Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenentscheidung nach selbständigem Beweisverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmungen des § 494a ZPO beruhen auf dem Gedanken, dass die antragstellende Partei eines selbständigen Beweisverfahrens nach einem ihr ungünstigen Ergebnis des Verfahrens nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht soll entgehen können, die sie bei Abweisung einer solchen Klage treffen würde. Es ist daher rechtsmissbräuchlich, gem. § 494a ZPO eine Kostenentscheidung gegen eine Partei herbeiführen zu wollen, deren Sachposition das selbständige Beweisverfahren bestätigt hat und die von der weiteren Verfolgung ihrer Ansprüche allein aus wirtschaftlichen Gründen absieht.

 

Normenkette

ZPO § 494a

 

Verfahrensgang

LG (Beschluss vom 31.10.2013)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG vom 31.10.2013 aufgehoben.

Der Kostenantrag der Streithelferin zu 2. vom 18.10.2013 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Streithelferin zu 2.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin ein selbständiges Beweisverfahren zur sachverständigen Begutachtung von Pflasterarbeiten geführt, die nach der Meinung der Antragsstellerin mangelhaft ausgeführt worden sind. Die Antragsgegnerin hat im Hinblick auf gerügte Verfärbungen der Pflastersteine der Lieferantin und der Herstellerin den Streit verkündet, die ihr - als Streithelferinnen zu 1. und 2. - beigetreten sind. Das Gutachten des Sachverständigen B. vom 16.3.2012 hat die Mängelbehauptungen weitestgehend bestätigt. Bevor eine ergänzende Begutachtung zu weiteren Fragen der Antragstellerin erfolgen konnte, ist, wie der Sachverständige in Erfahrung gebracht hatte, die Antragsgegnerin wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister (AG Kiel HRB.) gelöscht worden. Die Antragstellerin hat nach Vorlage des weiteren Gutachtens vom 3.6.2013, das ihre weiteren Mängelbehauptungen bestätigt hat, mitgeteilt, dass im Hinblick auf die Ungewissheit des Bestehens der Antragsgegnerin bzw. einer entsprechend positiven Vermögenslage das selbständige Beweisverfahren beendet werden könne.

Auf Antrag der Streithelferin zu 2. hat das LG der Antragstellerin sodann eine Frist zur Klagerhebung gesetzt, die diese hat verstreichen lassen. Auf weiteren Antrag hin hat es der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu 2. auferlegt; die Streithelferin zu 2. sei antragsbefugt, solange ihre Erklärungen nicht im Widerspruch zur Hauptpartei stünden, was nicht der Fall sei, da die Antragsgegnerin sich nicht geäußert habe und auch keine Anhaltspunkte für einen entgegenstehenden Willen bestünden.

Dagegen wendet sich die Beschwerde der Antragstellerin, die geltend macht, das Gericht könne eine positive Haltung der Antragsgegnerin zum Antrag der Streithelferin zu 2. nicht unterstellen. Es sei im Gegenteil vielmehr zu unterstellen, dass die Antragsgegnerin damit nicht einverstanden gewesen wäre, weil bei ihrem Fortbestehen die Antragstellerin nach Bestätigung ihrer Mängelrügen selbstverständlich Hauptsacheklage auf Kostenvorschuss erhoben hätte.

Die Streithelferin zu 2., hingewiesen auf die nachfolgend darzustellende Ansicht des Senats, hat sich binnen der ihr gesetzten Frist nicht weiter erklärt.

II. Die gem. §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 494a Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Die Antragstellerin hat nicht die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin zu 2. deshalb zu tragen, weil sie nicht binnen der vom LG mit unanfechtbarem Beschluss vom 31.7.2013 gesetzten Monatsfrist Klage erhoben hat, §§ 494a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Der Zweck der Bestimmungen des § 494a ZPO liegt nicht darin, den Antragsteller besonders zur Klagerhebung anzuhalten. Die Vorschriften sollen es vielmehr ermöglichen, zu einem sachgerechten Kostenausspruch in solchen Fällen zu kommen, in denen der Antragsteller von einem Hauptsacheverfahren, in dem regelmäßig auch über die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu entscheiden wäre, aufgrund eines für ihn ungünstigen Ergebnisses der Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren absieht. Der Kostentragungspflicht liegt damit der innere - materiell-rechtliche - Gedanke zugrunde, dass der Antragsteller nicht durch Unterlassen der Hauptsacheklage der Kostenpflicht soll entgehen können, die ihn bei Abweisung einer solchen Klage treffen würde; die Kostentragungspflicht des § 494a Abs. 2 ZPO wurzelt mithin in dem mutmaßlichen Unterliegen des Antragstellers in der Hauptsache (vgl. Leipold in Stein/Jonas, ZPO, Kommentar, 22. Aufl., § 494a Rz. 2).

Entsprechend ist es rechtsmissbräuchlich, eine Kostenentscheidung gegen eine Partei herbeiführen zu wollen, deren Sachposition das selbständige Beweisverfahren bestätigt hat und die von der weiteren Verfolgung ihrer Ansprüche allein aus wirtschaftlichen Gründen absieht. Das entspricht der herrschenden Meinung (OLG Rostock BauR 1997, 169; OLG Karlsruhe, BauR 2003, 1931; KG, BauR 2004, 1037; Wieczorek/Schütze-Ahrens, ZPO, Komme...

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