Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel gegen die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs im Familienrecht: Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs wegen Verschleppung des Verfahrens oder Verfolgung verfahrensfremder Zwecke
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs durch das Familiengericht wegen Unzulässigkeit ist in entsprechender Anwendung von § 6 Abs. 2 FamFG mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
2. Ein Ablehnungsgesuch ist aufgrund fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, wenn durch die Ablehnung das Verfahren offensichtlich nur verschleppt oder mit ihm verfahrensfremde Zwecke verfolgt werden sollen. Dies ist dann der Fall, wenn sich das Ablehnungsgesuch lediglich als reflexhafte Reaktion ohne tatsächliche Grundlage auf jegliches richterliche Handeln darstellt.
Normenkette
FamFG § 6 Abs. 1-2
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Kindeseltern vom 23. August 2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neumünster vom 20. August 2020 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. In dem vorliegenden Hauptsacheverfahren wegen Kindeswohlgefährdung gem. §§ 1666, 1666a BGB hatten die Kindeseltern mit Schreiben vom 2. Mai 2020 den zuständigen Richter am Amtsgericht abgelehnt. Nach dienstlicher Stellungnahme des abgelehnten Richters hatte das Amtsgericht Neumünster das Ablehnungsgesuch mit Beschluss vom 18. Mai 2020 durch den Direktor des Amtsgerichts. als unbegründet zurückgewiesen.
Daraufhin lehnten die Kindeseltern mit Schreiben vom 22. Mai 2020 den Direktor des Amtsgerichts ebenfalls wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Ablehnungsgesuch wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Neumünster vom 25. Mai 2020 durch den Direktor des Amtsgerichts als unzulässig verworfen.
Gegen den ihnen am 20. Mai 2020 zugestellten Beschluss vom 18. Mai 2020 erhoben die Kindeseltern mit Schreiben vom 4. Juni 2020, eingegangen beim Amtsgericht X. am 5. Juni 2020 und beim Amtsgericht Neumünster am 9. Juni 2020 sofortige Beschwerde. Gegen den ihnen am 29. Mai 2020 zugestellten Beschluss vom 25. Mai 2020 erhoben die Kindeseltern mit Schreiben vom 4. Juni 2020, eingegangen beim Amtsgericht X. am 5. Juni 2020 und beim Amtsgericht Neumünster am 9. Juni 2020, ebenfalls sofortige Beschwerde.
Die zweitgenannte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 25. Mai 2020 wurde mit Beschluss des Senats vom 25. Juni 2020 zurückgewiesen (Az. 15 WF 114/20). Die erstgenannte sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 18. Mai 2020 wurde mit Beschluss des Senats vom 25. Juni 2020 (Az. 15 WF 119/20) als unzulässig verworfen.
Mit einem am 30. Juni 2020 beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht eingegangenen Schreiben wandten sich die Kindeseltern gegen die beiden vorgenannten Beschlüsse. Der Senat legte das Schreiben als Gegenvorstellung gegen die beiden vorgenannten Beschlüsse aus und wies die Gegenvorstellung mit Beschlüssen vom 16. Juli 2020 zurück.
Nach Eingang der Akte beim Amtsgericht Neumünster bat der zuständige Richter am Amtsgericht das Jugendamt mit Verfügung vom 28. Juli 2020 um eine Darstellung der aktuellen Situation des Kindes A. Nach Eingang der Sachstandsmitteilung des Jugendamts vom 7. August 2020 bestimmte der zuständige Richter am Amtsgericht einen Termin zur Anhörung des Kindes A. für Donnerstag, den 3. September 2020 in Anwesenheit des Verfahrensbeistands sowie einen Anhörungstermin unter Ladung der übrigen Beteiligten für Montag, den 7. September 2020.
Nach Zugang der Terminsladung haben die Kindeseltern und das Kind mit einem auf den 18. August 2020 datierten Schreiben, welches am 19. August 2020 beim Amtsgericht Neumünster eingegangen ist, erneut einen "Ablehnungsantrag" gegen den Richter am Amtsgericht gestellt. Das Ablehnungsgesuch ist mit Beschluss des Amtsgerichts Neumünster vom 20. August 2020 als unzulässig verworfen worden.
Gegen diesen Beschluss haben die Kindeseltern und das Kind mit Schreiben vom 23. August 2020, welches am gleichen Tage per Fax beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht eingegangen ist, sofortige Beschwerde erhoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Kindeseltern und des Kindes vom 23. August 2020 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neumünster vom 20. August 2020, mit dem das Ablehnungsgesuch der Kindeseltern und des Kindes als unzulässig verworfen worden ist, ist in entsprechender Anwendung von § 6 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 567 ff. ZPO statthaft.
Zwar sieht der Wortlaut des § 6 Abs. 2 FamFG nur vor, dass ein Beschluss, durch den das Ablehnungsgesuch für unbegründet erklärt wird, mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 ZPO anfechtbar ist, während eine sofortige Beschwerde wegen eines als unzulässig zurückgewiesenen Gesuchs nicht ausdrücklich vorgesehen ist.
Jedoch war im Rahmen des früheren § 6 FGG anerkannt, dass eine Zurückweisung wegen Unzulässigkeit des Gesuchs ebenfalls mit der sofortigen Beschwerde angreifbar ist (Zimmermann in: Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Auflage, 2003, § 6 FGG, Rn. 68; OLG Koblenz, MDR 1985, 850; BayObLG, NJ...