Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtliche Umsetzung einer Verrechnungsabrede der Ehegatten zum Versorgungsausgleich.

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Vereinbarung der Ehegatten über den Wertausgleich bei der Scheidung bedarf der Umsetzung in eine rechtsgestaltende Entscheidung durch das Gericht.

2. Der Wertausgleich bei der Scheidung hat gem. § 5 Abs. 1 VersAusglG in der für das Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße zu erfolgen. Maßgebliche Bezugsgröße der Beamtenversorgung ist ein Rentenbetrag (vgl. BGH, FamRZ 2019, 1052, Rn. 38).

3. Treffen die Ehegatten eine Verrechnungsabrede und einigen sich darauf, dass nur der überschießende korrespondierende Kapitalwert des von einem Ehegatten in der Landes-Beamtenversorgung erworbenen Anrechts ausgeglichen werden soll, ist dieser Wert für die gerichtliche Entscheidung in einen Rentenbetrag umzurechnen.

4. Bei einer Verrechnungsabrede der Ehegatten hat das Gericht gem. § 224 Abs. 3 FamFG auszusprechen, dass ein Wertausgleich bei der Scheidung (im Übrigen) nicht stattfindet.

 

Normenkette

FamFG § 224 Abs. 3; VersAusglG § 5 Abs. 1, 6

 

Tenor

I. Auf die Beschwerden der weiteren Beteiligten zu 1) vom 23. Dezember 2022 und des weiteren Beteiligten zu 5) vom 14. Dezember 2022 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lübeck vom 29. November 2022 in Ziffer 2.) im ersten Absatz abgeändert und dieser Absatz durch folgende zwei Absätze ersetzt:

Im Wege der externen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei dem Dienstleistungszentrum Personal des Landes Schleswig-Holstein (Vers. Nr. ...) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht in Höhe von 693,57 Euro monatlich bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Vers. Nr. ...), bezogen auf den 28. Februar 2022, begründet. Der Ausgleichswert ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Im Übrigen findet ein Ausgleich des Anrechts des Antragsgegners bei dem Dienstleistungszentrum Personal des Landes Schleswig-Holstein nicht statt.

II. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.770,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die am 11. April 1997 geschlossene Ehe der Antragstellerin und des Antragsgegners ist auf den am 1. März 2022 zugestellten Antrag durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lübeck vom 29. November 2022 geschieden worden. Zugleich hat das Familiengericht über den Versorgungsausgleich entschieden.

Grundlage der Entscheidung über den Versorgungsausgleich ist eine zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner im Termin vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Lübeck am 29. November 2022 geschlossene Vereinbarung. Nach Verrechnung der Ausgleichswerte der beiderseitigen Anrechte hatten die beteiligten Ehegatten vereinbart, dass die Versorgungsanwartschaften des Antragsgegners bei dem Dienstleistungszentrum Personal des Landes Schleswig-Holstein mit einem Kapitalwert von 146.778,93 Euro auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragen werden sollen und im Übrigen auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichtet. Wegen des genauen Wortlauts der Vereinbarung wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29. November 2022 Bezug genommen.

Dementsprechend hat das Amtsgericht - Familiengericht - Lübeck mit dem angefochtenen Beschluss das Anrecht des Antragsgegners bei dem weiteren Beteiligten zu 5) im Wege der externen Teilung durch Begründung eines Anrechts in Höhe von 146.778,93 Euro auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der weiteren Beteiligten zu 1) ausgeglichen. Hinsichtlich der übrigen in der Ehezeit erworbenen Anrechte der beteiligten Ehegatten hat das Familiengericht jeweils ausgesprochen, dass ein Ausgleich der Anrechte nicht stattfindet.

Gegen den ihm am 13. Dezember 2022 zugestellten Beschluss hat der weitere Beteiligte zu 5) mit Schreiben vom 14. Dezember 2022, elektronisch eingegangen beim Amtsgericht Lübeck am 15. Dezember 2022, Beschwerde erhoben. Auch die weitere Beteiligte zu 1) hat gegen den ihr am 19. Dezember 2022 zugestellten Beschluss mit Schreiben vom 23. Dezember 2022, elektronisch eingegangen beim Amtsgericht Lübeck am 30. Dezember 2022, Beschwerde erhoben. Der weitere Beteiligte zu 5) macht geltend, dass eine Übertragung in Höhe des Kapitalwertes nicht zulässig sei. Der entsprechende Ausgleichswert betrage 693,56 Euro. Die weitere Beteiligte zu 1) macht geltend, dass lediglich ein Kapitalwert benannt sei und eine monatliche Rentenanwartschaft nicht ersichtlich sei.

II. Die Beschwerden des weiteren Beteiligten zu 5) vom 14. Dezember 2022 und der weiteren Beteiligten zu 1) vom 23. Dezember 2022 sind gem. §§ 58 ff., 228 FamFG zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben.

In der Sache führen die Beschwerden zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Zutreffend ist das Amtsgericht - Familiengericht - Lübeck davon ausgegangen, d...

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