Leitsatz (amtlich)

Hat ein Wettbewerber aufgrund eines von ihm begangenen Wettbewerbsverstoßes eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben und begeht er danach einen im Kern identischen Verstoß, dann gibt er ohne weitere Veranlassung zur Klage bzw. zur Stellung eines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Verletzte ist zur Vermeidung der Kostenfolge aus § 93 ZPO nicht verpflichtet, den Verletzer zuvor ein weiteres Mal abzumahnen mit dem Ziel, eine erneute Unterlassungserklärung mit erhöhtem Strafversprechen zu erlangen.

 

Orientierungssatz

Keine erneute Abmahnung nach im Kern identischem Wettbewerbsverstoß.

 

Normenkette

ZPO §§ 91a, 93; UWG §§ 1, 7 Abs. 1, § 8 Abs. 1, 3

 

Beteiligte

Rechtsanwälte Dr. Vaagt, Dr. Scheel, Momme, Dr. Grib und Berner

Rechtsanwälte Brock Müller Ziegenbein Partnerschaft

 

Verfahrensgang

LG Flensburg (Aktenzeichen 6 O 37/00)

 

Tenor

1. Wegen offenbarer Unrichtigkeit wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 7. Juli 2000 im Urteilsausspruch wie folgt neu gefasst:

Die Antragsgegner tragen die Kosten des Rechtsstreits je zur Hälfte.

2. Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegner nach einem Beschwerdewert von 4.000 DM zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Antragsgegner wenden sich gegen die im Urteil des Landgerichts Flensburg vom 07.07.2000 getroffene Kostenentscheidung.

Im September 1999 warb die Antragsgegnerin zu 1) in einem Werbeprospekt mit „WIR BAUEN UM –SONDERANGEBOTE – ALLES SOLL RAUS!”

anläßlich des Umbaus ihrer Filiale in M ohne entsprechende Ankündigung bei der zuständigen amtlichen Berufsvertretung von Handel, Handwerk und Industrie. Auf die Abmahnung des Antragstellers, eines Verbandes im Sinne von § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG, gab die Antragsgegnerin zu 1) gegenüber dem Antragsteller am 20. September 1999 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Anfang März 2000 verteilte die Antragsgegnerin zu 1) eine im Kern identische Werbung wegen des Umbaus ihrer Filiale in W. Auch diesmal hatte sie den Räumungsverkauf der zuständigen amtlichen Berufsvertretung von Handel, Handwerk und Industrie in Regensburg nicht angezeigt.

Der Antragsteller hat deswegen ohne vorherige erneute Abmahnung mit Schriftsatz vom 8. März 2000 beim Landgericht Flensburg um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht und am 09. März 2000 eine einstweilige Verfügung erwirkt, mit der den Antragsgegnern die Unterlassung der beanstandeten Werbung aufgegeben worden ist. Mit dem Beschluss wurden den Antragsgegnern die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Mit Schriftsatz vom 28. März 2000 haben die Antragsgegner gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch erhoben mit dem Hinweis auf eine gegenüber dem Antragsteller nunmehr abgegebene, mit dem Verfügungstenor gleichlautende Unterlassungserklärung. Die Beteiligten haben daraufhin in der mündlichen Verhandlung vom 5. Juli 2000 das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt und wechselseitige Kostenanträge gestellt.

Die Antragsgegner haben vorgetragen, sie wären einer erneuten Abmahnung durch den Antragsteller gefolgt, ohne dass es eines gerichtlichen Verfahrens bedurft hätte. Der Antragsteller hat die Auffassung vertreten, eine erneute Abmahnung nach einem identischen Verstoß gegen eine strafbewehrte Unterwerfungserklärung sei ihm nicht zumutbar gewesen.

Durch Urteil vom 7. Juli 2000 hat das Landgericht Flensburg entschieden:

„Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.”

Gegen die den Antragsgegnern am 19. Juli 2000 zugestellte Entscheidung haben deren Verfahrensbevollmächtigte „namens der Antragstellerin” mit Schriftsatz vom 01.08.2000, beim Landgericht eingegangen am 2. August 2000, sofortige Beschwerde eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 9. August 2000, eingegangen am 10. August 2000, begründet.

II.

Die sofortige Beschwerde gegen das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 7. Juli 2000 ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 91 a Abs. 2 Satz 1, 567 ZPO statthaft, auch wenn es sich bei der angegriffenen Entscheidung um ein Urteil handelt.

Den Antragsgegnern dürfen aus einem fehlerhaften Verfahren keine Nachteile erwachsen. Ihnen steht daher nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung auch das Rechtsmittel zu, das bei einer in der richtigen Form getroffenen Entscheidung gegeben wäre (vgl. Zöller-Schneider, ZPO, 21. Auflage, vor § 511 RdNr. 29). Das Landgericht hätte hier über die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahren nach übereinstimmender Erledigungserklärung durch die Beteiligten nicht durch Urteil, sondern durch Beschluss nach § 91 a Abs. 1 Satz 1 ZPO entscheiden müssen. Denn bei dem von den Antragsgegnern eingelegten Rechtsmittel handelte es sich nicht um einen sogenannten Kostenwiderspruch (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, § 25 UWG RdNr. 73, 74), sondern um einen Unterwerfungswiderspruch. Dieser ist dadurch gekennzeichnet, dass eine dem Unterlassungstenor der einstweiligen Verfügung entsprechende strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, Vollwiderspruch gegen die einst...

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