Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermahnung eines Notars wegen Verstoßes gegen das Mitwirkungsverbot
Leitsatz (amtlich)
Ein Notar verstößt nicht gegen das Mitwirkungsverbot gem. § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG, wenn er einen Kaufvertrag über den Verkauf einer im Miteigentum geschiedener Eheleute stehenden vermieteten Doppelhaushälfte beurkundet, nachdem er zuvor als Rechtsanwalt im Scheidungsverfahren und im Unterhaltsprozess, dessen Gegenstand u.a. die Mieteinnahmen waren, die Ehefrau vertreten hat.
Normenkette
BNotO §§ 14, 75; BeurkG § 3
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinischen Notarkammer (Beschluss vom 06.04.2006; Aktenzeichen B (N) 3/06) |
Tenor
Die Ermahnung der Antragsgegnerin vom 6.4.2006 zum Aktenzeichen B (N) 3/06 und die zurückweisende Einspruchsentscheidung der Antragsgegnerin vom 14.6.2006 werden aufgehoben.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Die Antragsgegnerin trägt die Auslagen des Verfahrens und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Der Geschäftswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller wendet sich gegen eine von der Antragsgegnerin ausgesprochene Ermahnung wegen Verstoßes gegen das Mitwirkungsverbot gem. § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG.
Die inzwischen geschiedenen Eheleute A und B waren Eigentümer einer vermieteten Doppelhaushälfte in S. Im Scheidungsverfahren der Eheleute, das durch rechtskräftiges Urt. v. 13.2.2004 -... AG Ahrensburg - beendet ist, vertrat der Antragsteller die Ehefrau. Er vertrat sie ferner in einem Unterhaltsprozess, der hinsichtlich des Kindesunterhalts nach einem Prozesskostenhilfebeschluss vom 8.10.2003 durch rechtskräftiges Teilanerkenntnisurteil vom 13.2.2004 - ... AG Ahrensburg - und hinsichtlich des Trennungsehegattenunterhalts nach dem Teil- und Schlussurteil des AG vom 19.3.2004 durch Urteil des OLG Schleswig vom 1.6.2005 - ... - rechtskräftig entschieden ist. Die Vertretung durch den Antragsteller endete nach dem Schlussurteil des AG. Im Juli 2003 hatte er Beschwerde gegen die teilweise Versagung von Prozesskostenhilfe für die Unterhaltsklage eingelegt. Zur Begründung hatte er u.a. ausgeführt, dass Unterdeckungen betreffend das Objekt in S. nicht zu berücksichtigen seien, weil der Ehemann den Steuervorteil genieße. Das OLG berücksichtigte die Unterdeckung aus der Differenz von Nettokaltmiete und Zins- und Tilgungsleistungen, ohne auf Steuervorteile abzustellen. Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, § 621 Abs. 1 Nr. 8 ZPO, waren nicht Gegenstand des Scheidungsverfahrens.
Am 27.12.2005 beurkundete der Antragsteller einen Kaufvertrag über den Verkauf dieser Doppelhaushälfte an die Mieter. In dem Vertrag wird als Erschienene zu 1) "Frau A... von Person bekannt handelnd für sich und zugleich in notariell noch zu bestätigender Vollmacht für Herrn B" aufgeführt. Ferner heißt es dort "die Erschienenen bestätigten dem Notar auf Befragen vorab, dass er außerhalb seiner Amtstätigkeit nicht als Rechtsanwalt für einen der Beteiligten dieser Urkunde in Bezug auf die vorliegende Rechtsangelegenheit tätig war oder ist, § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG." Unter dem 30.12.2005 übersandte der Antragsteller dem Ehemann eine Genehmigungserklärung mit der Bitte, diese notariell beglaubigen zu lassen.
Der Ehemann wandte sich mit Schreiben vom 11.1.2006 an die Antragsgegnerin. Er machte geltend, der Antragsteller habe die Beurkundung ablehnen müssen, weil es in den Scheidungs- und Unterhaltsverfahren (... und... AG Ahrensburg) auch um Mieteinkünfte für die gemeinsame Doppelhaushälfte in S. gegangen sei.
Der Antragsteller nahm hierzu mit Schreiben vom 20.1.2006 Stellung. Er habe in der Kaufvertragssache Grundstückskaufvertrag Herr und Frau A und B mit Eheleuten C keinen der Vertragsbeteiligten vorher als Rechtsanwalt vertreten. Die Vertretung von Frau A im Rahmen des Scheidungsverfahrens und eines Unterhaltsrechtsstreites habe mit dem Verkauf des Grundstückes an die Eheleute C nichts zu tun. Eine nur mittelbare, nur reflexartige Auswirkung der Amtstätigkeit auf die rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen eines der Beteiligten reiche nicht aus.
Mit Bescheid vom 6.4.2006 sprach der Vorstand der Notarkammer dem Antragsteller wegen Verstoßes gegen § 3 Abs. 1 Nr. 7 BeurkG eine Ermahnung aus. Er bejahte die für eine Vorbefassung erforderliche "materielle Beteiligung". Gegenstand des Scheidungs- und des Unterhaltsverfahrens seien regelmäßig auch die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten. Hierzu gehörten auch die Eigentumsverhältnisse an dem Familieneigenheim und die darauf liegenden Lasten, insbesondere Grundpfandrechte und die damit verbundenen schuldrechtlichen Verpflichtungen. Gerade diese Rechtsverhältnisse seien bei der Durchführung eines Grundstückskaufvertrages abzuwickeln. Oftmals seien Darlehensverbindlichkeiten auszugleichen, Grundpfandrechte abzulösen und der Kaufpreis sei möglicherweise auch anderweitig unter den Verkäuferparteien zu verteilen. Zusätzlich seien sogar Interessenkonflikte etwa bei der Verteilung des Kaufpreises unter den Verkäufern denkbar. Im vorliegend...