Leitsatz (amtlich)
Zulässigkeit der Eintragung einer Wohnungsgewährungsreallast in Schleswig-Holstein und § 54 Abs. 2 des preußischen Gesetzes betreffend die Ablösung von Reallasten in der Provinz Schleswig-Holstein vom 3. Januar 1873
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten wird die Zwischenverfügung des Grundbuchamts des Amtsgerichts Meldorf aufgehoben, soweit das Grundbuchamt die Auffassung vertreten hat, dass die Eintragung einer Wohnungsgewährungsreallast in Schleswig-Holstein nicht zulässig ist.
Im Übrigen wird die Beschwerde nach einem Geschäftswert von 5.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten leben in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen. Der als Eigentümer des betroffenen Grundstücks eingetragene Beteiligte zu 1) hat der Beteiligten zu 2) mit Vertrag vom 9. Januar 2021 - UR-Nr. ... der Notarin A. in X. - in den nach vorausgegangenen Hinweisen des Grundbuchamts mit beglaubigten Erklärungen vom 17. März 2021 - UR-Nr. ... - und 7. April 2021 - UR-Nr. ... der Notarin A. - geänderten Fassungen auf deren Lebensdauer ein Mitbenutzungsrecht zum Wohnen an dem Anwesen eingeräumt. Die Beteiligten haben vereinbart, dass für den Fall, dass der Grundbesitz auf jemand anderes als Eigentümer übergehen sollte, das Mitbenutzungsrecht aufschiebend bedingt auf den Eigentumsübergang auf einen Dritten zu einem Wohnungsrecht mit näher konkretisiertem Inhalt erstarkt. In § 2 heißt es in der zuletzt vereinbarten Fassung zum Inhalt des Wohnungsrechts in Nr. 6:
"Das Wohnungsrecht erlischt auch dinglich, wenn es auf Dauer nicht ausgeübt werden kann; der Berechtigte ist dann zur Bewilligung der Löschung verpflichtet, Geldersatzansprüche werden aus jedem Rechtsgrund ausgeschlossen, es sei denn der Eigentümer hat den Wegzug zu vertreten.
(...)
Es wird bewilligt und beantragt, das Wohnungsrecht gem. § 1093 BGB aufschiebend und zugleich auflösend bedingt in das Grundbuch einzutragen.
(...)
Erlischt infolge Wegfalls der betreffenden Räumlichkeiten, gleich aus welchem Grund, die Möglichkeit der Inanspruchnahme des vorstehend vereinbarten und zur Eintragung bewilligten Wohnungsrechtes, ist der Eigentümer aufschiebend bedingt verpflichtet, der Berechtigten eine Wohnung vergleichbarer Größe, Ausstattung und Lage im Umkreis von 100 km nach ihrer Entscheidung, auch auf dem Grundstück selbst, auf Lebenszeit zur Verfügung zu stellen, wobei die Berechtigte lediglich die heute vereinbarten Kosten und Aufwendungen zu tragen hat. (...) Den Monatswert dieser Leistungsverpflichtung geben die Beteiligten mit 650,00 Euro (in Worten: sechshundertfünfzig Euro) an. Zur Sicherung bewilligt der Eigentümer und beantragt die Berechtigte im Rang nach dem Wohnungsrecht die Eintragung einer Wohnungsgewährungsreallast (§ 1105 BGB) zu ihren Gunsten (...)."
Die beurkundende Notarin hat unter Beifügung einer Ausfertigung der vorbezeichneten Ausgangsurkunde mit Schreiben vom 11. Januar 2021 im Namen der Antragsberechtigten die Eintragung des Wohnrechts und aufschiebend bedingten Wohnungsrechts an rangbereiter Stelle im Grundbuch und die Eintragung der Wohnungsgewährungsreallast im Rang nach dem Wohnrecht und dem aufschiebend bedingten Wohnungsrecht im Grundbuch beantragt.
Mit Verfügung vom 2. Februar 2021 hat das Grundbuchamt, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, darauf hingewiesen, dass es nicht Inhalt des Wohnungsrechts sein könne, dass der Berechtigte zur Abgabe einer Löschungsbewilligung verpflichtet werde, dies könne nur schuldrechtlich vereinbart werden. Weiter hat es darauf hingewiesen, dass gemäß § 54 Abs. 2 des preußischen Gesetzes betreffend die Ablösung von Reallasten in der Provinz Schleswig-Holstein vom 3. Januar 1873 (PrGBl. S. 3) mit Ausnahme von Geldrenten keine Reallasten begründet werden könnten, und diesbezüglich die Rücknahme des Antrags in der Form des § 29 GBO angeregt.
Die Notarin hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Wohnungsreallast nicht um einen besonderen Rechtsbegriff handele, sondern um eine übliche, in §§ 1105 ff. BGB geregelte Reallast, die lediglich mit dem besonderen Rechtsinhalt der Gewährung von Wohnraum bestellt worden sei. Der Grundstückseigentümer sei aufgrund der Reallast verpflichtet, positive Leistungen zu erbringen, wobei die Realisierung der eingetragenen Reallast im Wege der Zwangsvollstreckung und hier insbesondere im Wege der Zwangsversteigerung erfolge. Die aufgrund der Reallast zu erbringenden Leistungen müssten in Geld umgerechnet im Versteigerungsverfahren angemeldet werden. Von der Art der Durchsetzung des Rechts stehe die Reallast als Verwertungsrecht dem Grundpfandrecht gleich.
Das Grundbuchamt hat in seiner Zwischenverfügung vom 25. März 2021 an seiner Auffassung festgehalten und um Einreichung einer Ergänzungsurkunde unter Fristsetzung gebeten. Hiergegen richtet sich die von der Notarin eingelegte Beschwerde vom 7. April 2021, der das Grundbuchamt mit Beschluss vom 19. April 2021 nicht abgeholfen hat.
II. Die gemäß § 71 Abs. 1 GBO zulässige Beschwerde, die gemäß § 15 Abs. 2...