2010)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. wird der Aussetzungsbeschluss des AG Plön vom 12.5.2010 aufgehoben.

Eine Kostenentscheidung ergeht nicht.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde gegen den Aussetzungsbeschluss des AG ist nach § 21 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 567 ff. ZPO zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden. Für die Entscheidung über diese sofortige Beschwerde ist nach den §§ 21 Abs. 2 FamFG, 568 ZPO der Einzelrichter des Senats zuständig (s. auch Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 16. A. 2009, § 58 Rz. 90 und Pabst in MünchKomm/FamFG, 2010, § 21 Rz. 24).

Die sofortige Beschwerde hat auch Erfolg. Gemäß § 21 Abs. 1 FamFG kann das Gericht das Verfahren aus wichtigem Grund aussetzen, insbesondere wenn die Entscheidung ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Verfahrens bildet. Mit dem letzteren Regelbeispiel eines wichtigen Grundes ist der (auch in § 148 ZPO genannte) Fall der Vorgreiflichkeit gemeint.

Vorgreiflichkeit liegt hier allerdings nicht vor. Dafür reicht nach überwiegender Ansicht ein rein tatsächlicher Einfluss, den etwa eine Beweisaufnahme in einem anderen Verfahren für die vorliegende Sache haben kann, nicht aus (BGH NJW 2005, 1947 f. bei juris Rz. 9; Zöller/Greger, ZPO, 28. A. 2010, § 148 Rz. 5.m. w. N). Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung für den Fall, dass zwischen denselben Parteien zu einem behaupteten Baumangel bereits vor Prozessbeginn ein selbständiges Beweisverfahren eingeleitet worden ist (BGH NJW-RR 2007, 307 bei juris Rz. 7 f.). Diese letztere Fallgestaltung ist mit der vorliegenden ersichtlich nicht vergleichbar.

Im vorliegenden Fall fehlt es danach an Vorgreiflichkeit. Hier geht es, wie im Nichtabhilfebeschluss des AG vom 27.5.2010 dargestellt, um die Aussetzung des Verfahrens über die Entpflichtung der Beteiligten zu 2. als Testamentsvollstreckerin. Den Entlassungsantrag nach § 2227 BGB haben die Beteiligten zu 1. und 3. auf von Ihnen vorgetragene Pflichtverletzungen der Testamentsvollstreckerin gestützt. Sie machen dabei vor allem geltend, die Beteiligte zu 2. habe ein Nachlassverzeichnis zu spät, auf den falschen Zeitpunkt und unrichtig, insbesondere unvollständig erteilt sowie Nachlassgegenstände unterschlagen. In dem Zivilprozess 2 O 252/09 LG Kiel nehmen Sie die Beteiligte zu 2. auf Auskunft und Vorlage eines ordnungsgemäßen Nachlassverzeichnisses in Anspruch. Dort ist u.a. streitig, ob das bereits vorgelegte Nachlassverzeichnis vollständig ist. Präjudizielle Wirkung i.S.v. § 21 Abs. 1 FamFG für die Frage der Entlassung der Beteiligten zu 2. als Testamentsvollstreckerin aus wichtigem Grund nach § 2227 BGB hat dieser Zivilprozess nicht. Es besteht lediglich die rein tatsächliche Möglichkeit des Einflusses, soweit es dort insbesondere zur Frage der Vollständigkeit des Nachlassverzeichnisses zur Beweisaufnahme kommen sollte. Das aber genügt für Vorgreiflichkeit nicht (so auch ausdrücklich für das Regelbeispiel nach § 21 Abs. 1 FamFG Elzer in Bork/Jacoby/Schwab, FamFG, 2009, § 21 Rz. 6).

In Betracht käme allenfalls, ob eine derartige tatsächliche Möglichkeit des Einflusses in Form einer Beweisaufnahme, die bereits auch in dem anderen anhängigen Verfahren durchzuführen ist, im Einzelfall einen wichtigen Grund i.S.d. § 21 Abs. 1 FamFG darstellen kann, obwohl das Regelbeispiel nicht erfüllt ist (ablehnend ausdrücklich Pabst in MünchKomm/FamFG, 2010, § 21 Rz. 13; zweifelnd Meyer-Holz in Keidel, a.a.O., § 21 Rz. 13). Diese Frage kann hier letztlich offen bleiben. Denn eine Aussetzungsentscheidung setzt jedenfalls zusätzlich voraus, dass sie ermessensgerecht ist, was dann nicht der Fall ist - das Ermessens nämlich auf null reduziert ist - wenn der Charakter des jeweiligen Verfahrens unter Berücksichtigung der Interessen der Beteiligten einer Aussetzung widerspricht (Bahrenfuss, a.a.O., § 21 Rz. 6). Dieser Fall liegt hier vor. Denn die Beteiligte zu 2. hat das Testamentsvollstreckeramt i.S.d. § 2202 Abs. 2 S. 1 BGB angenommen, so dass ihr Amt mit allen Rechten und Pflichten nach § 2202 Abs. 1 BGB begonnen hat, auch wenn ihr noch kein Testamentsvollstreckerzeugnis nach § 2368 BGB erteilt worden ist, das sie für die Legitimation im Rechtsverkehr benötigt. Das AG hat die Entscheidung über die Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses wiederum zurückgestellt, bis über den Entpflichtungsantrag entschieden wird. Mithin kann die Beteiligte zu 2. gegenwärtig im Gru...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge